Kapitel 8. Das Flüstern in der Küche

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Es ist schon spät in der Nacht, als ich erneut aufwache. Beunruhigt taste ich nach Dennis, aber dieser liegt nicht mehr neben mir. Ein Hauch von Angst durchfährt mich. Wo ist er nur hin?

Noch im Halbschlaf tapse ich aus dem Bett und drücke vorsichtig die kühle  Türklinke nach unten, ich will ja niemanden wecken. Aber irgendetwas ist komisch. Ich höre Stimmen. Die Stimmen von Miri und Dennis. Sie reden miteinander in der Küche. Da ich die Beiden nicht stören möchte, will ich wieder zurück in mein Bett kriechen, aber als ich höre, wie Dennis meinen Namen ausspricht, werde ich stutzig. Erzählt er Miri etwa, was ich ihm erzählt habe?

 Wie in Trance schleiche ich leise die Treppe nach unten. Bei jeder Stufe geben die Holzdielen einen kaum wahrzunehmenden Laut von sich, trotzdem versuche ich so leise wie möglich zu bleiben. 

 Als ich schließlich bei der letzten Stufe angekommen bin, lasse ich mich langsam an dem Geländer hinuntergleiten. Ich habe nichts weiter an als einen dünnen Pyjama. Mir ist kalt, aber ich versuche ein Zähne klappern zu unterdrücken. Meine eisigen Hände reibe ich aneinander, um wenigstens ein bisschen Wärme zu erzeugen.

>>Das verstehe ich nicht<< Höre ich Miri stutzend sagen.

>>Was verstehst du nicht?<< Dennis scheint ein wenig verärgert.

>>Versteh mich nicht falsch Schatz, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, das Cathy dich so nah an sich gelassen hat<< Das hätte ich auch nie für möglich gehalten. Für eine kurze Weile ist es still.

>>Hat sie aber. Du willst auch gar nicht wissen, was sie mir erzählt hat<< Er will es ihr also doch erzählen.

>>Was hat sie dir denn erzählt?<<

Schweigen. Panisch reibe ich meine Hände stärker aneinander, und lege meinen Kopf in den Nacken. Er will es ihr also wirklich erzählen. Und das Schlimme ist, das ich nicht weiß, ob es eine gute oder schlechte Entscheidung ist.

 >>Cathy wurde von ihrem Vater vergewaltigt. Mehrmals<< 

 Vergewaltigt? Was ist denn eine Vergewaltigung? Daddy hat mit mir nur ein Spiel gespielt! Es kommt doch vor, dass man manche Spiele nicht leiden kann, oder nicht? Und spielt das nicht eigentlich  jedes Kind mit seinem Vater?

 >>Was?<< Fragt Miri fassungslos.

 >>Sie wurde von ihrem eigenen Vater missbraucht?<< Missbraucht?

 >>Scheiße.<< Schluchzt sie nun. So etwas sagt man nicht! Korrigiere ich sie nun im Kopf und muss mir ein Kichern verkneifen.

>>Oh Gott. Ich wusste ja, dass ihr Vater bestimmend und selbstlos sein kann, aber dass er so etwas macht? Sie ist doch noch ein kleines Kind!<< Jammert sie nun.

>>Ich bin auch schockiert….Ich bin einfach sprachlos. Cathy denkt, dass das Ganze nur ein Spiel ist. Sie begreift noch nicht, was da mit ihr gemacht wurde<<

>>Ein Spiel? Das ist doch kein Spiel! Das ist eine Straftat!<< Jetzt verstehe ich gar nichts mehr.

  Miriam weint. Sie will gar nicht mehr damit aufhören. Schon wieder weint jemand wegen mir. Schon wieder habe ich jemanden enttäuscht. 

 >> Liebling, nicht weinen. Wir müssen uns jetzt so gut wie möglich um Cathy kümmern, das ist das Wichtigste<< Versucht ihr Freund sie zu trösten, aber vergebens.

>>Dennis, kannst du mir mal sagen, was wir jetzt machen sollen? Sollen wir vielleicht zur Polizei gehen und Anzeige erstatten?<< Oh Nein! Keine Polizei! Bloß keine Polizei!

>>Nein. Wir sollten erst mal abwarten. Vielleicht können wir ja auch versuchen, ein vernünftiges Gespräch mit ihrem Vater zu führen. Was meinst du Schatz?<< Haha, ja. Als ob Daddy sich von irgendjemanden  etwas sagen lassen würde. 

 >>Ach, Reden bringt bei Mr. Stirling doch nichts. Weißt du noch, wie er mich gefeuert hat? Ohne jeglichen Grund? Ich hab's selbst erlebt, wie er ausrasten kann. Mit dem lässt es sich nicht reden<< Ich fühle mich schuldig. Ich fühle mich schuldig für Miriam, dass Daddy sie gefeuert hat.

 >>Gut, aber was sollen wir dann machen?<< Dennis klingt besorgt und Hilflos. Sehr hilflos.

>>Wir werden Morgen mit Cathy sprechen. Vielleicht finden wir ja dann eine Lösung.<<

 Wir werden keine Lösung finden. Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Möglichkeit Nummer eins: Daddy wird mich selbst finden und sauer sein. Nein, er wird mehr als sauer sein. Ich habe Angst, dass er mir wieder wehtun wird.

Möglichkeit Nummer zwei: Wir drei werden ihn suchen und probieren ein vernünftiges Gespräch mit ihm zu führen, was sowieso nicht klappen wird. Wer weiß, was er mit Miri und Dennis anstellen wird, wenn er erfährt, dass ich ihnen von unserem Spiel erzählt habe. Die Beiden können doch aber nichts dafür! Letztendlich werden wir uns so oder so begegnen. Aber wenn es so seien sollte, soll er Miri und Dennis aus dem Spiel lassen.

 >>Miri?<< Höre ich Dennis ein wenig schüchtern fragen.

 >>Ja?<<

>>Hab ich dir eigentlich schon mal erzählt, dass du die wunderschönste Frau bist, die ich je gesehen habe?<< Wenigstens sprühen hier zwei Personen voller Liebe.

>>Nein hast du nicht<< Ich spüre förmlich, wie sie lächelt.

>>Bist du aber<< Oh, wie süß. 

>>Ich liebe dich<<

>>Ich liebe dich auch<< Ich höre und sehe auch ein bisschen, wie sich die Beiden leidenschaftlich küssen. Okay aber was zu viel ist, ist zu viel. Leise fange ich an zu kichern und gehe langsam die Treppe nach oben. Zum Schlafen bin ich jetzt viel zu aufgedreht. Ich schaue aus dem Fenster.

Der Himmel ist sternenklar erhellt und der Mond scheint strahlender als sonst. In den Wohnungen und Häusern brennt kein Licht mehr. Ein kleiner Wald befindet sich auf der linken Seite vom Haus. Ein plätschernder Bach kreuzt die Stadt mit den Feldern und Wiesen. Alles sieht so friedlich und harmonisch aus.

 Gerade will ich mich wieder hinlegen, als ich ein kleines, schwaches Licht die Straße entlang schweben sehe. Hastig reibe ich mir die Augen, in der Hoffnung, dass ich träume, aber das Licht ist immer noch da. Beim genaueren Hinsehen, stelle ich fest, dass es sich um das Licht einer Taschenlampe handelt. Ich versuche den Menschen zu erkennen, der die Lampe festhält, aber es zu düster um irgendetwas erkennen zu können. Da ist nur die grobe Silhouette eines Menschen. Eines Mannes, der gerade in eine kleine Nebenstraße einbiegt. Die ganze Zeit sieht er sich um, als ob er nicht gesehen werden will, weil er auf der Flucht ist.

 Und da trifft es mich wie der Blitz.  Er ist das! Er sucht nach mir! Er wird weiterhin nach mir suchen. 

Er wird nicht aufgeben, bis er mich gefunden hat.

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Hallo Freunde der Sonne :D, 

-Geister-Leser- Ich bitte euch inständig um Rückmeldung, wie ihr das Kappi so fandet. :3 Es tut nicht weh, mir ein kleines Feedback dazulassen ;3

Danke an alle, die fleißig voten & Kommentieren ♥ Das Kapitel widme ich  @IsabelStylinson. Ich glaube sie weiß auch warum. Sie tritt mir immer in den A*sch um weiter zu schreiben. Hab dich lieb:*

Ich wünsch euch noch einen schönen Tag,

hate_spiders

Bleeding WingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt