Se l'amore. Wenn die Liebe.

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1984; irgendwo in Elios Inneren führten sein Herz und sein Verstand einen erbitterten Kampf.

Elio hatte mehr als schlecht geschlafen, denn kurz nachdem Oliver sich aus dem Zimmer geschlichen hatte, war er wachgeworden. Das Bettlaken war noch warm, aber da ein Blick auf die Uhr ihm verriet, dass es schon nach 1 Uhr nachts war, wollte er nicht mehr nach Oliver rufen. Seine verstopfte Nase machte es ihm unmöglich zu schlafen und so war er auch noch um 3 Uhr wach, als er die Wohnungstür ins Schloss fallen hörte. Obwohl er immer noch fieberte, gefror in diesem Moment jede Faser seines Körpers.  Sein schlechtes Gewissen quälte ihn so sehr, dass er zwar zwischenzeitlich immer wieder einnickte, aber richtig tief in den Schlaf, hatte er nicht mehr gefunden. 
Nun war es 7 Uhr morgens und er musste mehr als dringend auf die Toilette, aber er wagte es nicht das Zimmer zu verlassen, aus Angst auf Rebekka zu treffen. Plötzlich hörte er Olivers Stimme aus dem Wohnzimmer.
„Ich gucke, dass ich heute zeitig zurück bin. Ach! Elio ist hier. Er ist krank."
„Habt ihr euch wieder etwas angenähert?"
Elio drückte sich sein Kopfkissen ins Gesicht.
„Ja das haben wir. Ich muss los, bis später."
„Bis später, ich liebe dich."
„Ich liebe dich auch."

Wie konnte er das einfach sagen, fragte sich Elio. Natürlich war er mit Rebekka viel länger zusammen, als sie es in Italien gewesen waren und Oliver sprach zwar davon, dass er Gefühle für ihn hatte und ihn in seinem Leben haben wollte, doch das Wort „Liebe" war nie über dessen Lippen gekommen.
Elio im Gegenzug war sich sicher, dass er Oliver liebte, aber wenn er ehrlich zu sich war, hatte er es so direkt auch nie ausgesprochen. Elio wusste selbst nicht warum es ihm auf einmal was ausmachte, dass Oliver zu Rebekka „Ich liebe dich" sagte. Hatte Oliver ihm die letzten Tage, doch so viel von seinen Gefühlen preisgegeben. „Ich liebe dich" waren nur Worte und im Gegensatz zu Cor cordium nur eine Floskel.

Es klopfte an Elios Zimmertür und dessen erste Intuition war es, sich unter der Bettdecke zu verstecken, bevor er ein krächzendes „Ja" hervorstieß.
Erst steckte Rebekka nur den Kopf durch die Tür, doch dann trat sie ganz ins Zimmer.
„Guten Morgen! Oliver sagt du seist krank?!", sagte sie mit mitleidiger Miene.
Da war sie, die hübsche, wundervolle, mitfühlende, stets besorgte Rebekka. Elio fragte sich, wie er damals nur ansatzweise hatte denken können, dass Olivers Frau nicht zauberhaft seien würde. Nun mal hatte Oliver sich für sie entschieden und sie hatte keine Einwände dagegen erhoben, dass ein völlig Fremder wenige Wochen nach ihrer Hochzeit zu ihnen zog.
Wahrscheinlich war es nur eine stille Hoffnung gewesen, denn die Tatsache, dass er Olivers Frau mochte würde die Sache nur verkomplizieren. Da waren sie also.

Elio fühlte sich wie ein Verräter, ein Lügner, wie der schlechteste Mensch auf diesem Planeten. Er fühlte sich noch schlechter, als damals, als er Marzia das Herz gebrochen hatte.
Wie geht es dir?"
„Ging mir schon besser."
Elio setzte sich im Bett auf, während Rebekka ein Stück näher ans Bett herantrat.
„Brauchst du irgendwas? Soll ich dir was zu essen machen?"
„Danke das ist lieb, aber ich habe keinen Hunger."
Elio schaute im Zimmer umher, nur um den Blickkontakt mit Rebekka zu meiden und dann fiel sein Blick auf das Fläschchen Massageöl. Rebekka musste seinen entsetzten Blick bemerkt haben, denn nun wanderte auch ihr Blick zum Regal. Sie ging darauf zu und nahm das Fläschchen in die Hand.
„Ist das meins? Was hast du damit... oh."
Sie ließ das Öl fast fallen, bevor sie es vorsichtig mit zwei Fingern zurück ins Regal stellte.
„Rebekka es ist nicht so wie du denkst", sagte Elio aus Reflex, denn er wusste, dass es eigentlich noch viel schlimmer war, als sie dachte.
„Behalt das Öl einfach und kaufe mir bei Gelegenheit ein neues. Ruf mich, wenn du was brauchst."
Dann verließ sie wieder das Zimmer.

Den restlichen Tag verbrachte Elio in seinem Bett, bis auf das eine mal, als er sich ins Bad gequält hatte. Immer wenn Rebekka klopfte, stellte er sich schlafend und so schloss er auch gegen Nachmittag erneut die Augen, als es an der Tür klopfte.
Doch dann merkte er, wie sich jemand zu ihm aufs Bett setzte und die Hand auf seine legte.
„Elio ich weiß, dass du nicht schläfst," sagte Oliver in gedämpftem Ton.
Elio öffnete die Augen und lächelte ihn an.
„Hättest du richtig geschlafen, hättest du auf dem Bauch gelegen", sagte er flüsternd und dann etwas lauter.
„Wie geht es dir?"
„Besser als gestern."
Elio schenkte Oliver erneut ein Lächeln. Er war erleichtert, dass Oliver sein Wort hielt und hier bei ihm war.
„Oliver du musst mir helfen eine Wohnung zu finden. Ich kann das hier nicht."
„Ich weiß", antwortete Oliver ebenfalls flüsternd.
Elio wusste nicht wie Oliver es aushielt, aber vielleicht war Oliver es einfach gewohnt zu lügen, da er sich doch ständig selbst belog.
„Möchtest du vielleicht duschen?", fragte Oliver in normaler Lautstärke.
„Eigentlich schon, aber ich glaube das macht mein Kreislauf nicht mit."
„Ich helfe dir."
„Ich weiß nicht", sagte Elio nun wieder leiser, aber Oliver kramte schon nach frischen Sachen in Elios Kommode und streckte ihm dann seine Hand entgegen. Da Elio so wackelig auf den Beinen war, hatte Oliver ihn am Oberarm gepackt.
„Ich helfe Elio eben beim Duschen, danach gehe ich dann einkaufen," rief Oliver Rebekka ins Schlafzimmer zu.
„Ich kann auch eben gehen. Macht ihr das mal in Ruhe."
Rebekka die aus dem Schlafzimmer kam gab Oliver einen flüchtigen Kuss, bevor sie ihren Mantel von der Garderobe nahm und die Wohnung verließ. Elio hatte den Blick abgewandt, so wie er es immer getan hatte, wenn Rebekka und Oliver Zärtlichkeiten austauschten.
„Bitte dreh dich um", sagte Elio, als sie im Badezimmer angekommen waren.
„Was?", fragte Oliver und schüttelte den Kopf. Er drehte sich dann, aber doch wie von ihm verlangt wurde um, während Elio sich auszog und in die Dusche stieg. Das alles strengte Elio mehr an, als er es wahr haben wollte und so bat er Oliver, schon nach kurzer Zeit ihm ein Handtuch durch den Duschvorhang zu reichen. Aber dieser zog den Duschvorhang einfach zur Seite und reichte Elio das Handtuch.
„Oliver", sagte Elio vorwurfsvoll, entriss Oliver das Handtuch und wickelte es um seine Hüfte.
Dann kletterte er aus der Dusche und setzte sich auf den Toilettendeckel, während Oliver sich vor ihm hinhockte.
„Elio dein Verhalten ist total absurd. Ich habe dich schon Dutzend Mal nackt gesehen. Ich kenne dich in und auswendig", flüsterte Oliver.
„Und die Tatsache, dass du flüsterst obwohl wir alleine in der Wohnung sind, ist nicht absurd?"
Oliver lächelte und Elio wertete dies als Zustimmung. Er legte seine Stirn an Elios.
„Ich würde dich so gerne küssen."
„Besorg mir eine Wohnung, dann kannst du dort mit mir tun, was immer du willst."

Zwischen immer und nie  - Call me by your name Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt