Seit ich sehr klein war, noch weit davon entfernt ein erfolgreicher Geschäftsmann zu werden, verbrachte ich meine Sommerurlaube bei Onkel Frank auf seinem Anwesen. Tante Magret war leider früh verstorben, ich kann mich nicht mal mehr an sie erinnern, so dass ihm auch keine eigenen Kinder beschert waren. Vielleicht war es genau das, warum er sich so viel Zeit mit mir nahm, vielleicht sah er mich als seinen Ersatzsohn an, den er selbst nicht haben konnte. Meine Eltern hatten nie etwas dagegen, dass ich so lange bei ihm blieb. Sie waren nicht arm, ich hätte überall mit ihnen hinkönnen, doch ich fühlte mich in dem großen Haus und auf dem riesigen Grundstück immer sehr wohl, also liebte ich es, meine Sommer seit frühester Jugend dort zu verbringen. Als ich noch nicht in die Schule ging, blieb ich manchmal den ganzen Sommer über dort, später dann nur die Sommerferien über. Wir gingen spazieren, spielten Football auf dem Rasen hinter dem Haus, ritten aus oder campten einfach irgendwo im angrenzenden Wäldchen und taten so, als wären wir im Dschungel, natürlich mit Lagerfeuer und Marshmallows. Fische fingen wir in seinem Teich und „erjagten" unsere Steaks von Alfred. Später nahm Onkel Frank mich auch öfter mit ins Büro, wenn es seine Arbeit nicht anders zuließ. Miss Nguyen sorgte dann dafür, dass mir nicht langweilig wurde. Wenn es heiß war, und das war es oft, verbrachte ich aber auch gerne Stunden im Pool oder lesend in einer Hängematte unter den großen Bäumen vor der Garage. Später erlernte ich auch bei ihm das Autofahren. Er hatte so einen alten Buick aus den 40er Jahren, den brachten wir gemeinsam zum Laufen und darin fuhren wir dann übers Anwesen, ich war gerade 11 zu der Zeit. Wenn wir etwas benötigten, dann war Alfred zur Stelle. Er war schon immer da, solange ich denken kann. Was ich besonders liebte war, dass ich, anders als bei meinen Eltern, nie mein Zimmer habe aufräumen müssen. Als Kind war das natürlich eine ganz besondere Freiheit. Dafür gab es damals ein Hausmädchen, ihr Name war Tracy. Eine kleine Blonde, mit langen Haaren und immer einem Lächeln auf ihrem Gesicht. Soweit ich mich erinnern kann, war sie damals so um die 18 oder 19 Jahre jung, als Onkel Frank sie mitbrachte. Wie so üblich war auch sie jemand, der vom Leben nicht gerade bevorteilt wurde. Sie lebte auf der Straße und hatte Onkel Frank um Geld angebettelt. Das erweckte sein Mitleid, wie so oft. Er versprach ihr Essen, ein Dach über den Kopf und einen Job, wenn sie mit ihm mitkommen würde. Tracy wurde von da an sein Hausmädchen. Sie servierte unser Essen, erledigte die Wäsche, putzte, oder bediente am Abend im Kaminzimmer und kümmerte sich auch um mich, weil Onkel Frank meinte, eine Frau wäre dafür besser geeignet, besonders als ich noch klein war. Sie war immer sehr nett zu mir, las mir als kleines Kind auch ab und an etwas vor oder passte einfach nur auf, dass mir beim Baden im Pool nichts passierte. Ich fand sie immer lustig anzusehen, in ihrer kurzen, schwarz-weißen Dienstmädchenuniform mit der weißen kurzen Schürze und dem dünnen schwarzem Lederhalsband, an dem ein kleiner silberner Ring hing. Wenn Onkel Frank mit ihr sprach, dann stand sie immer wie eine Soldatin vor ihm, kerzengerade, ihre Hände auf dem Rücken haltend und mit gesenktem Kopf. So machen es Dienstmädchen halt, dachte ich. Für mich war sie aber nicht einfach ein Dienstmädchen, sie wurde auch eine gute Freundin über all die Jahre, wie auch Alfred.
Mit Beginn der High-School wurden die Sommer bei Onkel Frank weniger. Ich fuhr meist mit meinen Eltern weg. Langsam wurden auch Mädchen interessant, doch ich war zu der Zeit ein sehr schüchterner Junge und die Mädchen eher zickig bis arrogant, weshalb ich mich lieber von allem zurückzog, denn gemoppt wurde ich eh genug, da brauchte ich nicht noch das Gelächter der Mädchen. Das war jedoch nicht das Einzige, was auf der Schule nicht klappte, ein Jahr musste ich sogar komplett wiederholen.
Als ich im Alter von 18 die High-School verließ und das Studium noch nicht begann, war ich wieder den ganzen Sommer über bei Onkel Frank, doch diese Ferien sollten anders werden.
Angefangen haben sie eigentlich wie immer.
Das Wetter war in den ersten Wochen fantastisch und ich war viel draußen unterwegs. Da Onkle Frank auch arbeiten musste, waren halt Alfred und Tracy diejenigen, die auf mich mehr oder weniger Acht gegeben haben.

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Neue Wege
RomanceSusan Mey arbeitet sein vielen Jahren als Sachbearbeiterin für die Global-Industries Company mit Sitz in New York. Als der Eigentümer und Leiter der Holding, Franklin H. Carson, plötzlich verstirbt, beginnt eine Zeit der Ungewissheit und Existenzäng...