Kapitel 9. Der Rummel

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Es ist still. Zu still. Ich sitze auf einem hölzernen Stuhl, gegenüber von Miri und Dennis. Sie haben bereits ein paar Mal zum Reden angesetzt, sind dann aber  immer wieder verstummt. Mir fehlen die Worte. Ich weiß überhaupt nicht, was ich sagen soll. Was ich hier überhaupt mache.

 ,,Cath-...Cathy, ich habe Miri gestern von deinem -Spiel- mit deinem Daddy erzählt." Bricht Dennis dann die Stille. Erzähl mir mal was, was ich noch nicht weiß. Aber ich kann ihnen ja nicht sagen, dass ich belauscht habe. ,,Oh." Gebe ich einfach nur von mir.

  ,,Das tut mir alles so Leid...So schrecklich Leid." Miri schluchzt und zieht mich auf ihren Schoß. Ein Hauch von Liebe breitet sich in mir aus.

  ,,Bitte nicht weinen." Flüstere ich kaum hörbar. Sie nickt und schaut mich mit ihren wunderschönen grünen Augen an. ,,Wie meinst du, sollen wir jetzt vorgehen? Wie wäre es für dich am besten?" Dennis schaut mich erwartungsvoll an. Ich überlege. Ich überlege schon viel zu lange.

,,Willst du vielleicht der Polizei erzählen, was dein Daddy da mit dir gemacht hat?" Ich reiße hektisch die Augen auf und springe von Miri's Schoß.

,,Nein! Nein! Bitte nicht die Polizei! Alles bloß nicht die Polizei!" Ich spiele nervös mit meinen Fingern und schaue hektisch zu Boden. 

,,Keine Sorge. Das war auch nur so eine Frage. Du musst nichts machen, was du nicht willst!" Dennis klopft mir leicht auf die Schulter.

,,Ist gut." Ich versuche zu lächeln, jedoch vergebens.

,,Was sollen wir dann machen?" Frage ich eher zu mir selbst, als zu den Beiden.

,,Tja, das wissen wir leider auch nicht. Mit deinem Vater reden, kann man ja nun nicht mehr." Wendet Miri geknickt ein. Ich nicke traurig.

 ,,Er ist nicht die Art Mensch zum Reden." Ich fasse mir durch die Haare und überlege.

,,Das meinte ich nicht. Dennis und ich waren heute Morgen vor eurem Haus. Alles ist leer. Die gesamte Möbelausstattung ist weg. Das Auto deines Vaters steht auch nicht mehr da. Er ist wie vom Erdboden verschluckt." 

 Ich erstarre. Wenn er nicht mehr daheim ist, wo ist er dann? Und vor allem, Was hat er vor? Ich zittere vor Angst. Mir ist heiß und kalt zu gleich. Soll ich den Beiden von meiner Beobachtung  berichten? Soll ich ihnen wirklich erzählen, dass ich Daddy gestern Nacht hier in der Straße gesehen  habe? Nein. Nein, das werde ich nicht tun. Ich will ihnen keinen Schrecken einjagen, es kann ja auch sein, dass ich mich verguckt habe,

  ,,Natürlich werden wir uns weiterhin um dich kümmern, wenn du magst. Bei uns bist du sicher. Dir wird wirklich nichts passieren." Verspricht mir Miri. Dankend setze ich mich wieder auf ihren Schoß. Wieder kehrt diese unangenehme Stille ein.

  ,,Wir können ein andern Mal weiterreden. Ich glaube Cathy braucht jetzt etwas Ablenkung. Und was kommt da gelegener als ein Rummel? Wollen wir nicht mal da hin? Ich meine, da wird es bestimmt Zuckerwatte geben und ich liebe Zuckerwatte!" Dennis schenkt mir ein großes Lächeln. Ich bin froh, nicht weiter über das andere Thema sprechen zu müssen.

 ,,Ja, sehr gerne! Da würde ich mich total freuen!" Lache ich.

 ,,Ich komme auch mit." Jubelt Miri. Aber ich sehe, wie  sie sich dazu zwingt, nicht wieder zu weinen. Wow, sie ist echt geschockt, von dem, was ich Dennis erzählt habe. Ich mag Miri. Ich mag sie wirklich, Sie könnte Mummys Schwester sein. Bei dem Gedanken muss ich schmunzeln.

 Als wir dann alle im Auto sitzen, bin ich schon gespannt auf den Freizeitpark. Das letzte Mal, als ich da war, war vor einem halben Jahr. Daddy wollte ja nie mit mir dort hingehen. Schnell versuche ich, an etwas anderes zu denken. Der Tag soll schließlich schön werden. 

Bleeding WingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt