Schuhe

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"Und das ist für dich." Ich überreichte ihm sein Geschenk, nachdem er mir meines gegeben hatte, und er sah mich etwas verwundert an.

"Lisa? Das sind Schuhe." sagte er mehr überzeugt als fragend und schüttelte vorsichtig den verpackten Karton. "Du hast mir Schuhe gekauft?" Eifrig nickte ich.

"Alles gute zum Vierjährigen." fügte ich lächelnd hinzu, bevor er das Geschenkpapier entfernte und den Karton leicht öffnete. Als er dann erkannte, dass es wirklich Schuhe sind, riss er den Karton ganz auf und holte die Schuhe heraus. "Sind das die, die ich dir mal vor einer Woche geschickt habe?" fragte er mich ungläubig und sah sich die Schuhe an.

"Ich hoffe es." Sofort fiel er mir um den Hals und drückte mir dann einen Kuss auf den Mund.

"Ich liebe sie, vielen Dank! Die werde ich bei meinem nächsten Spiel tragen." Grinsend betrachtete er den Schuh und musterte ihn. Doch das Grinsen hielt nicht lang, denn er erkannte die Bestickung an der Ferse. "Ein L und eine 4?" Dass sein Grinsen verschwand, verunsicherte mich etwas, trotzdem erklärte ich es ihm.

"Die vier steht für die vier Jahre, die wir jetzt zusammen sind. Und das L steht für meinen Namen. Damit ich auch auf dem Feld bei dir sein kann." Er packte die Schuhe wieder zurück in den Karton, drückte mir einen Kuss auf die Stirn und lief ins Schlafzimmer. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es ihm nicht ganz so gefiel, andernseits hat er sich die Schuhe ja gewünscht. Bei seinem nächsten Spiel würde ich es dann sehen.

***

Anders als erwartet waren nun drei Wochen vergangen. Noch immer hatte er die Schuhe auf keinem einzigen Spiel getragen und irgendwie verletzte mich das auch. War ich ihm peinlich? Liebte er mich nicht mehr so, wie zuvor? Gefielen ihm die Schuhe doch nicht mehr? Ich wollte Antworten und die konnte mir nur Mason selber geben. Also wartete ich, bis er von seinem Training zurück kam und sprach ihn dann darauf an, als er sich gerade ein Sandwich machte. "Mase?" fragte ich unsicher und er sah mich an, während er in sein Sandwich biss. "Können wir reden?" Er nickte und setzte sich mit mir zusammen auf die Couch.

"Ist es wegen den Schuhen?" Ich sah ihn verletzt an. Er wusste also, was das Problem war und hat mich selber nie darauf angesprochen. Trotzdem nickte ich sah dann auf meine Nägel.

"Lisa, du weißt selber ganz genau, dass ich unsere Beziehung nicht öffentlich machen möchte. Und diese Schuhe werden es öffentlich machen. Verstehst du?" Ich rutschte etwas weiter weg von ihm und drehte mich leicht weg.

"Nein." Meine Stimme klang etwas unsicher, weshalb ich mich räusperte und dann erst weiter sprach. "Nein, ehrlich gesagt nicht. Wir sind jetzt schon vier Jahre zusammen Mason. Vier verammte Jahre und du kannst es nicht öffentlich machen? Ich sag dir, wie es ist - ich fühle mich schon etwas... verarscht? Unwichtig? Unsicher? Ich weiß selber nicht, welches Wort ich suche, aber es fühlt sich nicht toll an verheimlicht zu werden. Ich will mit dir an den Strand, in ein Restaurant oder Shoppen. Aber das geht nie, weil uns ja jemand sehen könnte." Den letzten Teil sprach ich extra betont aus, weil es das war, was Mason in solchen Situationen immer zu mir sagte. Mir ging die Luft zum argumentieren aus und ich merkte erst jetzt, dass ich vor Wut aufgestanden war, weshalb ich mich wieder setzte. In meinem Kopf schwirrten noch etliche Gedanken, welche ich alle loswerden wollte. Doch stattdessen schwieg ich und ließ ihm die Chance etwas zu sagen. Mason sagte aber nichts. Während ich in sein ausdrucksloses Gesicht blickte, schwirrten die Gedanken weiter in meinem Kopf herum und suchten nach einem Ausgang. Als er nach längerer Zeit immer noch nichts sagte, ergriff ich wieder das Wort. "Ist es... weil ich..." Traurig blickte ich an mir herunter. "Ich etwas... anders aussehe als die anderen Spielerfrauen? Ist es, weil ich etwas stammiger bin als die anderen? Bin ich eine Wette oder-" Mason nahm meine Hand und zwang mich ihn anzusehen.

"Rede dir das bitte nie wieder ein. Du bist perfekt genau so, wie du bist. Ich liebe dich genau so, wie du bist! Verstanden?" Mit Tränen in den Augen nickte ich. Dann ließ er meine Hand wieder los. "Trotzdem kann ich unsere Beziehung nicht öffentlich machen. Ich möchte dich beschützen."

"Ich will gar nicht beschützt werden, Mason. Ich kann mich selber verteidigen, danke. Außerdem denke ich, dass ich alt genug dafür bin selbst zu entscheiden." Den letzten Teil sagte ich etwas ironisch, denn langsam ging die Wut mit mir los. Kurz hatte ich gehofft, dass er mich verstehen würde und ein Kompromiss eingehen würde, aber ich lag wohl falsch. Ich nahm einen tiefen Atemzug und sah ihn dann, die Augen zu Schlitzen verengt, ernst an. "Was ich jetzt tun werde, tut mir wirklich leid, weil ich es eigentlich nie tun wollte, aber du lässt mir eben keine andere Wahl." Mason sah mich konfus an. "Entweder du machst das mit uns öffentlich, oder das war's mit uns. Weil ich sehe keinen wirklichen Sinn hinter deinen Argumenten. Du willst es für mich tun? Nein danke. Wenn du was für mich tun möchtest, dann das hier." Wutentbrannt stand ich auf und lief hoch ins Schlafzimmer. Dort schlos sich die Tür ab und atmete erst einmal tief ein. Jetzt kam es nur noch auf Mason an. Wenn er in der nächsten Zeit etwas an der Situation ändert, dann weiß ich, dass er es wirklich ernst mit mir meint. Und wenn nicht... Ich hoffe wirklich, dass dieser Fall nicht eintritt.

***

Nun war bereits eine Woche vorbei und Mason unternahm immer noch nichts. Gedanklich packte ich schon meine Sachen und war ganz und gar bereit auszuziehen. Es war Sonntag und heute hatte Mason ein Spiel. Da ich nicht völlig gemein zu ihm sein wollte, kam ich trotzdem wie immer mit und machte es mir in der ersten Reihe direkt hinter den Banden bequem. Da nicht einmal sein eigenes Team von mir wusste, erkannte mich auch keiner und begrüßte mich auch keiner. Anders, als ich es bei Paula und Sophia sah, welche von allen herzlichst begrüßt wurden. Nach einer Weile begann auch schon das Spiel und ich lehnte mich zurück, während ich mein Softdrink trank. Erst, als die Teamfotos gemacht wurden, erkannte ich, dass Mason meine Schuhe anhatte. Nur leider verdeckte er meine Bestickung mit etwas Stoff. Nach zwanzig Minuten sah es immer noch nicht gut für die Blues aus, aber dann nahm Lukaku den Ball ab und beförderte ihn ins Tor. Bis zur Halbzeit passierte nicht mehr viel. Aber kurz nach der Halbzeit kassierte Chelsea doch noch ein Tor. Sie mussten mit einem Sieg raus gehen oder sie würden einen Platz weiter unten auf der Tabelle stehen. Doch bis zur 90' Minute änderte sich nichts. Dann geschah es, dass Mason in der letzten Minuten der Nachspielzeit im Strafraum gefoult wurde und es einen Elfmeter gab. Das ganze Stadion war stiller als sonst, doch als Mason ausholte, eine Ecke antäuschte aber den Ball dann mit Leichtigkeit in der Mitte platzierte, schrie und jubelte das Stadion wie verrückt. Auch ich sprang von meinem Platz auf und schrie mir die Seele aus dem Leib. Mason lief zur Eckfahne und ließ sich dort von allen feiern, als er den Stoff vom Schuh zog und die Ferse in die Kamera hielt. Dann geschah das, was ich nicht erwartet hätte. Aus dem nichts fand er mich, lief auf mich zu, sprang über die Bande und griff mein Gesicht, um mich zu ihm zu ziehen und seine Lippen, vor den Augen aller Menschen, auf meine zu legen. In mir ging ein Feuerwerk auf und tausende Schmetterlinge flogen herum. Er hatte das mit uns öffentlich gemacht und ich hätte nicht stolzer auf ihn sein können.

Für @lisa_x_24 , hoffe du bist zufrieden :)

Mason Mount OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt