Kapitel Zweiundvierzig: Abschied

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Vor 4 Jahren

Die grüne Farbe an den Wänden beruhigt mein Inneres, mildert meine Aufregung, die in mir herrscht und ein leichtes Lächeln bildet sich auf meinen Lippen, als ich die ältere Dame vor mir betrachte. Ihre Haare sind wie immer zu einem strengen Dutt frisiert, ihre Brille hat sie in ihrer Hand, während sie ihre Notizen ansieht. Ich habe schon  immer das Gefühl gehabt, dass diese Brille nur ein trendiger Akzent ist, den sie gar nicht braucht, sondern nur strenger erscheinen lässt. Sie sieht aus wie eine typische Psychologin, was ihre Art aber revidiert. Sie hat eine ganz spezielle Bindung zu ihren Patienten, sodass ich sie mehr als Freundin sehe.

„Das ist unsere letzte Sitzung, Haylee.“

Seit diesem Vorfall vor einem Jahr habe ich mich umgehört und beschlossen mir Hilfe zu holen. Ich danke meiner Familie und Freunden, dass sie immer hinter mir waren, aber diesen Kampf musste ich alleine durchstehen. Es war nicht leicht, wenn ich an diese Zeit zurückdenke, jedoch hat es sich mehr als gelohnt, weil ich endlich all das hinter mir lassen kann.

„Ich weiß, Frau Doktor“, erwidere ich neckend und zwinkere ihr zu. Sie hasst diesen Namen, weshalb ich Alice immer wieder damit aufziehe.

„Wie es scheint, hast du nichts daraus gelernt“, tadelt sie mich.

„Natürlich hab ich das und ohne dich wäre ich nie an diesem Punkt angekommen.“

Dankbar lächle ich sie an. Sie war im letzten Jahr zu meiner wichtigsten Bezugsperson geworden, die immer ein offenes Ohr für mich hatte. Es war erleichternd, all meine Probleme von der Seele reden zu können. Klar waren Ella, Faith und Lewis immer an meiner Seite, aber ich wollte sie nicht mit meinen Angelegenheiten belästigen. Sie haben genug gelitten, während ich versucht habe, alle von mir zu stoßen.

„Ich danke dir für alles, Alice“, bedanke ich mich zum tausendsten Mal.

„Das ist doch selbstverständlich. Ich bin auch weiterhin für dich da, wenn du mal jemanden zum Reden brauchst, auch wenn du keine Patientin von mir bist.“

Mein Lächeln wird breiter, bevor ich von der Couch aufstehe und auf sie zugehe. Meine Arme schlingen sich um ihre Taille und drücken sie sanft an meinen Körper. Ich habe lange auf diesen Moment gefiebert, um endlich diese Worte aus ihrem Mund zu hören.

„Auch wenn ich weiß, dass du meine Hilfe nicht mehr benötigst. Trotzdem hoffe ich dich wiederzusehen, auch wenn es bei einer Tasse Kaffee ist.“

„Natürlich, Alice. Wir werden uns weiterhin sehen. Versprochen.“

Zur Bestätigung halte ich ihr den kleinen Finger entgegen. Das ist so ein Ding bei ihr, wenn sie eine Aufgabe erteilt, die uns zum Nachdenken bringt. Als wäre das eine Zusicherung, dass wir das erledigen, aber ich habe mich daran gewöhnt und sogar selbst damit angefangen.

Als wir uns voneinander lösen, legt sie ihre Hände um mein Gesicht und sieht mich ernst an.

„Pass auf dich auf und lass dich nicht unterkriegen. Du bist ein ganz besonderer Mensch, der all das Glück auf dieser Welt verdient. Lass dir das nicht wegnehmen und versau es nicht.“

„Werde ich. Wir sehen uns und nochmals danke.“

Sobald ich aus der Tür bin, atme ich tief ein und kreische auf. Endlich kann ich dieses Kapitel abschließen und mich wieder ganz auf mich konzentrieren. Natürlich denke ich noch immer an den Mann, der mich vor einem Jahr verlassen hat. Der Schmerz ist noch da und wenn ich seinen Namen höre brennt mein Herz, jedoch hab ich mich mit der Trennung abgefunden. Es lohnt sich nicht mehr darüber nachzudenken oder über seine Gründe nachzugrübeln.

Was würde es mir bringen? Dieses Wissen bringt ihn mir nicht zurück, sondern würde meine Welt wieder zum Einstürzen bringen.

Also habe ich mich entschieden. Es wird Zeit, wieder nach vorn zu blicken und meinem Leben wieder einen Sinn geben. Ich will nicht an die Vergangenheit denken, auch wenn ich innerlich nie einen Schlussstrich ziehen konnte. Aber ich werde das beste daraus machen, so wie es mir Alice immer predigt.

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