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Ich hatte es gestern Abend nicht gewagt, Scoday über mein Versagen aufzuklären und hatte daher die Nacht unter freien Himmel verbracht. Zu meinem Glück ist es trocken geblieben und ich kletterte, bereits bei den ersten morgendlichen Sonnenstrahlen, aus meinem Versteck, einer Rutsche des nahegelegenen Spielplatzes, hervor. Mein Rücken schmerzte nahezu unaushaltbar, weshalb ich mich zunächst strecken und dehnen musste, ehe ich mich auf den Weg nach Hause machen konnte. Die Panik jedoch stieg Meter für Meter, den ich meiner Wohnung näherkam, in mir weiter an und schien mich nahezu zerreißen zu wollen. Es gab in jener Situation nur zwei Möglichkeiten: Erstens, er hatte bereits die Wahrheit erfahren und würde nicht nur enttäuscht sein, sondern mich auch auf die härteste Weise bestrafen, sodass ein Lügen meinerseits zwecklos war und ich gleich reinen Tisch machen sollte. Somit könnte ich seinen Groll abmildern, was hoffentlich zu einer harmloseren Bestrafung führte. Zweitens, er wusste nichts und ich könnte sein Unwissen ausnutzen und ihn belügen, um einer Strafe aus dem Weg zu gehen. Es war aussichtlos für mich, denn egal wie ich es versuchen würde, früher oder später würde ich die Konsequenzen meines Handelns tragen müssen, aber zunächst musste ich mich für eine der beiden Möglichkeiten entscheiden.

Besonders in den letzten Augenblicken, ehe ich die Wohnungstür erreichte, war die Anspannung sowie meine Verzweiflung am intensivsten, weshalb ich durch dieses Gefühlschaos doch glatt aus versehen meinen Schlüssel mehrfach auf den Boden fielen ließ. Dies zog natürlich die Aufmerksamkeit meines Hass-Nachbarn auf sich. „Der Idiot, der seinen scheiß Schlüssel nochmal fallen lässt, kann sich auf etwas gefasst machen! Es gibt Leute in diesem Haus, die in Ruhe schlafen wollen!" Vernahm ich ihn durch den Hausflur schreien, nachdem wenige Sekunden zuvor seine Tür mit Schwung aufgerissen und welche kurz darauf auch wieder geschlossen wurde. Ohne jegliche Reaktion oder einer provokanten Antwort, wie es von meiner Person in der Regel zu erwarten war, steckte ich, so leise wie möglich, meinen Schlüssel ins Schloss, drehte ihn um und trat im selben Atemzug in die Wohnung ein. „Guten Morgen Lola! Wie war die Nacht mit Yasin? Hast du den Beweis?" Begrüßte mich eine mir sehr vertraute Stimme, sobald ich mich auf mein Bett im Schlafzimmer fallen gelassen und damit Iki, welche auf dem Kopfkissen lag, aufgeschreckt hatte. Sofort kehrte diese unangenehme innere Spannung zurück und mit ihr die Angst, dass meine Lüge, welche ich ihm auftischen würde, aufgedeckt wird.

„Die Nacht? Wenn man das so nennen kann. Mir tut von all dem Sex, welchen ich mit Yasin hatte, alles weh. Aber ich muss gestehen, dass ich durch die Aufregung und den ganzen anderen Gefühlen das Video vergessen habe. Ich war leider zu sehr auf andere Dinge beziehungsweise auf ein sehr hartes Ding fokussiert. Es tut mir leid." Innenständig betete ich, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte und er mir die Geschichte glauben würde. „Ach ist das so? Interessant. Wie war denn dein erstes Mal? Und damit meine ich nicht allein den Fakt, dass du es mit einem verheirateten Mann getan hast." In seiner Stimme konnte ich lediglich Neugier sowie einen Hauch von Eifersucht heraus hören. Augenscheinlich würde ich mit der Lüge durchkommen, wenn ich es jetzt nicht verbockte und mich selbst enttarnte. „Du bist ja ganz heiß darauf alles darüber zu erfahren. Sollte eine Lady nicht schweigend genießen dürfen? Aber weil ich heute gute Laune habe, werde ich nur eins sagen: Es war gut und erregend, aber ich bin so erschöpft, dass ich mich erstmal hinlegen muss." Verlegen grinste ich in die Kamera, während ich die Decke über meinen Körper zog. Kaum hatte ich es mir im Bett so richtig bequem gemacht, schlief ich seelenruhig ein, wodurch ich Scodays Verhör entkommen konnte, wenn auch nur für einen kurzen Zeitraum.

Durch laute Stimmen, welche vom Hausflur zukommen schienen, wurde ich kaum drei Stunden später geweckt, sodass ich nach wie vor völlig übermüdet war. Dennoch schaffte ich mich aus dem Bett zu bewegen, um den Hintergrund des Tumultes in Erfahrung zu bringen, wofür ich zunächst durch den Spion meiner Tür spähte. Hierdurch konnte ich mehrere Polizisten, Rettungssanitäter, Personen in weißen Schutzanzügen sowie Renate. Ich konnte die vermutlichen zwei Hauptermittler unter der ganzen Ansammlung von Menschen ausmachen. Der eine war schätzungsweise 1,85 groß mit braunen Haaren und der andere war so groß wie ich, möglicherweise auch ein bisschen größer, mit rotorangen Haaren. Beide waren in Zivil gekleidet, aber beide trugen dasselbe schwarze Shirt mit der gleichen dunkelblauen Jeans und beide hatten dunkle Augen. Ein unheimlich schlechtes Gefühl breitete sich, wie das Gift der Inlandtaipan, in meinem gesamten Körper aus und mir wurde schlagartig bewusst, dass Scoday die Wahrheit rausgefunden haben musste. Zitternd öffnete ich die Tür, wodurch ich kurzzeitig im Mittelpunkt stand, was in Anbetracht meines Wissens sowie meines nicht vorhandenen Talentes zu lügen äußerst unpraktisch war.

Ohne dass ich etwas sagen oder tun konnte, stürmte Renate auf mich zu und fiel mir weinend um den Hals „Lola! Meine Liebe. Es ist etwas Schreckliches passiert. Jemand ist bei uns eingebrochen. Mike ist verschwunden." Ich versuchte so schockiert zu wirken, wie nur irgendwie möglich, und erst als ich bemerkte, dass sie einen Verband trug, klang dies überzeugend. „Ich wurde von hinten niedergeschlagen und Mike...oh Gott...Mike..." Sie brach zusammen, währenddessen trat einer der Polizisten an uns heran. „Sie sollten sich ausruhen!" Er legte ihr eine Hand auf die Schulter, wonach sie sich sofort von mir löste und sich auf die Treppen setzte. „Becker mein Name. Haben Sie irgendetwas außergewöhnliches gehört oder gesehen? Jemand der in letzter Zeit öfters hier im Haus war, aber herausgestochen hat? Ungewöhnliche Geräusche" Kopfschüttelnd richtete ich meinen Blick zu der weinenden Renate „Falls Ihnen etwas einfallen sollte, zögern Sie nicht mich anzurufen!" Er reichte mir eine dunkle Karte, auf welcher sein Name sowie seine Nummer stand, und schon kehrte ich, nachdem ich mich noch ein wenig auf die Treppen gesetzt hatte, schnaufend in meine Wohnung zurück. Dort erwartete mich bereits eine Nachricht von Scoday, die mein Atmen stocken ließen.

>> Hallo Lola. Meine liebe Lola. Weißt du, was ich erstaunlich finde? Obwohl du genau wusstest, dass dich eine Bestrafung erwartet und hast du dich dennoch bewusst dazu entschieden, mich anzulügen. Lügner sind widerliche Wesen, für welche ich weder Verständnis noch Empathie habe. Sie sind abscheulich und ein Lügner ist mit den härtesten Mitteln zu Vernunft zu bringen, sodass sie es bis an ihr Lebensende nicht vergessen. Du hast damit eine Grenze überschritten und etwas Unverzeihliches getan. Hättest du einfach gestanden, dass du nicht in der Lage gewesen warst ihn zu verführen, dann wäre ich nicht dazu gezwungen gewesen diesen Schritt zu gehen. Im Anhang befindet sich daher deine Strafe. Zudem wirst du als deine heutige Aufgabe dir vier Stifte, ob Kugelschreiber, Bleistift oder ähnliches, in deinen Körper, in einer nicht-sexuellen Art und Weise, einführen. Hierbei wirst du nicht nur alles mit deinem Handy aufnehmen, sondern dir ist ebenfalls verboten Kleidung dabei zu tragen. Wage es nicht, mich noch einmal herauszufordern. Scoday<<

Sofort klickte ich die Datei im Anhang an, wobei ich mit schrecken feststellen musste, dass es sich um ein Video handelte, und umso besorgter startete ich es. Die ersten fünf Sekunden starrte ich ausschließlich auf einen schwarzen Bildschirm, doch dann konnte ich einen Mann auf einem Stuhl in mitten eines kellerartigen Raumes erkennen. Der Mann war gefesselt und trug über seinem Kopf einen dunklen Stoffsack, welcher von einem zweiten, maskierten Mann, der im nächsten Augenblick vor die Kamera trat, kurz danach entfernt wurde. Mein Herz stoppte, als ich das Gesicht von Mike erkannte. „Nein...Scoday, sag nicht du hast..." Ich brach in Tränen aus, während ich zu schauen musste, wie Mike mehrere Mal mit einem Tonfa geschlagen und mit einem Elektroschock-Stab gefoltert wurde. Seine Schmerzensschreie hallten in meinen Ohren und mit jedem Schlag, mit jedem Schock wurden sie lauter und verzweifelter. „Bitte...bitte...ich habe doch nichts getan...warum tun Sie das? Hilfe!" Er bettelte um sein Leben, indessen saß ich auf meinem Schreibtischstuhl und konnte nicht mehr hinschauen. Ich spürte seinen Schmerz, weshalb ich mehr oder weniger unterbewusst meine Klamotten auszog, mein Handy auf mich richtete und mir, bei jedem seiner Schreie, einen Stift in mein Bein rammte. „Ich hoffe, dass du es genießt. Bastard!" Schrie ich in die Handykamera, als ich den fünften Stift in mir zu stecken hatte und das letzte, was ich sah, ehe ich das Bewusstsein verlor, war wie Mikes Kehle aufgeschlitzt wurde.

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Ich hoffe dieses Kapitel hat dir gefallen. Mach dir einen schönen Tag, trink ausreichend Wasser tu dir was Gutes, das hast du dir verdient!❤

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