1985; irgendwo waren Elio und Oliver ein glückliches Paar, aber irgendwo war nirgendwo und nirgendwo war in der kleinen Wohnung die Elio sein Zuhause nannte.
Dort kauerte Elio immer noch in Tränen aufgelöst auf dem Fußboden. Die Nacht war bereits hereingebrochen und empfing die Leere in Elios Inneren.
Wenige Augenblicke vorher hatte er das Telefonat mit seinem Vater beendet.
„Papa, du hattest recht, aber ich wollte, dass du falsch liegst", hatte Elio in den Hörer geschluchzt.Langsam stand er nun auf, um ins Schlafzimmer zu gehen, aber er war nicht vorbereitet auf das, was er dort vorfand.
Das zerwühlte Bettlaken, in dem sie gerade noch gelegen hatten und das Gedichtband von Paul Celan, welches aufgeschlagen auf dem Bett lag.Nachts, wenn das Pendel der Liebe schwingt
zwischen Immer und Nie,
stösst dein Wort zu den Monden des Herzens
und dein gewitterhaft blaues
Aug reicht der Erde den Himmel.17Elio ließ sich auf das Bett fallen und weinte in das Kopfkissen, das immer noch nach Oliver roch.
Wann war das gewesen, als er hier in Olivers Arm gelegen und dieser mit seinen Locken gespielt hatte, während er laut aus dem Gedichtband vorgelesen hatte, fragte sich Elio. Lichtjahre musste es her gewesen sein, denn von dem Gefühl von Geborgenheit, war nichts mehr da.
Ob er jemanden hätte, den er anrufen könne, hatte sein Vater ihn am Telefon gefragt. Natürlich hätte er Etienne bitten können zu kommen, aber Elio wollte keinen Trost. Er wollte leiden.
Er wollte leiden, für das was er Oliver angetan hatte. Er war hergekommen und hatte alte Wunden wieder aufgerissen, dann hatte er Oliver zu einem Ehebrecher gemacht, nur um schlussendlich dessen Herz in tausend Teile zu zerschlagen.Es war die Zeit, von der Elio dachte sie würden sie nicht haben. Aber er hätte ihnen die Zeit lassen sollen. Vielleicht wäre es besser gewesen, sie hätten sich erst in 15/20 Jahren wiedergesehen, wenn die Kinder, die Oliver dann gehabt hätte, groß gewesen wären, seine Ehe zerrüttet oder sogar geschieden und die Welt zu einem Ort geworden wäre, an dem Oliver seien könnte wie er war.
Dann hätten sie auf ihr Leben zurückblicken können und gewusst, dass die Zeit nicht vergeudet gewesen war, weil sie so noch ein ganzes gemeinsames Leben vor sich gehabt hätten.
Aber jetzt würde jeder Blick zurück, jede Erinnerung an ihre gemeinsame Zeit schmerzen. Denn sie würden ihr Leben getrennt von einander verbringen, da sie ihre Chance vertan hatten. Es war die Zeit!Fast zwei Woche waren seit dem schicksalhaften Samstag vergangen. Elio war nicht ein Mal zum College gegangen. Auch so hatte er nicht viel gemacht, außer seine Entscheidung zu bereuen, sich in seinem Schmerz zu suhlen und auf den täglichen Anruf zu warten.
Die Anrufe hatten an dem Morgen nach der Trennung begonnen. Elio hatte den Anruf entgegengenommen, aber da sich niemand am anderen Ende der Leitung gemeldet hatte, hatte er wieder aufgelegt. Erst beim dritten Anruf an diesem Tage hatte er realisiert, dass Oliver am anderen Ende der Leitung war.
Daraufhin hatte Elio jeden Anruf mit einem:
„Elio, Elio, Elio", entgegengenommen und dann hatten sie 10, manchmal 30 Minuten geschwiegen und Elio war sich nicht immer sicher gewesen, ob es Olivers Atem am anderen Ende der Leitung war, oder das Rauschen des Telefons.
Immer war es Elio, der aufgelegt hatte, immer kurz bevor ihm ein Schluchzer entfuhr.Auch in diesem Moment hatten sie bestimmt schon 20 Minuten in den Hörer geschwiegen. Eine Träne lief über Elios Gesicht und er wimmerte leise in den Hörer:
„Oliver, wir müssen damit aufhören. Bitte ruf nicht mehr an."
Dann hatte Oliver das Telefonat beendet; zum ersten Mal.
Elio wusste selbst nicht warum er so war. Hatte er ihm auch noch die letzte Verbindung nehmen müssen? Hatte er ihm nicht schon genug Leid angetan, fragte sich Elio. Er war wie gelähmt und hielt immer noch den Hörer in seiner Hand, dann wurde das Tuten immer leiser und das Rauschen in seinen Ohren immer lauter.
Er hielt sich die Hand vor den Mund, um den lauten Schluchzer zu ersticken und merkte dann den Schwall Blut der aus seiner Nase schoss und das blaue Flatterhemd, welches er trug, bespritzte.
„Nein, nicht auch noch das Hemd."
Er eilte in die Küche und versuchte das Blut aus dem Hemd zu reiben, aber er machte es nur noch schlimmer.
„Ich habe alles ruiniert."
Er ließ sich mit dem Rücken an der Küchenfront an dieser herabgleiten und hemmungslos weinte.
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Zwischen immer und nie - Call me by your name
Fanfic„Immer war unsere Zeit begrenzt. Dabei wollte ich doch ein ganzes Leben mit dir." Nachdem Elio und seine Eltern von Olivers Hochzeit erfahren haben, beschließt Elio sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und Oliver zurückzugewinnen. Er wird Ol...