6. Kapitel

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Xiao POV

Ich sah auf den schlafenden Reisenden. Er atmete tief ein und aus, hatte einen friedlichen Gesichtsausdruck. Wie schnell er eingeschlafen war...
Ich setzte mich vorsichtig neben ihn, schloss die Augen. Ich hörte sie nur ganz leise. Fast überhaupt nicht. Die Stimmen, die mich sonst so sehr plagten... Wieso waren sie in seiner Gegenwart fast vollkommen leise? Was tat er nur, damit es so war? Wie schaffte er es? Ich fühlte mich so viel wohler. Das Gewicht, das auf meinen Schultern lastete.. Es war so schwer, manchmal konnte ich kaum atmen. Doch nun war es, als würde nichts auf meinen Schultern lasten. Als wäre ich wahrlich...frei.

Ich wollte mich neben ihn legen. Ich wusste nicht wieso, und eigentlich war das komisch, denn ich wollte selten etwas... Ich hatte kein Verlangen. Doch das... Ich dachte nicht weiter darüber nach, legte mich neben ihn. Da das Bett so klein war, musste ich mich ziemlich an ihn drücken. Er war so warm. Und plötzlich drehte er sich zu mir, schlang seine Arme um mich.

Ich riss die Augen auf, sah zu ihm. Seine Augen waren fest geschlossen, er hatte den Mund offen und sabberte etwas. Das war unglaublich niedlich... Ich lächelte. Seltsamerweise hatte ich absolut nichts dagegen, wenn er mich anfasste... Ja, eigentlich.. War das gar nicht schlecht. Wer hatte mich zuletzt so gehalten, wie er es tat? Nein.. Die Frage war.. Hatte das überhaupt jemals jemand getan?

Vorsichtig zog ich meinen Handschuh hinunter, warf ihn auf den Boden. Sanft fuhr ich mit der Hand über seinen Kopf. Seine Haare waren so weich. Ich schloss die Augen, streichelte weiter seinen Kopf. Wieso hatte er so eine Wirkung auf mich? Am liebsten wollte ich, dass er niemals wieder von meiner Seite wich... Doch ich durfte so etwas nicht denken. Ich war nur ein Werkzeug, eine Waffe, mehr nicht.. Ich hatte kein Verlangen, keine Wünsche, keine Ziele... Ich ließ es nicht zu...  Doch nun wurde ich so unglaublich müde... Ich schaffte es nicht, meine Hand von ihm zu ziehen. Die Wärme, die er austrahlte, als er mich so hielt.. Es war zu gut. So gut, dass ich einmal kurz vergaß, was meine Pflichten waren. So gut, dass ich einfach alles vergaß, außer ihn.

In meinem Mund schmeckte ich Blut. Ob es von mir stammte, oder dem riesigen Biest, das sich voller Schmerzen vor mir wandte, wusste ich nicht. Mein Speer, einst grün, leuchtete nun blutrot, drohte mir aus der Hand zu gleiten. Der metallische Geruch stieg mir in die Nase, das mir fast schon schlecht wurde. Die zweischneidige Klinge fuhr über die Haut des Biestes, zerriss sein Fleisch. Es brüllte und gröhlte, versuchte mich mit seiner riesigen Tatze zu erwischen. Mit Leichtigkeit wich ich aus, rammte den Speer in den sich windenen Körper. Das Biest hörte auf, sich zu bewegen, glitt zu Boden. Ich zog den Speer aus dem nun leblosen Leib und sank zu Boden. Mein Keuchen war das einzige Geräusch, was zu hören war. Nicht einmal Vögel zwitscherten in der Nähe. Die Sonne ging langsam auf, ihre Strahlen fluteten über das Land. Ich erkannte nichts. Sah nichts. Alles war voller Blut. Langsam erhob ich mich, drehte mich um, und sah einen Menschen. Einen ziemlich kleinen Menschen. Ein Kind stand mit riesigen Augen da, starrte mich an.
„Warum... Du hast den... Unseren Schutzgott...getötet? Hast du...Seine Träume verschlungen?“, wimmerte es, sah auf die leblose Bestie vor mir.

Panisch riss ich die Augen auf- und starrte in Aethers, großen, geweiteten gelb/goldenen Augen.
Eine Weile starrten wir uns an. Dann bemerkte ich, dass ich ihn ziemlich fest an mich drückte. Zu fest. Er bekam nicht mal mehr Luft. Schnell ließ ich ihn los, sprang auf. Was war das denn?! Wann hatte ich...

Der Blonde war knallrot, setzte sich langsam auf. Ich biss die Zähne zusammen. Verdammt.. Ich war eingeschlafen...
„Oh... Wie spät ist es?“, fragte er nervös, sah aus dem Fenster.
„Nacht“, murmelte ich, biss mir auf die Lippe.
„Ahh, oh nein... Tut mir Leid, dass ich so lange geschlafen hab“, sagte er panisch, sprang auf.
„Mir tut es Leid..“, murmelte ich, krallte mir in den Arm. Ich war ernsthaft eingeschlafen? Was war nur los mit mir...
„Ich muss los... Tut mir wirklich Leid!“
„Schon gut..“
Er blieb vor der Tür stehen, sah zu mir zurück.
„Danke, Xiao“, lächelte er, wurde schon wieder so rot.
„Danke für was?“
„Für einfach alles. Ich bin froh, dass es dich gibt“
Da blieb mir kurz die Luft weg. Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte...
„A-A..Also..Eh.. Bis morgen beim Training!“, sagte er dann, riss die Tür auf und stieß mit dem Kopf gegen den Türrahmen.
„Aua! Ey... Verdammt... Autsch!“, fluchte er, winkte mir mit einem schiefen Grinsen zu und verschwand dann.
Ich musste kurz lächeln. Was war denn nur mit ihm los.. War er schon immer so nervös gewesen? Seufzend sah ich auf meine Hand. In all den Jahren, in denen ich schon lebte... Hatte ich noch nie meine Beherrschung verloren...
Ich sah auf das Bett, sah eine goldene Haarsträhne, nahm sie zwischen die Finger. Wenn er weiterhin Zeit mit mir verbringen würde, wüsste ich nicht, ob ich mich weiter zurückhalten konnte... Er löste etwas in mir aus... Und das war nicht gut... Schließlich war ich ….

„Mörder“
„Monster“
„Du hast sie alle getötet“
„Du hast deinen Meister verraten“
„Verräter“
„Mörder“
„Stirb“
„Leide“
„Wie haben unsere Träum geschmeckt?“
„Bestie“
„Monster
„Alatus... Warum...“
„Wieso hast du so viele getötet..“
„Dir wird niemals verziehen werden...“

Plötzlich brachen die Stimmen wieder über mich, so laut, so intensiv, dass ich aufkeuchte und mir die Hände auf die Ohren drückte.
„Seid leise“, zischte ich.

„Du wirst uns niemals los...“
„Niemals...“
„Niemals, niemals... Du Mörder..“

Ich fing an zu zittern. Aether...

„Du solltest sterben“
„Verräter“

Panisch schüttelte ich den Kopf. Nein.. Nein, nein.. Wieso waren sie so laut..
„Aether...“, keuchte ich, krallte mir in die Haare.
„Bitte...Rette mich... Bitte... Verlass mich nicht“


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Hallu, mir geht's wieder besser :3 zurzeit sind aber echt viele positiv oO corona geht rum._. Bleibt schön gesund! Jedenfalls, noch fast eine Woche Quarantäne, also werde ich viiiieeell Zeit haben zum schreiben 🤭

Don't leave me ~ Xiao x Aether | Genshin Impact ~ PausiertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt