Kapitel 10

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Draußen lehnt Jimin mit geschlossenen Augen an der Wand neben der Tür. Doch er öffnet sie genau in diesem Augenblick und blinzelt einmal träge.
„Komm. Bis zu mir sind es 15 .... nein eher 20 Minuten heute."
Damit hebt er seine Tasche schwerfällig auf und geht relativ langsam, zumindest langsamer als üblich vom Schulhof.
Da er sowieso nicht weiß wohin es geht, folgt Jungkook dem Anderen und geht nun neben ihm.

Schweigend beobachtet er Jimin immer mal wieder von der Seite. Seit sie losgegangen sind, trägt er seinen Rucksack nur über eine Schulter. Da er eben und auch nun, seinen linken Arm steif vor dem Körper hält, vermutet er, dass er dort Schmerzen hat. Immerhin würde das die Tablette von eben erklären.

Aber was hat er sich getan? Als sie vor ein paar Tagen ineinander gerannt sind, war noch alles in Ordnung. Oder hat er sich vielleicht dabei verletzt?

„Gib her!" sagt Jungkook nach einer Weile, in der der Kleinere immer schwerfälliger zu gehen scheint und streckt seine Hand nach ihm aus.
„Hm?" macht Jimin mit etwas Verzögerung und schaut den Dunkelhaarigen fragend an.
„Gib mir den Rucksack!"
„Warum?" fragt Jimin und weiß offensichtlich nicht was Jungkook will.
Mit verdrehten Augen nimmt der Größere die Tasche einfach. Die schwachen Proteste ignoriert er dabei einfach.
„Weil du offenbar irgendein Problem hast."
Ertappt bleibt Jimin stehen und reißt die Augen auf.
„Keine Angst. Ich frag schon nicht nach. Es geht mich ja sowieso nichts an," sagt Jungkook und kann dabei nicht verhindern etwas eingeschnappt zu klingen. Doch um seine Aussage zu verdeutlichen, geht er einfach weiter.

Nach den vorhergesagten 20 Minuten stehen sie vor der Haustür der Parks.
„Nimm die Taschen am besten direkt mit. Im Flur würden sie meiner Mum nur im Weg stehen," sagt Jimin während er die Tür aufschließt.

Ist Jimins Mutter so streng oder ordentlich, dass man nichtmal seine Tasche kurz abstellen darf?

Es scheint Jungkook, als wäre alles an diesem jungen Mann rätselhaft. Aber da er nun schon einmal hier ist, wird er ja sicherlich das Eine oder Andere in Erfahrung bringen können.
„Wir sind da!" ruft Jimin in den leeren Flur und deutet Jungkook an ebenfalls hereinzukommen. Dabei sieht und hört er, dass der Kleinere sich ein kleines Glöckchen von der Kommode nimmt und den Schlüssel in eine Schale legt. Das Glöckchen ist an einem kleinen Gummiband befestigt, welches er sich um sein Handgelenk bindet, sodass es nun bei der kleinsten Bewegung leise schellt.
Da Jungkook weiß welche Antwort ihn erwartet, sobald er nach dem Grund fragen würde, ist er dazu übergegangen, alles lieber zu beobachten. Häufig erklären sich die Dinge von selbst. Immerhin ist er ja nicht auf den Kopf gefallen.

„Da seid ihr ja schon. Hattet ihr früher Schluss?" hört Jungkook von einer freundlich klingenden Stimme, die nicht zu seiner Vorstellung wegen der Rucksäcke passt.
Kurz danach hört er neben sich ein kichern, was ihn nun endlich von seiner Schuhausziehaktion Aufsehen lässt.
„Eomma, ich glaube du hast dich in den Klamotten vergriffen," lacht Jimin nun und hält sich eine Hand vor den Mund.
„Oje, hab ich etwa zum lila Kleid die rote Jacke gegriffen? Und das, wo wir heute doch Besuch haben, oder?"

Bei seinem ersten Blick auf Jimins Mutter hat er sofort innegehalten. Vor ihm steht eine Farbenfrohe Frau, die sehr herzlich wirkt. Zur Bestätigung umarmt sie ihren Sohn grade, als wäre er Ewigkeiten nicht da gewesen. Aber das was Jungkook wirklich überrascht, ist ihr Gesicht. Sie hat viel Ähnlichkeit mit Jimin oder sollte man sagen es ist anders herum?
Sie haben zum Beispiel die gleichen vollen Lippen. Doch ihre sind nicht mehr so gleichmäßig wie sie scheinbar einmal waren. Denn ihr Gesicht und Hals sind voll mit vielen kleinen Narben. Auf der linken Seite, die überwiegend von ihren Haaren verdeckt wird, scheinen es sogar noch mehr zu sein.

Und spätestens bei dem Satz ob Jimins Gast auch da wäre, wird ihm klar, dass sie blind sein muss.

„Guten Tag Frau Park. Ich bin Jeon Jungkook," stellt er sich vor und ist sich nun unsicher, wie er sie begrüßen soll. Jedem Anderen würde er einfach die Hand reichen, doch das wäre bei ihr ziemlich überflüssig. Sie würde es ja doch nicht sehen.
„Du brauchst nicht so förmlich sein, Jungkook. Komm her."
Kurz darauf findet auch er sich in ihren Armen wieder. Nach der Begrüßung verabschiedet sie sich zur Physio und wünscht ihnen frohes Schaffen.

Silence (Jikook AU)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt