Kapitel 7: Ein Funke springt über

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Heute war so ein Tag, der einfach nicht enden wollte. Die Zeit zog sich ins Unendliche. Egal wie oft Yoongi auch auf die Uhr guckte, der Zeiger schien sich nicht ein Stück weiterbewegt zu haben. Doch es gab eine Kleinigkeit, die vielleicht seinen Tag etwas versüßen würde. Natürlich würde er niemals laut zugeben, dass er sich womöglich ein klein wenig auf seinen Nachmittag freute.

In den letzten Wochen war Jimin ihm ziemlich ans Herz gewachsen. Er mochte es nicht wirklich den Jüngeren mit schlechter Laune zu sehen, wenn er doch sonst so eine Frohnatur war. Außerdem reichte es auch, wenn einer von ihnen ein Stinkstiefel war. Zumindest hatte der Jüngere ihm vor kurzem so genannt, weil er die Katzenvideos nicht mochte, die er ihm gezeigt hatte. Was er alles ertragen musste...

Manchmal überforderte ihn Jimins Persönlichkeit ein wenig und hin und wieder wurde es ihm auch etwas zu viel. Aber er versuchte sich damit abzufinden. Vor allem da er eine der wenigen Kontaktpersonen in seinem Leben war... Außerdem sah Jimin selber aus wie eines dieser sensiblen Kätzchen und er konnte es nicht über das Herz bringen, ihn in irgendeiner Weise zu verletzen. Ihn weinen zu sehen, war schon prägend genug für ihn.

Auch wenn er Jimin teilweise als anstrengend empfand, färbte seine gute Laune ein bisschen auf ihn ab. Düstere Stunden waren am Ende des Tages etwas heiterer. In letzter Zeit fühlte er sich auch weniger oft niedergeschlagen und mehr offen. Er konnte nicht unbedingt auf Leute zugehen, aber kam besser mit seiner Umgebung und seinen Mitmenschen klar.

Sein Leben erdrückte ihn nicht mehr. Es fiel ihm auch nicht mehr ganz so schwer am Morgen das Haus zu verlassen. Leider tankte Jimin ihn nicht jeden Nachmittag mit seiner liebevollen Art auf. Trotzdem freute er sich ein wenig, ihn an einem anderen Wochentag wiedersehen zu können. Einige Abende in der Woche waren noch immer ziemlich miserabel, aber das würde sich wohl nie ändern. Egal, ob es ihm nun besser ging. Ein dunkler Schatten zog sich durch sein Leben.

Es war fast schon ein wenig beängstigend wie sehr Jimin seine Gefühle beeinflusste. Gelegentlich fragte er sich, ob er sich nicht in einer bestimmten Art von ihm abhängig machte. Er hatte Angst irgendwann wieder in dieses Loch zu fallen. Jimin würde nicht für immer da sein. Irgendwann wäre er bestimmt wieder allein... und das wollte er nicht.

Yoongi stoppte vor dem Musikraum mit der Hand an der Türklinke. Leise Töne drangen aus dem Inneren. Sie klangen nicht sonderlich harmonisch... schienen keinen Zusammenhang zu haben. Vorsichtig drückte er die Tür auf und spähte in den Raum. Jimin saß vor dem Klavier. Vereinzelnd tippte er auf den verschiedenen Tasten herum und testete die verschiedenen Klangfarben aus.

„Da musst du aber noch ein bisschen üben", sagte Yoongi schlicht geradeheraus. Jimin Kopf schnellte nach oben, während er ein leises Quieken von sich gab. Anscheinend hatte er sich ziemlich erschrocken, denn er wich mit dem ganzen Körper zurück. Unglücklicherweise rutschte er dabei von dem Hocker und fiel rückwärts zu Boden.

Schuldbewusst tappte der Ältere an seine Seite. „Sorry", nuschelte er mit einem schmalen Lächeln. Der Jüngere rieb sich leicht das Hinterteil und sah mit einem Schmollen zu ihm auf. „Schleich dich doch nicht immer so an", protestierte er mit einem Quengeln in der Stimme. Yoongi reichte ihm die Hand, um ihm wieder aufzuhelfen. „Ich bin ganz normal hereingekommen", erwiderte er.

Jimin schnaubte leise. „Das behauptest aber auch nur du." Yoongi kam nicht umhin, sich ein kleines Grinsen verkneifen zu müssen. Mit leicht aufgeplusterten Wangen schlug der Jüngere nach ihm. „Schön, dass dich das so amüsiert", brummelte er beleidigt, „Du bereust rein gar nichts."

Yoongi ließ seinen Rucksack von seiner Schulter auf den Boden gleiten, sein Blick noch immer auf Jimin gerichtet. „Hast du dir wehgetan?", fragte er schließlich. Ein kleiner Rotschimmer bildete sich auf den Wangen des Jüngeren, als er auf einmal näher zu ihm trat. „Nein... schon gut", murmelte er und wandte beschämt den Kopf zur Seite. Yoongi ließ seine Augen über die sanften Gesichtszüge gleiten. Er war nicht blind. Er konnte sehen, dass er eine gewisse Wirkung auf ihn hatte. Doch wusste er nichts so recht damit anzufangen. Was sollte er auch schon tun?

Da Capo al Fine - Yoonmin (Sidestory zu Perfectly Imperfect)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt