„So einfach kommst du mir nicht davon"

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Aiden schaut von der Münze zu meinen Augen. „Meine Mutter."

Ich erinnere mich, wie ich ein Bild von ihr in der Eingangshalle sowie im Arbeitszimmer gesehen habe. Blondes, lockiges Haar, grüne Augen und ein Lächeln welches mit der Sonne konkurrieren kann.

„Sie starb als ich jünger war. Sie war schwer krank. Keiner konnte ihr helfen, denn niemand wusste was ihr eigentlich fehlte. Seither ist mein Vater abwesender. Ihr Tod hat ihn verändert. Er hat uns alle verändert. Mein Bruder hat sich in Abenteuer gestürzt, ist kaum zu Hause. Meine Schwester verbringt viel Zeit mit ihrer Freundin, eine Tochter eines angesehenen Barons, welcher Teil des Beratungsrats ist", sagt er leise. Seine Stimme ist brüchig und birgt so viel Schmerz.

„Es tut mir leid." Ich weiß nicht was ich sagen soll. Ich wusste nichts von der tiefen Trauer der Familie.

„Wir leben mit der Trauer und tragen die schönen Erinnerungen in uns."

Ich nehme seine Hand und drücke sie fest. „Danke, dass du es mir erzählt hast. Meine Mutter und ich versuchen die Abwesenheit meines Vaters zu verdrängen. Sie stürzt sich in Arbeit und ich verliere mich in den Tiefen der Bücher."

„Ihr beide seid starke Frauen. Ihr lasst euch nicht unterkriegen. Das bewundere ich sehr. Ich hoffe, dass meine Schwester ebenfalls so wird wie du. Stark. Unabhängig. Mutig." Er sieht kurz zu den Pferden, ehe er auf die Münze zeigt.

„Eines Tages wird es mein Gesicht sein, welches jede Münze zieren wird. Zusammen mit meiner Königin." Aiden atmet schwer aus. „Das ist der Grund, warum ich gestern so abwesend war", fängt er an, „Ich dachte er würde mir mehr Zeit geben, um-" Aiden lässt den Satz in der Luft hängen.

„Zu heiraten, wen du willst?", versuche ich den Satz zu beenden.

Er reißt ein paar Strüppel Gras ab. „Ich dachte, als König hat man die Macht Gesetze zu ändern, doch wenn die Moral veraltet ist und so sturköpfig wie mein Vater ist, kann ich es nicht ändern. Der Rat müsste ebenfalls zustimmen."

Schuldgefühle machen sich in mir breit. Warum eigentlich? Ich habe ihm nichts getan. Doch, ich habe zugelassen, dass er sich in mich verliebt. Wenn ich nicht wäre, würde er eine Prinzessin heiraten. Womöglich dachte er, dass wir eines Tages heiraten werden. Ein glückliches Leben führen. Wie sehr ich es auch will, kann ich es nicht zulassen. Ein Leben als Königin zu leben, klingt verlockend. Mit der Liebe deines Lebens. Zusammen alt werden. Wer würde es nicht gern leben wollen?

Doch er kann mich nicht heiraten. Ich bin nicht royal geboren. Kein Titel ziert meinen Namen. Dann wäre da noch das offensichtlichste Problem. Ich bin kein Buchcharakter. Es könnte mit uns nicht klappen. Leider ist da zwischen uns etwas, was all diese Fakten verdrängt. Ich weiß nicht, ob es Liebe oder nur Aufregung ist. Ich hoffe, ich werde es noch in meiner Zeit, die mir in Andastra bleibt, herausfinden.

Ich sehe zu Aiden. Es ist traurig mit anzusehen, wie eine Person gezwungen wird seiner Pflicht nachzugehen. Ich habe die Prinzessinnen immer um ihre schönen Kleider, den Schmuck und die Bälle beneidet. Das Gefühl, dass sie ein sorgenfreies Leben führen und alles besitzen, was sie sich wünschen. Doch all der Prunk und der Titel haben seinen Preis. Man lebt nur nach den Regeln der Monarchie. Ob man es will oder nicht.

„Vielleicht ist eine schöne, anmutige und liebe Frau heute Abend dabei", sage ich mit ruhiger Stimme und versuche ihn aufzubauen. Auch wenn ich mich innerlich Ohrfreigen könnte.

„Ich möchte keine andere. Ich möchte-", er sieht mich an. Sein Blick sieht so verzweifelt aus. Will er etwa wirklich sagen, dass er lieber mich heiraten möchte. So wie ich es mir gedacht habe. Ich weiß nicht was ich sagen soll. Also schweigen wir und schauen in die Ferne. Eine Zeit lang ist es ruhig. Nur der leichte Wind ist zu hören, wie er durch die Blätter der Bäume weht.

Ich ziehe meine Schuhe aus und richte mich auf. Mein Blick wandert zum See. Mit schnellen Schritten bin ich am Ufer. Wie der Fluss ist das Wasser so klar und rein. Die Fische schwimmen umher und springen ab und an aus dem Wasser.

Vorsichtig hebe ich den Saum meines Kleides und tunke einen Fuß in das Wasser. Es ist warm. Nicht zu warm, dass es unangenehm ist. Also tauche ich meinen anderen Fuß ebenfalls hinein. Mit kleinen Schritten laufe ich durch den flachen See. Die Fische um mich herum, schwimmen seelenruhig neben mir her. Einige von ihnen streifen meine Beine und ich muss kichern.

Aiden sieht mir zu. Ein Lächeln ziert sein Gesicht. Leider reicht es nicht bis zu seinen Augen, welcher voller Sorge sind.

„Willst du dich nicht etwas abkühlen?", frage ich nach und spritze etwas Wasser in seine Richtung.

„Ich sehe dir lieber dabei zu", antwortet er und beißt ein Stück von dem kanten des Brots ab.

„Ist das so?", frage ich herausfordernd und nehme etwas Wasser in meine Hände. Dann springe ich aus dem See und versuche das Wasser auf Aiden zu verschütten. Zumindest das, was noch übrig ist.

„Thalia!", schreit Aiden erschrocken auf. Damit hat er nicht gerechnet. Seine Kleider sind zum Teil nass geworden. Das Hemd klebt leicht an seiner muskulösen Brust. Ich versuche nicht so auffällig hinzuschauen und lache. Ein schelmisches Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus. Ehe ich mich versehe, liege ich auf der Decke. Über mir ist Aiden. Seine Arme sind neben meinem Gesicht abgestützt.

„Jetzt hast du mein Schönes Hemd durchnässt. Ich glaube, dass verlangt nach Rache", haucht er mir ins Gesicht. Ich kann nicht anders, als mir auf die Lippe zu beißen. Die Spannung, welche sich zwischen uns aufgebaut hat, könnte jeden Moment explodieren.

Er nimmt beide meiner Hände in seine und legt sie über meinen Kopf. Jetzt bin ich wehrlos. Machtlos gegenüber seiner Rache. Aiden setzt sich auf meinen Bauch und beginnt mich durch zu kitzeln. Erschrocken reiße ich die Augen auf. Damit habe ich nicht gerechnet. Ich schreie auf. Lache. Doch seine Finger kitzeln genau die Stellen, an welchen ich schwach bin. Ich kichere so sehr, dass ich vergesse Luft zu holen.

„Aiden! Ich ... kann ... nicht mehr", japse ich, doch es stößt auf taube Ohren.

„So einfach kommst du mir nicht davon", sagt er und sein Lächeln wird breiter.

„Nein!" lache ich erneut. „Bitte ... ich ... kapituliere", stoße ich zwischen Lachern hervor und spüre wie Tränen mein Gesicht herunterlaufen.

„Ich erlasse deine Strafe", setzt er an. „Aber nur unter einer Bedingung."


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