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Es war gerade einmal kurz nach halb Sechs Uhr morgens. Die Nacht war nur wenig erholsam gewesen, da ich von Albträumen geplagt wurde, und ich somit am nächsten Morgen völlig übermüdet durch die ersten Sonnenstrahlen, die durch das Fenster fielen, erwachte. Mit Augenzudrücken konnte man sagen, dass ich drei oder vier Stunden geschlafen hatte und daher hoffte ich auf eine Aufgabe, bei welcher ich mich körperlich nicht zu sehr beanspruchen musste. Verschlafen rieb ich mir die Augen, während ich in die Küche schlurfte, um Schneeflocke zu füttern und für mich einen starken Kaffee zu kochen sowie ein schnelles Frühstück, bestehend aus Toastbrot mit salziger Butter sowie einem Schokoladenpudding, zu zubereiten. Indessen mampfte das Fellknäul freudig vor sich hin, was meine schlechte Laune ein wenig verbesserte, und so ging ich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen sowie der Kaffeetasse in den Händen zum Schlafzimmer zurück. Nachdem ich die Tasse geleert hatte, schlüpfte ich in bequeme, aber vorallem frische Anziehsachen. Danach widmete ich meine Aufmerksamkeit den Wunden, denen ich allesamt einen neuen Verband - falls nötig - verpasste und sie zuvor mit einer Wund- und Heilsalbe eincremte. Als dies geschehen war, setzte ich mich auf das Bett und schaute, bis die Nachricht eintraf, fern, während ich gleichzeitig an meiner Zeichnung weiterarbeitete. Hierfür hatte ich sechs Stunden Zeit und dann konnte ich mich anderweitig von der Schläfrigkeit ablenken.

>>Hallo Lola, meine Schönheit. Es tut mir leid, dass du heute Nacht nicht so gut schlafen konntest, jedoch hoffe ich, es geht dir trotzdem gut und du leidest nicht mehr unter Unterleibsschmerzen, sodass du die heutige Aufgabe erfolgreich bewältigen kannst. In deinem Briefkasten befindet sich ein Umschlag mit einem Kinoticket für den Film „Troll 2". Das Kino in deiner Nähe führt dieses Meisterwerk aus dem Jahre 1990 in der heutigen Oldies-Night auf und daher darfst du ihn in seiner vollen Länge genießen. Der Film beginnt Punkt 20 Uhr und du solltest spätestens halb acht im Kino sein. Hierbei gelten allerdings einige Regel, die du unbedingt befolgen musst, um diese Aufgabe zu bestehen: Du darfst vorher nicht nochmal schlafen gehen und dir ist es dafür allerdings erlaubt das Halsband kurz vorher abzunehmen. Ab dem Zeitpunkt, an welchem du deine Wohnung verlässt, darfst du zu keinen Menschen Kontakt aufnehmen (Reden, Blickkontakt, usw.). Du darfst während dem Film nicht einschlafen. Durch das Ticket hast du theoretisch eine freie Platzwahl, beachte aber, dass du dich weder in den letzten zwei sowie in den ersten vier Reihen aufhalten darfst. Vor als auch nach dem Film kehrst du auf dem direkten Weg zurück nach Hause, wobei du nicht die öffentlichen Verkehrsmittel, Taxen oder sonstige Transportmittel nutzen darfst, das heißt, du wirst zu Fuß unterwegs sein. Ein Beweis ist nicht notwendig. Ich vertraue dir! Viel Spaß. Dein Scoday. <<

Ich hatte von jenem Film noch nie etwas gehört, weshalb ich im Internet nach dem Trailer dazu suchte und sofort fündig wurde. Allein der reichte aus, um mir die Lust auf das Kino zu vermiesen, da die 2 ein halb Minuten des Filmausschnittes bereits zeigten, wie gelangweilt ich sein und alles andere als einen spaßigen Abend haben würde. Ich verstand nicht, warum ich einen solchen Film anschauen sollte und was er mir für meine Weiterentwicklung zu einem besseren Selbst brachte. Ferner ergänzend sah ich in einigen Regeln, welche Scoday aufstellte und ich befolgen musste, ein Problem. Zwar war es nach 21 Uhr hell genug draußen, aber dennoch verspürte ich keine große Lust bei dem Gedanken dorthin und wieder zurück laufen zu müssen. Darüber hinaus war es schier unmöglich mit niemanden dabei zu interagieren und vorallem jedoch machte mir das Schlaf-Verbot extreme Sorgen, schließlich lief mein Körper aufgrund der halb-schlaflosen Nacht auf der Sparflamme. Obwohl nahezu alles dagegensprach, dass ich diese Aufgabe erfüllen konnte, wollte ich mein Bestes geben und Scoday Stolz machen. Die Wegstrecke von circa vier Kilometer könnte ich in einer Stunde bewältigen, weswegen ich gegen 18: 20 Uhr loslaufen müsste, damit ich pünktlich, selbst wenn ich länger zum Laufen brauchen würde, am Kino ankam. Bis dahin verblieben sechs Stunden, in denen ich essen und vor dem Fernseher entspannen konnte. Kurz vor 18 Uhr suchte ich mir ein paar unauffällige schwarze Klamotten aus meinem Schrank, damit ich mir die Blicke derer Mitmenschen, welche mich umgeben würden, erspart blieben und so besser die Regeln einhalten konnte.

Bei der Wahl meines Pullovers versicherte ich mich eine Kapuze daran zu haben, womit ich meine Kurzhaarfrisur sowie die Reste der Wunde auf meiner Stirn verbergen konnte. Dessen Ärmel verdeckten gänzlich meine Hände, sodass ich mich um einiges wohler fühlen würde, als dann, war ich bereit den knapp einstündigen Weg zum Kino anzutreten. Zur Sicherheit, dass mir im Hausflur weder Renate noch Mike begegneten, überprüfte ich die Situation vor meiner Wohnungstür durch den Spion und nachdem ich mir sicher war, dass niemand da sein würde, schnappte ich mir meinen Schlüssel, mein Portemonnaie sowie Handy. Ich verabschiedete mich von Schneeflocke und setzte Scoday davon in Kenntnis, dass ich nun losgehen würde. Behutsam schloss ich die Tür nach mir und lief so schnell wie möglich die Treppen herunter, wobei ich beinahe bei den Briefkästen, woraus ich das Ticket genommen hatte, mit meinen Hass-Nachbarn zusammenkrachte, was ich im letzte Moment noch verhindern konnte. „Verfluchte Sch..." Ohne auf die darauffolgenden Beleidigungen zu achten, stürmte ich die letzten Stufen herunter und rannte aus der Haustür. Erst als ich am Ende der Straße angekommen war, verlangsamte ich mein Tempo und schnappte nach Luft, während ich im Schritttempo weiterging. Dieser Mann war unberechenbar und es wäre nicht, das erste Mal, wenn er mir gefolgt wäre.

19:28 Uhr. In der Ferne, ungefähr 500 Meter von mir entfernt, konnte ich bereits das Kino sehen, jedoch hatte ich nur noch zwei Minuten, um Pünktlich zu sein, weshalb ich meine restlichen Kräfte sammelte und rannte los, in der stillen Hoffnung, dass ich es noch rechtzeitig schaffen würde. Meine Lungen brannten bei jedem Atemzug und ich befürchtete, dass meine Beine auf den letzten 50 Metern nachgeben würden. 19:29 Uhr. 60 Sekunden. 30. 20. 10. 9. 8. 7. 6. 5. 4. 3. 2. Bevor meine Uhr auf 19:30 Uhr sprang, erhaschte ich den Griff der Eingangstür, welche ich aufriss und um punkt 19: 30 Uhr stand ich mit einem Fuß im Kino. Durch diesen Auftritt richteten sich sämtliche Augen auf mich, weswegen ich starr auf den Boden blickte und sofort nach dem richtigen Saal, welchen ich wenig später fand, suchte. Hierfür musste ich einige Male nach oben schauen, wobei ich allerdings aufpasste mit niemanden Blickkontakt aufzubauen. Sofort als die Türen öffnet wurden, setzte ich mich in die hintere dritte Reihe, da ich mich schließlich an die von Scoday aufgestellten Regeln halten musste. Schleichend füllte sich der Raum mit immer Menschen, die glücklich durcheinanderredend ihre Plätze suchten und zwischen all dem Gelächter, bis zum Filmstart, stach mir eine Person besonders ins Auge, die genauso wie ich, allein und schwarz gekleidet, sich nicht weit von mir entfernt hinsetzte. Zwanzig Minuten später kämpfte ich damit meine Augen aufzuhalten und der langweilige Plot machte die Sache nicht besser.

Ich erwachte voller Schreck in einem leeren hellbeleuchten Kinosaal und schon nach einem Bruchteil einer Sekunde rollten die ersten Tränen über meine Wange. Die Realisation, was dieser Fehltritt für mich bedeuten würde, falls Scoday jemals davon erfuhr, traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Der Weg nach Hause war gefühlsmäßig unendlich und mit jedem weiteren Schritt schien mein Herz noch schneller zu schlagen, aber gleichzeitig schien es auch stehenzubleiben. Die Angst, welche ich in jenen Momenten verspürte, war unbeschreiblich und nicht auszuhalten. Innenständig sehnte ich mich danach das Halsband anlegen und wieder die Strafe anstelle eines anderen übernehmen zu dürfen. Aufgrund des langsamen Tempo, mit welchen ich auf dem Weg nach Hause unterwegs war, betrug die Laufzeit nahezu das Doppelte. Entgegen eines normalen Abends verspürte ich keinerlei Freude, als ich die Treppen zu meiner Wohnung hochlief, sondern jetzt ergriff die Furcht die Oberhand über mich. Wie in Trance öffnete ich die Wohnungstür und auf zittrigen Beinen kehrte ich in das Schlafzimmer zurück, wo ich bereits von Schneeflocke in Empfang genommen wurde. „Scoday?" Ich wartete minutenlang auf eine Antwort, die ich aber nie bekam, aufgrund dessen ich wusste, dass ich in großen Schwierigkeiten war. Im Laufe der kommenden vier Stunden versuchte ich mehrmals und vergebens Kontakt mit ihm aufzunehmen, bis ich irgendwann einschlief.

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Ich hoffe dieses Kapitel hat dir gefallen. Mach dir einen schönen Tag, trink ausreichend Wasser tu dir was Gutes, das hast du dir verdient!❤

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