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Am nächsten Morgen erwachte ich überraschenderweise ohne Elias an meiner Seite, was mir zunächst nicht verdächtig vorkam, da er wie oftmals zuvor irgendwo in meiner Wohnung hätte sein können, doch als ich keine Antwort auf meine Rufe erhielt, kam ein ungutes Gefühl in mir hoch und ich wusste, dass etwas nicht stimmen konnte. Iki hingegen lag seelenruhig neben mir und schlief noch, weshalb ich ganz vorsichtig aufstand. Obwohl ich mir sicher war, dass sich Elias nicht in der Wohnung aufhielt, suchte ich trotzdem erst in der Küche, dann im Badezimmer und zu guter Letzt im Wohnzimmer, wo sein Portemonnaie lag, womit ich den Gedanken, er sei Brötchen holen gegangen, streichen konnte. Im Schlüsselkorb lag sein Autoschlüssel und seine Schuhe standen ebenso noch auf dem gleichen Platz wie gestern Abend, was mich verwirrte. Von dem Geldbeutel ging eine seltsame Anziehungskraft aus, ganz so, als würde mir ein Blick hinein alle Fragen beantworten können und nach mehreren Minuten des Überlegens, beschloss ich dem nachzugeben. Neben einigen Geldscheinen befand sich ein Ausweis in dem Geldbeutel, jedoch stand auf diesem ein ganz anderer Name, als ich erwartet hatte. Nämlich 'John Bell', aber es war deutlich das Gesicht von Elias auf dem Bild zu sehen und derselbe Name stand auch auf dem Führerschein.

Er hatte mir seine wahre Identität verschwiegen, was mich einerseits nicht allzu sehr überraschte, andererseits dennoch auf eine komische Art und Weise verletzte. Ich dachte, dass er mir traute und wir in unserer Beziehung keine Geheimnisse voreinander hatten. Bei dem Versuch ihn auf dem Handy zu erreichen, wurde ich direkt an den Anrufbeantworter weitergeleitet und so kehrte ich nachdenklich ins Schlafzimmer zurück, wobei meine Augen flüchtig zum Schreibtisch streiften. In diesem Moment fühlte ich mein Herz so schnell und heftig gegen meine Brust schlagen, dass ich dachte, es würde im nächsten Augenblick aus meinem Körper springen. Aufgrund dessen überkam mich ein unheimlich intensives Ohnmachtsgefühl, weshalb ich mich nur mit großer Mühe auf meinen Füßen halten konnte. Die aufsteigende Panik hinderte mich daran vernünftig zu atmen, weshalb ich nun wie ein Fisch auf dem Trockenen nach Luft schnappte. Der gestrige Tag war so schön gewesen, dass ich meine tägliche Aufgabe völlig vergessen hatte. Ich blickte hoch zu der Kamera, als würde ich dadurch Scoday sehen und ihn um Verzeihung bitten können, doch dies war natürlich nicht möglich. Erneut spürte ich meinen starken Herzschlag, wie er sich in meinem Körper ausbreitete und einen pochenden Schmerz hinterließ.

Was würde Scoday nun machen oder hatte er sich schon längst sein Opfer ausgesucht? Was wenn Scoday Elias, oder, wie er eigentlich hieß, John, in seiner Gewalt hatte? Er war doch stark genug um sich zu wehren und davon abgesehen, waren sie doch irgendwie auch Kollegen, weshalb Scoday ihm nichts antun würde. Zumindest wäre dies für Scoday äußerst unpraktisch, denn in einem solchen Fall müsste er sich einen neuen Mitarbeiter beschaffen, das in diesem Milieu recht schwierig werden könnte, wenn nicht völlig unmöglich. Vielleicht, so kam mir eine weitere grauenhafte Vorahnung, hatte er sich auch meine Eltern als seine Opfer ausgewählt und sie umgebracht. Während ich diese Gedanken hatte, setzte ich mich mit nach wie vor heftigen Herzklopfen an meinen Computer. Ich zitterte am ganzen Körper, sodass es mir schwer fiel die Maus gezielt auf das Öffnen-Symbol zu klicken. Eine Nachricht, was mich etwas verwunderte, denn eigentlich eine zweite Nachricht da sein müsste. Wahrscheinlich war er die ganze Nacht beschäftigt gewesen und hatte keine Zeit die Nachricht früher zu verfassen, doch als sich der Gesprächsverlauf öffnete, trudelte tatsächlich just in dieser Sekunde eine neue Nachricht ein.

>>Hallo Lola. Heute ist deine vorletzte Aufgabe, nicht wahr?! Ich kann mir vorstellen, wie aufgeregt du bist. Leider bekommst du heute eine etwas schwerere Aufgabe, denn schließlich bist du größtenteils verschont worden, da du so jung bist. Aufgabe: Steche ein Auge aus. Viel Glück. Dein Scoday<<

>>Lola, Lola, Lola. Ich bin wirklich schrecklich enttäuscht von dir. Du weißt, was die Strafe für eine nicht gemachte Aufgabe ist, weswegen ich mir extra heute Zeit nehmen werde um mich darum zu kümmern, während du deine Aufgabe erledigst. Ich bin wirklich sehr wütend und das wirst du auch in einigen Stunden noch viel deutlicher erkennen. Jetzt zu deiner heutigen Aufgabe, die du hoffentlich auch machst, falls nicht erwartet dich ein viel grausamerer Tod. Du wirst heute bis Punkt 20 Uhr einen Brief schreiben, indem du deine Gefühle und Gedanken offenlegst. Danach ziehst du das blaue Kleid an, welches in deinen Schrank hängt und gehst hoch auf das Dach. Dort wirst du auf weitere Anweisungen warten. Scoday<<

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