Hasse das Gefühl

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Doch Freitag sollte kommen. Wenn auch nur schleichend. 

Für Jisung hieß Freitag Nachtschicht. Fragt sich einer warum seine Firma diesen dummen 24/5 Service überhaupt hatte. 

So gegen Mittag rollte Jisung aus dem Bett. Wortwörtlich. Mit einem lauten dumpf landete er auf seinem dunkelblauen Teppichboden. Für einige Minuten blieb er bewegungslos liegen und wachte richtig auf. 

Dann drehte er seinen Kopf um, auf die Digitaluhr auf seinem Schreibtisch gucken. 12:35. Na super... 

Sein Kopf drehte sich zurück in seine originale Position. Dreck und Staub kamen damit aus dem Teppich und kitzelten in seiner Nase bis er laut auf nieste. 

Langsam stand er auf und machte sich halbwegs fertig. Er zog sich eine graue Jogginhose über die Boxershorts in den er geschlafen hat. Barfuß machte er sich auf in die kleine Küche.

 Natürlich hatte keiner daran gedacht den Geschirrspüler auszuräumen, geschweige dem die dreckigen Sachen von heute Morgen wenigstens in die Spüle zu stellen. Mit einem lauten Gähnen sammelte er das Peppa-Pig thematisierte Geschirr seiner Schwester ein und stellte es weg, dann wischte er denn ungefähr ein Quadratmeter großen Tisch ab. Ein wunder das sie sich da mal zu viert dran gequetscht bekommen haben. 

Jisung öffnete sämtliche Schränke, auf der Suche nach einer Packung Cornflakes und einer sauberen Schüssel. 

Seit Jungsoo mit seiner Mutter zusammengekommen war, hatte er es sich zur Aufgabe gemacht alles umzuräumen, damit sein Geschirr auch noch in die sowieso schon viel zu kleinen Regale zu stopfen.

 Jisung goss sich den Rest Milch über sein Frühstück und lief damit ins Wohnzimmer. Seine Füße machten leise patschige Geräusche auf dem Parkett. Faul leerte er seine Schüssel, immer wieder gähnend oder seufzend. Er war 21, warum verdammt noch mal fühlte sich sein Körper so an als wäre er Mitte 60? 

Auf dem Couchtisch, auf dem er seine Füße gelegt hatte, lagen Unterlagen von Jungsoo. Irgendwas wahrscheinlich hochgradig Wichtiges. Viele Zahlen und elendig lange Fachwörter überzogen den Stapel Papiere. 

Jisung wollte jedesmal mit den Augen rollen wenn der Man anfing über seinen super wichtigen und spannenden Job zu erzählen. Als Manager einer vier Leute Firma. 

Sein wir ehrlich, eigentlich kann es nicht mehr lange dauern bis auch diese Firma dem Virus zum Opfer fielen. Jisung wünschte es sich zu mindestens. Er konnte doch nicht der einzige sein der unter allem Leiden musste, nur weil seine bekloppte Auszubildenden sich auf irgendeiner Fete Corona eingefangen hatte. Aber nein, natürlich hatte sein Boss die ganze Firma nach Hause geschickt. 

Bei dem Gedanken an seinen Boss fummelte Jisung sein Handy aus der Ritze von der Couch. (Dort war es sicher vor seiner Schwester, die einen Gefallen daran gefunden hatte alle elektrischen Geräte zu betatschen und an zu sabbern.) 

Er öffnete seine E-Mails. Ein Rausch von Nachrichten öffnete sich, das meiste Spam von irgendwelchen halbwegs legalen Seiten wo er damals seine Animes drauf geguckt hatte. 

Die eine Nachricht von seinem Boss ging da drinnen leider unter. 

„Hallo Mr.Han, wie ich sehe arbeiten sie wie immer sehr fleißig, trotz Corona! Ich wollte ihnen nur mitteilen dass ich, um den Komfort und das Wohlbefinden meiner Mitarbeiter zu schützen, unseren Gewerbeaufsichtsbeamten heute bei ihnen vorbeischicken werde. Machen sie sich keine Sorgen, er wird sich nur kurz unter den neuen Vorschriften ihren Arbeitsplatz angucken. Er sollte so gegen halb zwei bei ihnen sein. Grüße. Mr. Bang" 

Jisung drückte sein Handy zurück ins Versteck und stand wieder auf. Der Löffel klapperte leise in der Schüssel als er zur Küche lief. Oder zurücklaufen wollte. Auf einmal sticht ein heftiger Schmerz durch seinen Fuß.

 „So ein kack Mist heilige Mutter Maria!" Heulte er auf. Jisung hüpfte auf seinem heilen Fuß herum und hielt sich den anderen. Er war auf ein Lego Baustein getreten. Fluchend pulte er sich den grünen Stein von der Fußsohle. Das kommt davon wenn man keine Socken trägt, klang die Stimme seiner Mutter in seinem Kopf. 

Entnervt und unter Schmerzen räumte er hinter sich wieder auf.

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 Eigentlich wollte er in sein Zimmer, doch als er den kleinen Beistelltisch im Flur passierte, hielt er inne. Ein kleiner Gegenstand thronte dort. Noch verpackt. Ein brauner Schnuller, mit einem Teddybären drauf.

Er nahm ihn in die Hand. Miri hatte Schnuller nie wirklich benutz und sie hasste die Farbe braun über alles. Er drehte den Nuckel in seiner Hand. Jisung konnte sich nicht erklären warum, aber irgendwie hatte er das Bedürfnis ihn zu beschützen. 

Er stempelte es ab als „Rette die Sachen vor Miri" und humpelte die Treppen hoch. Er schloss seine Zimmertür hinter sich. 

13 Uhr. Noch fünf Stunden bis seine Schicht anfing. Ein kleines, ironisches Lachen hüpfte aus seinem Mund. 

Vorsichtig legte er den Schnuller in die hinterste Ecke, versteckt zwischen seinen kaputten Bluetooth boxen. 

Jisung durfte sich bis zwei Uhr morgens sich von irgendwelchen Leuten volllabern zu lassen. Verschiedene Zeitzonen machen es möglich. Er lächelte gequält in eine nicht vorhandene Kamera und schmiss sich in sein ungemachtes Bett zurück. Die Decke wurde ungeheur interessant. Während er sie anstarrte ließ er seine Gedanken frei laufen.

Nachdem er seiner alten Dreizimmerwohnung hinterher getrauert hatte, endeten seine Gedanken wieder bei dem Ausmalbuch. Er gab seiner Schwester die Schuld daran –sie hatte wahrscheinlich irgendeine Art Kindheitstrauma in ihm wieder hochgespielt, deswegen hatte er das grenzenlose Verlangen dieses doofe ausmalbild fertig zu stellen. 

Stöhnen rollte er sich zur Seite. Felix wüsste bestimmte was man dagegen machen konnte.

 Vielleicht hätte Jisung gar nicht erst hier her ziehen müssen wenn Felix ihm geholfen hätte. Jisung drehte sich erneut um. Immer fiel er Leuten zur Last.

 Er war ehrlich zu sich selber, er wusste dass er ohne seinen bestimmten Anteil von sozialen Interaktionen auf der Arbeit komplett alleine war. In einer Beziehung war er seit der fünften Klasse nicht mehr. 

Ein kleines unangenehmes Gefühl machte sich in seinem Brustkorb breit, wie ein kleines Netz spannte es sich um sein zerbrechliches Herz das sich immer wieder ein wenig mehr zusammenzog. 

Er wusste nicht wohin mit seinen Händen, also griff er sich sein Kissen und klemmte es sich zwischen sein Kinn und Brust. Jisung's Unterlippe schob sich nach vorne. Er zog sich in einen kleinen Ball zusammen. 

Am liebsten wollte er sich von hier wegteleportieren. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen als sich das Netz ausbreitete und sein Magen sich plötzlich ganz flau anfühlte. 

Und dann klingelte unten die Tür. Jisung schreckte zusammen. 

Für eine Sekunde saß er kerzengrade auf seinem Bett. Dann bemerkte er erst das Kissen in seinen Armen, was er von sich schmiss. Es klingelte erneut. 

„ICH KOMME!" Er trat seine Zimmertür aufund war mit einigen Hechtsprüngen am Ende seiner Treppe. 

Jisung riss die Tür auf. 

Vor ihm stand nicht der Postbote.  

Trouvaille | Minsung ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt