Kapitel 1

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•Caleb•
Die Sonne brannte unerbittlich auf den staubigen Reitplatz herab, während ich meinen langbeinigen Hannoveraner auf den nächsten Sprung zu dirigierte.
Noch in der Wendung setzte ich mich tief in den Sattel und saß ihm somit im Kreuz.
Sein gleichmäßiges Schnauben, seine gespitzten Ohren und das erhöhen seines Tempos gaben mir die Gewissheit das Pico abspringen würde, selbst wenn ich die Distanz nicht treffen sollte.

Allerdings wollte ich die Distanz treffen, es war der letzte Sprung für heute und somit der letzte Sprung vor unserem Turnier am Wochenende.
Ich wollte das wir diese Runde sauber beendeten und ich mit einem guten Gewissen absteigen konnte.
Als ich meine Distanz sah, nahm ich mir den Wallach noch mehr zurück und sah über den Sprung hinweg.
4 Galoppsprünge
Ich atmete tief ein.
3 Galoppsprünge
Pico's Gegendruck wurde stärker.
2 Galoppsprünge
Ich atmete aus.
1 Galoppsprung
Ein letztes Mal setzte ich mich tief in den Sattel, bevor ich die Hand vorgab und geübt meinem Oberkörper Richtung Pico's Hals gleiten lies.

Ohne Probleme übersprang mein Fuchswallach den hohen Oxer und das berauschende Gefühl als könnte ich fliegen, zog über mich hinweg.
Wie ferngesteuert lies ich meinen Körper zurückfallen und nahm meine Hand leicht mit nach hinten, während Pico's Hufe auf den sandigen Boden trafen und er zufrieden schnaubte.

Direkt nahm ich den Entlastungssitz ein und lies ihn am langen Zügel weiter galoppieren während ich seinen Hals klopfte.
Zufrieden parierte ich zum Trab durch und lies ihn mit langen Schritten ein paar Runden um die Sprünge herum traben, bevor der Fuchs in einen fleißigen Schritt verfiel.

Erschöpft wischte ich mir den Schweiß aus meinem Gesicht.
Verdammt, bin ich fertig.
Mein Blick glitt auf mein Pferd herab, seine Brust und sein Hals waren komplett verschwitzt, doch auch er sah zufrieden aus.
Erneut schnaubte er, als hätte er meine Gedanken gelesen und wollte sie nun bestätigen.
Lächelnd strich ich durch seine Mähne, wir werden das Turnier rocken, da war ich mir sicher.
———
„Ach Caleb, Schätzchen! Da bist du ja. Und wie war dein Training? Hast du Hunger? Ich habe Essen gemacht!"
Lächelnd beobachte ich meine Mutter, wie sie durch die Küche wuselte und mich mit Fragen überhäufte.

Ja, ich wohnte mit 22 noch bei meinen Eltern, allerdings wüsste ich nicht wo ich sonst hinwollte.
Unser Hof, auf dem all die Pferde meines Vaters standen, war einfach der Ort an den ich hingehörte.
Mein Herz sagte mir eindeutig das es falsch wäre auszuziehen.

„Hey Mum"
begrüßte ich sie, bevor ich auf all die Fragen einging.
„Training war gut, Pico hat wieder alles gegeben"
Ich zog mir einen Stuhl unter dem Küchentisch hervor und lies mich darauf fallen.
„Und ja, ich habe Hunger"
„Das freut mich zu hören, ich freue mich das alles so wunderbar klappt"
Sie stellte mir einen Teller mit Lasagne beladen, vor die Nase bevor sie sich gegenüber von mir setzte.
Ein kurzes Lächeln huschte über meine Lippen, bevor ich anfing zu essen.

„Ist Dad im Büro? Ich habe ihn im Stall garnicht gesehen."
Fragend sah ich zu meiner Mutter herüber, sie nickte und lächelte dann zufrieden.
„Er hat einen neuen Interessenten für die leere Box an der Angel"
Erleichtert atmete ich aus.
„Das hört sich prima an"
„Ja oder? Er sagte er würde heute klären, wann sie Zeit hätten sich den Hof anzusehen"
Kurz nachdem sie das gesagt hatte, hörte man Dad's Bürotür und ein poltern auf der Treppe, bevor er in der Küche stand.
„Hallo, mein Sohn"
Ich nickte ihm zu, bevor er sich meiner Mutter zuwendete.

Mein Vater und ich hatten kein wirklich enges Verhältnis zueinander, zumindest nicht mehr seitdem ich mich als Schwul bei meiner Familie geoutet hatte.
Ich wusste das er mich nicht hasstest, aber irgendwas unausgesprochenes lag schwer zwischen uns und umso mehr wir versuchten es zu ignorieren, umso schlimmer wurde es.
Meiner Mutter hingegen war es ziemlich egal gewesen, sie hatte sich sogar für mich gefreut das ich mir selbst einen Schritt näher gekommen war.
So waren ihre Worte gewesen.

„Sie würden morgen Vormittag kommen und sich alles hier ansehen wollen"
Riss mein Vater mich aus meinen Gedanken.
Nachdenklich nickte meine Mutter.
„Das ist doch in Ordnung"
stimmte sie zu, doch mein Vater rümpfte nachdenklich die Nase.
„Ich bin morgen Vormittag nicht da, deswegen übernimmt Caleb ja auch 2 Berittpferde, könntest du sie herumführen?"
Hoffnungsvoll sah er meine Mutter an, kurz dachte sie nach, ehe sie langsam nickte.
„Okay, wann kommen sie?"
„Sie wollten um 11:00 Uhr da sein"
„Das sollte in Ordnung gehen, aber nun setz dich erstmal hin und iss was! Das kann sich ja keiner mit ansehen!"

Belustigt grinste ich in mein Wasserglas.
Meine Mutter bemutterte alles im Umkreis von zwanzig Metern.
Egal ob Pflanzen, Tiere oder Menschen.
Dieser Angewohnheit beugte sich mein Vater schnell und setzte sich ebenfalls zu uns.
Stumm as ich mein Essen und machte mich gedanklich über die Tatsache lustig, das meine Mum nie und nimmer Widerworte dulden würde, wenn es ums essen ging.

About you and Me (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt