"Hattest du nicht mal ein anderes Bett?"
"Wollen wir ins Wohnzimmer gehen?", fingen wir beide gleichzeitig an zu reden.
"Ja", kam auch gleichzeitig zurück, was uns zum lachen brachte. Während ich mich langsam aus dem Bett entfernte und die kuschelige Daunendecke zurücklegen musste, worum ich auch innerlich etwas weinte, schaute mir Tim nur belustigt zu. Ich robbte mich ungeschickt an sein Bettende und gurkte einmal im Purzelbaum von seinem Bett auf seinen Teppich herunter.
"Nebenbei bemerkt: Hast du irgendwie zu viel Geld oder so? Deine komplette Einrichtung ist ja aus Massivholz alter!", stellte ich fragend fest. "Warst du SO besoffen?! Das hast du letztes Mal schon gefragt.", antwortete er. Tim schien meine Situation sichtlich amüsant zu finden. Ich lag also in der Decke verheddert auf dem Boden und versuchte neben meiner Frage ein bisschen mich da rauszuwälzen, was nicht wirklich funktionieren wollte. Jedesmal wenn ich meinen Fuß aus ihr herausziehen wollte, zog die Decke mit, anstatt sich von meinem Fuß zu lösen.
" Brauchst du Hilfe?", fragte er sichtlich belustigt. "Nene, ich kriegs schon hin. Eeeeehm... und was hast du letztes Mal zu mir gesagt nochmal?", erwiderte ich mit einem aufgesetztem Grinsen und stoppte für einen kurzen Moment meine Befreiungsaktion um ihn so lange durchdringlich anzugrinsen bis er mir eine Antwort gab. Peinlich berührt schaute ich dabei in der Gegend rum. Einmal zum Mitschreiben: Ich lag da also auf dem Rücken, meine Beine gespreizt und über meinem Kopf und zuckte einfach behindert mit dem linken Fuß herum um die Decke zu lösen, die sich noch halb auf dem Bett befand. Leider war ich nicht gelenkig genug dass meine Hand an meinen Fuß reichte, aber auch das versuchte ich ab und zu nochmal, nach dem Motto: Vielleicht habe ich ja Glück und mein Arm ist 10 cm länger geworden.
"Ich hab die beim Einzug geschenkt bekommen und konnte mich nicht dagegen wehren. Wäre auch zu schade gewesen, die einfach wegzuschmeißen. Immerhin sind dafür Bäume gestorben." Ich gab es auf. Schlaff ließ ich meine Arme und Beine locker, wobei alle mit Ausnehme meines verhedderten linken Beines lustlos auf den Boden fielen. "Aaaaah....", sagte ich und schnippste dabei in der Gegend rum, "Ne sorry ich erinner' mich nicht, da bin ich ehrlich, aber immerhin weiß ich jetzt, dass deine Eltern Bonzen sind." und nickte ihm zu.
"Soll ich dir jetzt helfen?", wollte er nochmal amüsiert wissen. "Ja bitte.", antwortete ich seufzend und ließ mich von ihm aus der Decke befreien. Als er fertig war schaute er mich noch eine Sekunde nichtstuend an, und hob mich plötzlich auf seine Arme. Ich schrie vor Schreck kurz auf.
Der Duft von frisch gewaschenen Haaren stieg in meine Nase und entgegen meines üblichen Verhaltens lehnte ich mich an seine Schulter, um noch mehr davon aufzunehmen. Ich weiß nicht, aber es gibt wenig attraktiveres als gut duftende Männer...
Belustigt ging er mit mir ins Wohnzimmer und setze mich auf die Couch ab wie ein kleines Kind. Etwas peinlich berührt und aus meinen Febreeze-Duftvorstellungen gerissen sagte ich dann: "Danke. Aber laufen hätte ich denk ich selbst noch gekonnt", und setzte mich aufrecht hin. Er nahm gegenüber von mir Platz auf dem Sessel und zwischen uns war der Sofatisch. Irgendwie wusste ich, dass ich so schnell von hier nicht mehr fortgehen werde...
Dann fragte Sunnyboy mich, ob ich was trinken wollte, was ich verneinte. Also ging er in die Küche und kam mit einer Karaffe und einer Flasche Fanta zurück. Zu meiner Überraschung hatte er jedoch zwei Gläser mitgenommen. Er schenkte sich selbst etwas Wasser ein mit etwas Fanta ein, und während ich ihn einfach nur angeekelt anschaute, versuchte er mir weiß zu machen, dass es garnicht so scheiße schmeckt und sonst zu süß wäre. Ich ließ gut sein und fragte ihn schließlich die Frage aller Fragen: „ Also... wieso sind wir heute hier?"
Still und leise hörte ich also seinem Atem zu und er meinem wie es schien. Ich schaute ihn an doch er wendete seinen Blick auf den Boden, atmete dann tief ein und stieß einen langen Seufzer aus.
„Es tut mir leid wie ich mich auf der Rückreise benommen hab', das war irgendwie echt awkward. Und... Keine Ahnung.. Ich weiß nicht wie ich mich dafür entschuldigen soll weil ich eben keine Ahnung habe, wieso ich das gemacht habe! Es kam einfach so aus mir raus und ich wollte dann auch nicht mehr drüber reden und dann dachte ich wenn wir eben wieder miteinander sprechen dann müsste ich nicht erklären und in dem Moment war mir das einfach zu viel. " Er klang sehr betroffen, und ich zweifelte nicht daran ob er es ernst meinte. Aber irgendwie war das auch eine ziemlich lusche Entschuldigung...
„ Mhm", äußerte ich. Er schien sichtlich unbeeindruckt von meiner Zustimmung zu sein und wenn ich ehrlich bin dann war ich es selber nicht mal. Ich ließ mich also nach hinten auf das Sofa fallen und dachte mal wieder über mein Leben nach: Was habe ich getan dass ich jetzt in der Wohnung von jemandem sitze, die ich nicht mehr wieder erkenne weil ich das letzte Mal so hart besoffen war, und mir von ihm eine Entschuldigung anhören darf dafür, dass er 14 Stunden lang nicht mit mir wirklich kommuniziert hat weil er einfach keine Lust drauf hatte. Und nebenbei stellte ich mir auch die Frage wie ich jetzt eigentlich darauf reagieren soll, denn so richtig wurde ich daraus nicht schlau. Es war alles sehr weird und ich fragte mich wirklich was für ein Grund das hatte aber traute mich jedoch nicht das auszusprechen. Zumal er selbst meinte, dass er es selber nicht weiß, und meine Nachfrage wahrscheinlich nichts gebracht hätte.
Bevor ich etwas sagen konnte lief er um den Sofatisch herum und setzte sich neben mich auf die lange Sitzgruppe. Ich drehte mich zu ihm hin verschränkte meine Beine in einem Schneidersitz nahm das noch leere Glas und schenkte mir etwas Wasser mit ein bisschen Fanta ein. Da muss doch was dran sein wenn er das anscheinend so trinkt ohne es ironisch zu meinen, dachte ich und beäugte meine Mischung trotz dessen skeptisch.
Während er sich mir gegenüber setzte und mir entspannt dabei zu guckte wie ich langsam einen kleinen Sipp aus dem Glas nahm bemerkte ich eine Stimmungsänderung. Es schien als würde die Stimmung plötzlich kippen - ich konnte aber nicht sagen ob es positiv oder negativ war. Jedoch wurde die Luft zwischen uns plötzlich dicker und undurchdringlicher.
„Neece, Ich weiß echt nicht was da passiert ist ich kann mich nur noch schemenhaft daran erinnern wieso ich in dem Hotelzimmer so zurückgewichen bin oder was du überhaupt gesagt hast.", meinte er nun fast bettelnd und nahm meine noch freie Hand zwischen seine, "Wirklich nicht!"
Ungläubig schaute ich ihn an. Will er mir damit sagen dass er dement ist? ....Ist er dement?
„Bist du irgendwie dement, oder hab ich in Wirklichkeit doch was falsches gesagt und du willst es mir nur nicht so direkt sagen? ", sprudelte es aus mir heraus. Er schaute mich so an als würde er verstehen was ich meine.
"Nein ich habe wirklich kein Plan, und ich glaube wir sind beide alt genug um uns auch sowas ins Gesicht sagen zu können, wenn der andere etwas gemacht hat, was einem nicht gefällt.", antwortete er sachlich und ruhig, schaute mich jedoch immernoch mit dem "unschuldigem Reh um Scheinwerfer"-Blick an. "Und nein, bevor du nochmal fragst: Ich bin auch nicht dement", gab er noch lächelnd hinzu.
Dies entriss mir ebenfalls ein schmunzeln und entspannte die Luft zwischen uns etwas. Jedoch wusste ich, dass ich mit meiner Vermutung recht hatte... So schnell würde ich an diesem Abend hier nicht mehr weg kommen...
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Neece 2
ChickLit🍃 Die Fortsetzung von "Neece". Nach der ganzen Jacob-Sache hat Neece erstmal die Schnauze voll von allem. Gelegen kommt ihr hierbei ihr Bachelorabschluss. Denn nachdem ihr Studium beendet war, wollte sie sich vom hart erarbeiteten Geld im Ring er...