Alles enthüllt

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Harry

Draco war ungewöhnlich still.

Heute Morgen, nachdem ich aufgewacht war, hatte ich mich seinen grauen Augen direkt gegenüber gefunden, während er mich einfach nur ansah. Keine Ahnung, wie lange er schon starrte, aber er hatte einen eigenartig traurig Ausdruck auf dem Gesicht gehabt und es bereitete mir Sorge.

Als ich ihn gefragt hatte, was los war, zuckte er nur mit den Schultern und streichelte meine Wange, ehe er mir einen Kuss auf die Lippen drückte. Überhaupt war er schon den ganzen Tag sehr anhänglich: Legte seine Arme um mich, so oft er konnte, küsste hin und wieder meine Wangen und Lippen und vergrub das Gesicht an meinem Hals, nachdem ich mich aus dem Kuss löste.

All diese süßen Gesten, die mir bisher immer ein warmes Gefühl im Bauch beschert hatten, verursachten mir heute Angst. Die ungute Vorahnung wurde stärker und stärker, je länger sich der Tag hinzog und ich bekam immer noch keine Antwort von Draco, weshalb er sich so verhielt.

Hatte er Angst, dass ich ihm etwas schlimmes verraten würde, wenn wir das Siegel brachen? Oder war sein eigenes Geheimnis so schrecklich?

Gestand er mir nachher, dass er meine Gefühle nicht erwidern konnte? Dann ergab es allerdings keinen Sinn, weshalb er jetzt so anhänglich war. Hatte er Sorge, dass es andersrum war? Dass ich ihm mehr bedeutete, als er mir?

Oder ging es um etwas ganz anderes und er hatte schlimme Dinge in der Vergangenheit getan? Vielleicht jemanden getötet, während Voldemorts kurzer Schreckensherrschaft?

Was es auch war, es machte mich nervös. Mein Puls war viel höher, als er eigentlich sein sollte, wenn man bedachte, dass wir schon den ganzen Tag auf der Couch kuschelten und unser Bedürfnis nach Nähe nur für die Mahlzeiten vernachlässigten. Und selbst da lag immer Dracos Hand auf meinem Bein oder er griff nach meinen Fingern und verschränkte sie mit seinen. Ich wurde nie nicht von ihm berührt. Wären die Umstände anders, hätte ich das genossen.

Irgendwann am Nachmittag hatte ich schließlich genug.

„Ich halte das nicht mehr aus", verkündete ich und Draco hob ruckartig den Kopf von meiner Brust, an der er sich die letzte halbe Stunde vergraben hatte. „Wir tun das jetzt. Das letzte Geheimnis. Lass uns rübergehen"

Sofort war der traurige Ausdruck zurück in seinem Gesicht, doch er folgte meiner Aufforderung und stand auf. Dann streckte er mir die Hand hin, zog mich vom Sofa und direkt in seine Arme. Weiche Lippen auf meinem Hals, meinem Kiefer, über meine Wange und dann kam er an meinem Mund an.

Mit offenen Lippen küsste er mich hauchzart, berührte mich so sanft, als wäre ich zerbrechlich und hielt dabei mein Gesicht fest in beiden Händen.

Als wir uns voneinander lösten, sah er mir wieder tief in die Augen und ich krallte meine Finger in sein Shirt. „Draco, du machst mir Angst", gab ich mit zittriger Stimme zu.

Er atmete tief ein. „Es tut mir leid." Und ich war mir nicht sicher, ob er damit nur meine Besorgnis meinte.

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Hand in Hand liefen wir über den geschotterten Weg zum Landhaus. Draco sah stur geradeaus, ein krasser Unterschied zu heute Morgen, als er kaum den Blick von mir hatte reißen können. Seine Finger waren eiskalt.

Wir hielten kurz inne vor der steinernen Treppe, die ein Stockwerk tiefer führte und direkt neben der Eingangstür aufgetaucht war. Die Tür am Fuße lag im Dunkeln und als wir schließlich den Mut fassten, hinunter zu gehen und uns vor sie zu stellen, ragte sie bedrohlich über uns auf. Sie war größer, als die Haustüre und aus dunkel gebeiztem Holz mit metallenen Beschlägen an den Seiten.

Drarry: Die Siegel von Militon Hall (Smut)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt