Das kurze Telefonat mit Robert hat Spuren hinterlassen, ich habe die Nacht deswegen schlecht geschlafen. Es war im Grunde ja nichts, aber ich habe so ein dumpfes Gefühl im Bauch. Meine innere Stimme, die auf sowas meist reagiert, schweigt leider. Daher bin ich verunsichert, was das zu bedeuten hat.
Ich schleppe mich ins Bad und lasse den Tag mit einer warmen Dusche anfangen.
Als ich aus der U-Bahn auf die Strasse trete, ist meine Stimmung wieder besser. Was immer mich auch die Nacht hat wachgehalten ist zum Glück jetzt weg. Ich gehe in Richtung Eingang und als ich gerade drin bin, steht Robert vor mir.
„Guten Morgen Susan", sagt er und lächelt.
„Guten Morgen, Sir Robert. So früh schon hier", sage ich leise und schlage meinen Blick nieder.
„Ja, wir haben noch etwas vor", sagt er.
„Wir?"
„Ja wir. Komm, wir wollen los", erwidert er und nimmt mich am Arm mit nach Draußen.
„Aber ich kann doch nicht einfach....."
„Doch du kannst. Ich bin dein Boss. Vergessen?"
„Ok, wenn du meinst", sage ich und füge mich.
Die Limousine wartet an der Strasse und als ich einsteige erblicke ich Naomi auf der Bank mit dem Rücken zum Fahrer sitzen. Sie beachtet mich nicht.
„Guten Morgen Naomi", begrüße ich sie und setze mich auf die Rückbank zum Heck der Limousine, auf der auch Robert Platz nimmt.
Naomi nickt nur leise, spricht aber nicht.
„Setze dich neben sie Susan", weist Robert mich an und ich folge.
Mein Tuch habe ich artig unter mich gelegt und meinen Rock entsprechend nach oben geschoben.
Die Limousine setzt sich in Bewegung und Robert schaut uns beide an. Ich komme mir komisch vor. Zwei Subs zusammen auf einer Bank und unser Herr betrachtet uns.
„Wohin fahren wir, Sir Robert", frage ich und vergesse dabei, vorher um Erlaubnis zu fragen.
„Das wirst du schon sehen", sagt er knapp.
OK, dann eben nicht, denke ich und schaue zu Naomi rüber, die sich kaum in ihrer Haltung verändert hat. Irgendetwas ist anders. Die Stimmung wirkt gedrückt.
Der Wagen verlässt die stark bebauten Teile der Stadt und es beginnt offener zu werden. Diese Strecke sind wir zuvor noch nie gefahren. Ich hatte vermutet, Robert würde zu seinem Hubschrauber fahren und wir würden dann irgendwo hinfliegen. Offensichtlich aber wohl nicht. Ich werde kribbelig, Ungewissheit mag ich nicht und dazu noch diese Stimmung im Auto. Naomi scheint das überhaupt nichts auszumachen. Sie sitzt da, blick vor sich auf den Boden und schweigt. Ab und an mal eine Bewegung, wo ich denke, sie lebt ja doch noch. Verbotenerweise suche ich zu Robert Blickkontakt, aber er schaut auf das Display seines Tabletts und tipp dann irgendwas. Ansonsten ignoriert er uns beide. Ich könnte platzen, beherrsche mich aber.
Die Fahrt ist langweilig und ich nicke irgendwann ein.
Plötzlich spüre ich eine Berührung, ich schrecke hoch.
„Aufwachen Susan, wir sind gleich da."
„Oh, ich habe geschlafen", sage ich und richte mich auf.
Der Wagen biegt von der Strasse ab und fährt durch ein Tor, welches auf eine Art Allee führt. Die Straße windet sich leicht und nach einer engen Linkskurve fahren wir auf ein altes, großes Haus zu. Ich war noch nie hier, aber ich weiß sofort, wo wir sind. Das muss das Anwesen von Franklin sein.

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Neue Wege
RomanceSusan Mey arbeitet sein vielen Jahren als Sachbearbeiterin für die Global-Industries Company mit Sitz in New York. Als der Eigentümer und Leiter der Holding, Franklin H. Carson, plötzlich verstirbt, beginnt eine Zeit der Ungewissheit und Existenzäng...