Verpasste Gelegenheiten

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Ich schlucke während meine Augen wieder zu Falleen wandern, die immer noch versucht sich aus meinem Griff zu befreien. Nach einem Moment des Zögerns lasse ich sie los und sie humpelt aus meiner Reichweite.
Das hintere Ende der Zahnbürste steckt noch immer in ihrem Oberschenkel und das Blut hört nicht auf zu fließen. Ich habe noch eine Chance, wenn ich nur...
Schritte. Mehrere Personen kommen auf uns zu. Lachen halt durch die Gänge.

Verdammt.

Bevor ich reagieren kann, stößt Saige ein knappes, lautes Pfeifen aus und die Schritte werden schneller.

Mein Blick fliegt hinter Falleen, wenn ich jetzt losrenne, kann ich vielleicht entkommen. Aber Saige hat eine Pistole und etwas sagt mir, dass sie keine Sekunde zögern würde, mir ins Bein zu schießen.

Scheiße.

"Denk nicht mal dran", zischt Saige und drückt die Pistole fester gegen meinen Kopf.

Ich zische, bleibe bewege mich aber nicht weiter.

In der nächsten Sekunde biegen drei Gestalten um die Ecke.

Es sind Neeve und Estelle...und neben ihnen geht Ashton.

Als er uns erblickt bleibt er stehen. Sein Blick fliegt erst zu Saige, dann zu Falleen und schließlich zu der Pistole, die Saige immer noch gegen meinen Schädel drückt, bevor er auf mir landet.

Sein Gesichtsausdruck wechselt in Sekundenschnelle von überrascht zu genervt.

Er schweigt eine Weile, bevor er meint: "Also wirklich, es ist schon nach Mitternacht, ihr müsstet doch alle bereits in den Betten sein, stattdessen habt ihr euch dazu entschieden Dummheiten zu machen."

Scheinbar enttäuscht schüttelt er den Kopf.

Falleen macht Anstalten den Mund zu öffnen, doch Ashton schneidet ihr das Wort ab und deutet wage auf die Wunde an ihrem Bein. "Das sieht böse aus, Rousseau. Du solltest lieber schnell zur Krankenstation, bevor du noch an dem Blutverlust stirbst."

Ich brauche einen Moment um mich zu erinnern, dass Rousseau Falleens Nachname ist.

"Aber ich muss-"
Ashton unterbricht Falleen umgewöhnt scharf: "Du musst gar nichts, wenn ich es dir nicht sage."

Eine Pause entsteht, bis Saige schliesslich ein Knurren ausstößt und das kalte Metall der Pistole verschwindet. Als ich vorsichtig meinen steifen Nacken lockere, ertönt Neeves fassungslose Stimme: "Komm schon Ashton, die brauchen uns hier nicht, außerdem hast du versprochen, dass die erste Runde heute auf dich geht!"

Ich sehe, wie sie ungeduldig an seinem Arm zieht, doch Ashton bewegt sich keinen Zentimeter von der Stelle. Stattdessen, sieht er Saige so lange abwartend an, bis diese eine sehr kreative Reihe an Flüchen ausstößt und sich Falleens Arm um die Schultern legt, damit diese nicht an Ort und Stelle zusammenbricht. Falleens Augen sind bereits glasig und ihre Haut hat einen ungesunden Ton angenommen, was dem Blutverlust geschuldet sein muss, doch sie steht aufrecht da und gibt keinen Laut von sich, als sie sich leicht an Saige lehnt.

"Tut mir leid Ladies, aber ihr müsstet bitte Miss Rousseau und Saige zur Krankenstation geleiten."

Neeve und Estelle die offensichtlich andere Pläne hatten beginnen laut zu protestieren, doch ein Blick von Saige reicht aus um sie verstummen zu lassen.

Saige dreht den Kopf in Ashtons Richtung und nickt ernst, als wäre sie ein Geschäftsmann und das hier ein überaus bedeutender Handel und nicht ihre verletzte Freundin.

Mal ehrlich, zeigt diese Frau überhaupt irgendwann einmal eine menschliche Emotion außer Wut?

Falleen hingegen, wirft mir einen vernichtenden Blick zu, der besagt, dass sie sich sicherlich noch revanchieren würde.

Nichts anderes habe ich erwartet.

Sie verschwinden im Dunkel der Gänge und ich stehe angespannt neben Ashton.

Nach einem Moment des Schweigens dreht Ashton den Kopf in meine Richtung und für einen kurzen Augenblick denke ich etwas wie Enttäuschung in seinen Augen zu erkennen, doch dann zeigt er lediglich halbherzig mit einer Hand in die Richtung, die zurück zu meiner Zelle führt und sagt: "Lass uns gehen."

Überrascht runzle ich die Stirn. Keine Sticheleien. Nicht einmal ein spöttischer Kommentar über meinen misslungenen Fluchtversuch.

Vielleicht ist er es leid den Aufpasser für mich zu spielen.

Ashton weicht meinem überraschten Gesichtsausdruck aus und wedelt ungeduldig mit der Hand vor sich. "Brauchst du eine Extraeinladung?", seine Stimme klingt grimmig und er wirkt wütend.

Ich beiße die Zähne aufeinander und gehe vor ihm die Gänge entlang. Kurz denke ich daran zu flüchten, aber ich kenne mich in diesem Teil des Unterschlupfes nicht aus und Ashton hätte mich innerhalb weniger Sekunden wiedergefunden und dann wäre ich sicherlich nicht so glimpflich davongekommen.

Also gehen wir in eisernem Schweigen die Gänge entlang, während ich mich immer mehr fühle, als hätte ich meinen Lehrer verärgert und würde jetzt bestraft werden, als wäre Ashtons Missfallen bereits die Strafe.

Beinahe wäre ich an meiner Zelle vorbeigelaufen, doch Ashton greift meinen Arm und bringt mich somit dazu stehenzubleiben. In seinem Gesicht steht nichts als Missfallen, als er die kleine, schwarze Box an meiner Tür öffnet und etwas darauf eingibt, als ich die Pieptöne im Kopf mitzähle denke ich, dass es mehr sind, als davor.

Sie haben den Code geändert, stelle ich nicht sonderlich überrascht fest.

Als er wieder spricht ist Ashtons Blick auf etwas hinter mir gerichtet.
"Herzlichen Glückwunsch zur Beförderung, Venka." Sein desinteressierter Tonfall passt nicht zu seinen Worten.

Als ich den Kopf drehe, sehe ich das rothaarige Mädchen vor mir stehen. Sie lehnt an der Wand und betrachtet desinteressiert ihre Fingernägel. Sie trägt dieselbe weiße Uniform doch um ihren Arm schlingt sich nun ein Streifen blauen Stoffes.

Tatsächlich habe ich diese Stoffstreifen auch bei den anderen Rebellen gesehen. Falleens Arm ziert ein zinnoberrotes Stück Stoff. Einzig um Ashtons, Blakelys und Francis' Oberarm liegt kein solches Band.

"Ich schätze das habe ich dir zu verdanken?" Venkas Akzent ist schwer auszumachen, ihre Worte klingen scharf und kantig.

Ashtons Blick bleibt unbeeindruckt und er ignoriert Venkas Vermutung komplett.

"Genug geplaudert, ich werde mich morgen um das hier", seine Augen richten sich auf mich, "kümmern. Du wirst heute Nacht die Wache übernehmen, Venka."

Mit diesen Worten öffnet er die Tür meiner Zelle und schiebt mich sanfter als erwartet hinein. Die Tür hinter mir fällt mit einem endgültigen Geräusch ins Schloss.

Hii,
Falls wer mal Bock hat, meinen TikTok account anzuschauen,
ich heiße dort
hannasopxieb
vielleicht findet ihr dort sogar Videos über Charaktere, die euch bekannt vorkommen 👀 💞 :)

𝐭𝐡𝐞 𝐚𝐬𝐡𝐞𝐬 𝐲𝐨𝐮 𝐥𝐞𝐟𝐭 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt