Kapitel 12. Eine Nacht voller Ängste.

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Was habe ich eigentlich so Schlimmes getan, dass mir so etwas passieren muss? Darüber zerbreche ich mir nun schon seit Stunden den Kopf. Mittlerweile ist es dunkel geworden. Dicke, graue Wolken bedecken den Nachthimmel und verstecken die Sterne und den Vollmond.

 Ich seufze. Wie es Dennis und Miriam jetzt wohl geht? Was werden sie jetzt wohl machen? Wahrscheinlich sitzen sie gemütlich auf der Couch und machen sich einen schönen Fernseh-Abend mit Chips und Cola. So langsam fange ich an, Daddys Worten Glauben zu schenken. Sie werden mich vergessen haben, sonst hätten sie mich doch schon längst gefunden, oder nicht? Wie es aussieht, hatte Daddy wirklich Recht.

  Jetzt sitze ich hier, unter meinem ausbruchsicheren Fenster und trauere den schönen Zeiten nach, wie ein Häufchen Elend. Mein Magen knurrt wie noch nie zuvor. Auch meine Kehle ist vollkommen ausgetrocknet. Zu allem Überfluss spüre ich, wie etwas Nasses meine Hand streift. Erschrocken starre ich auf meine Finger und bin erleichtert, als es kein Blut ist. Es ist nur Wasser. Es hat nur angefangen zu  regnen. 

 Lauter kleine Regentropfen prasseln gegen die Gitterstäbe. Manche tropfen hindurch und fallen auf meine verschwitzten Haare. Ich will auch gar nicht wissen wie ich aussehe. Betrübt schaue ich weiter in die Ferne. Mummy hat immer gesagt, dass wenn es anfängt zu regnen, sich ein Unwetter anbahnt. 

Ich schlage mir meine feuchte Hand gegen die Stirn. Bitte lass es nicht mit donnern und gewittern! Ich hasse Gewitter! Die lauten, dröhnenden Geräusche tun mir in den Ohren weh. Ein Grund, weshalb ich nie Silvester gefeiert habe. 

 Meine rechte Wange ist nass. Aber nicht, weil es regnet, sondern weil ich weine. Schon die ganze Zeit. So allein wie jetzt bin ich mir seit dem Tod von Mummy nicht mehr vorgekommen.

Ich schluchze. Ich habe doch nie etwas Schlimmes gemacht. Ich habe immer fleißig gelernt und habe immer, wie ein Wachhund, darauf aufgepasst, dass ich im Gehen keine Ameise zertrete. Immer habe ich auf den Bürgersteig geschaut, um ja kein Krabbeltier zu zertreten. Einmal bin ich dabei sogar gegen einen Pfeiler gelaufen.

Schwer atmend umschlinge ich meine angewinkelten Beine. Was will er eigentlich noch von mir? Was soll ich jetzt noch für den Teufel tun? Er kann mich doch nicht nur aus dem Grund entführt haben, dass ich jetzt die ganze Zeit mit ihm spielen soll! Da muss noch etwas anderes sein!  Der Gedanke daran, was er noch alles mit mir vorhat, verpasst mir eine feine Gänsehaut auf dem Rücken.

 Schon bald lässt mich der Geruch von nassem Holz und Wald beruhigen. Gerade als ich aufstehen will, läuft eine kleine Gestalt an mir vorbei. Hektisch presse ich mich gegen die Wand und sehe dem kleinen Schatten zu, wie er hin und her huscht. Eine Maus. Zum Glück habe ich nur Angst vor Gewittern und nicht vor Tieren. 

  ,,Na kleine Maus, bist du hier genauso eingesperrt, wie ich?" Schwer seufzend schließe ich die Augen. Schade das Tiere nicht reden können. Vielleicht hätte mir das Mäuschen sagen können, wie ich hier wieder raus komme. Wahrscheinlich hat sie auch genauso großen Hunger wie ich. Mummy hat immer gemeint, man soll keine Tiere, schon gar nicht Ratten oder Mäuse streicheln. Aber diese Maus muss ich streicheln. Sie ist hier doch genauso gefangen, wie ich!

  Als ich meine kleine Hand nach ihr ausstrecken will, läuft sie weg. Ich bin schon fast traurig, als das Tierchen in einem unscheinbaren Loch in der Wand verschwindet. Jetzt ist mein einziger Gesprächspartner weg. Meine einzige Gesellschaft. Schlimmer kann's ja schon gar nicht mehr kommen. Doch da täusche ich mich, denn es beginnt zu gewittern. 

  Kreischend werfe ich mich auf das Bett und vergrabe mein Gesicht in dem flauschigen Kopfkissen. Als diesmal ein heftiger Blitz aufschlägt, halte ich mir fest die Ohren zu. Ich habe Angst. Eine kleine Träne kullert über meine blasse Wange. 

 Einige weitere Male blitzt es und es wird immer lauter. Bitte verschwinde! Bitte mach, dass es aufhört! Bete ich im Stillen, aber anscheinend werde ich nicht erhört. Was, wenn jetzt ein Blitz einen Baum trifft und ein riesiges Feuer ausbricht? Was, wenn ich sterbe?

Schnell will ich den Gedanken bei Seite schieben, aber es funktioniert nicht. In meinem Kopf ertönt des Teufels schreckliche Lache. Ich schlage beide Hände über den Kopf und will, dass dieser Alptraum endlich ein Ende hat. Ich will, dass ich  ihn nie wieder sehen muss. 

Dass er aus meinem Leben verschwindet.

 Ich muss hier raus!

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 Hallo liebenswerte Leser, dieser nicht immer so liebenswerten Story,

Wie hat's euch denn gefallen? Ich habe dieses Mal nicht ganz so krass geschrieben, wie beim letzten Kapitel, da das anscheinend einige Leute nicht verkraften konnten. Ich weiß auch, dass das Kapitel nicht gerade das Längste ist, aber ich wollte unbedingt Cathy's Ängste noch einmal hervorheben:) ......Jedenfalls geht die Widmung dieses Mal, wie versprochen, an @LittlePinkPrincessx3, weil ich mich in ihre Kommentare verliebt habe und sie einfach 'ne ganz Süße ist

Liebe Grüße,

hate_spiders :)

Bleeding WingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt