Kapitel 22

580 22 1
                                    

•Toby•

„Lass doch mal dein Bein dran, dann würde deine Etepetete Stute auch mal die Pirouette ordentlich durchführen"
Angestrengt sah ich zu Silas herüber, der gelangweilt auf der Aufstiegshilfe in der Mitte des Platzes saß.
Coco hatte wieder mal nur scheiße im Kopf und sah es keinen Meter ein mitzumachen.

Sie überhaupt gescheit durchs Genick zu reiten war heute eine Herausforderung und dennoch wollte Silas hohe Dressur Lektionen von meinem Springpferd sehen.
Gereizt drückte ich meine Beine zu, woraufhin meine Schimmelstute einen beleidigten Bocksprung hinlegte.
„Ich habe kein Bock auf die Scheiße"
rief ich ihm zurück als sie anfing zu steigen.
„Ich auch nicht und trotzdem bin ich hier"
Schulterzuckend sah mein bester Freund mir dabei zu, wie Coco ihre schönsten Wiedersetzungs Versuche hinlegte.

Als ich sie dann wieder in einen vernünftigen Galopp geritten bekam, setzte ich erneut zu der Pirouette an.
Blöd nur, das mein Pferd andere Pläne hatte.
Sie sprang herum, was ich noch gut weg saß.
Als ich mein Bein anlegte und die Zügel nachfasste fing sie allerdings an, wildbockend über den Platz zu scheppern.
Als sie in der Kurve einen ungünstigen Haken schlug, verlor sie mich und rannte munter ihre Runden ohne mich weiter.
Genervt rappelte ich mich auf und sah meiner Stute missbilligend hinterher.
Silas bekam sich währenddessen nicht mehr ein vor lachen und würde demnächst von dem Hocker fallen, wenn er so weitermachte.
„Sehr witzig"
brummend drückte ich mich wieder auf die Beine und klopfte mir den Dreck ab.

„Weißt du? Manchmal frage ich mich ob du dein Pferd zum ersten Mal reitest"
Kopfschüttelnd kam ich auf ihn zu.
„Und ich frage mich wie du Trainer geworden bist"
Meinen Weg zu der mir gegenüberliegenden Seite fortsetzend, hörte ich ihn bloß empört schnauben.
Coco sah mich neugierig aus ihren braunen Augen an, als ich auf sie zukam und schlussendlich in ihren Zügel packte.
„Blöde Zicke"
murmelte ich und zerrte sie zum Aufsteiger.
„Schwing deinen Arsch da runter"
Grinsend erhob Silas sich und ich erklomm die kleine Erhöhung.
Coco stand vor mir als hätte sie nie etwas getan und auch als ich aufstieg blieb sie stehen.

Ich trieb sie an und kurz darauf hatte ich schon keine Lust mehr.
Sie legte die Ohren an und erst nach einer erneuten Aufforderung entwickelte sie den Trab.
Silas beobachtete uns stumm dabei, wie ich versuchte mein Pferd den Umständen entsprechend Dressur zu reiten.
„Ist die rossig?"
„Ist das eine ernstgemeinte Frage?"
Natürlich war sie das.
Ein erneuter Bocksprung als wir angaloppierten.
Kurz darauf lief sie artig unter mir auf dem Zirkel.
Auch den Galoppwechsel sprang sie sauber durch.
Seufzend parierte ich durch, lobte sie und gab ihr etwas Zügel.
Sofort streckte sie sich nach unten ab.
„Was wird das jetzt?"
„Nach was sieht es denn aus? Ich habe kein Bock mehr"
Wiederholte ich meine Aussage vor meinem Abflug.
Silas verdrehte die Augen.
„Läuft jedes Training bei dir so ab?"
Ich antwortete darauf nicht, sondern ritt Coco trocken.
•••
Als ich am Putzplatz stand, gesellte sich Silas wieder zu mir.
Grinsend strich er über den Hals meines Schimmels, während er mich musterte.
„Ist was?"
fragend sah ich ihn an und unterbrach meine Tätigkeit, die darin bestand Coco's Fell zu bürsten.
„Das könnte ich genauso gut auch dich fragen"
Wissend sah er auf meinen Hals herab, was mich dazu veranlagte automatisch meine Finger über die Stelle streichen zu lassen.
„Kannst du auch einmal etwas umkommentiert lassen?"
„Wie war's?"
Vorwurfsvoll sah ich ihn auf das übergehen meiner Frage hin an.
Schlussendlich putzte ich das Fell meiner Stute weiter.
„Es ist nichts passiert"
„Wie?"
„Es ist nichts passiert"
wiederholte ich meine Antwort.

„Warum das nicht?"
verwirrt runzelte er die Stirn.
Seufzend donnerte ich die Bürste zurück in den Putzkasten, der bei diesem heftigen Ruck zuklappte.
„Das weißt genauso gut wie ich"
Silas schwieg.
Wir beide hatten bisher keine Lösung für dieses Problem gefunden und mittlerweile hatte ich die Hoffnung bereits aufgegeben überhaupt eine zu finden.
„Toby"
setzte er an.
„Caleb ist nicht Samuel"
weiter kam er nicht, denn im nächsten Augenblick kam Charlotte mit Adonis um die Ecke.
Auffordernd sah ich Silas an, band mein Pferd ab und verschwand den Stallgang herunter.
Mir war bewusst, dass hiermit das Thema für ihn nicht beendet war, doch für den Augenblick reichte es mir.

•Caleb•
Erschöpft zog ich den Sattel von Cannavaro's Rücken und hing ihn auf den Sattelbock neben mir.
Heute haben wir etwas mit Stangen gearbeitet und trotz dessen er alles artig umsetzte, war er doch ein Stück weit anstrengend.
Eilig putzte ich ihn über, räumte die Sachen zusammen und band den Schecken los.
Vorbildlich folgte er mir in seine Box und machte sich direkt über sein Kraftfutter her.

„Caleb"
Ich drehte mich um und zog die Box zu, als mir die vertraute Stimme von Samuel ins Ohr stieg.
„Samuel"
erwiderte ich trocken und hing das Halfter vor die Box.
Die Arme verschränkend lehnte ich mich an die Schiebetür und musterte ihn kritisch.
„Du und Toby also?"
„Ich wüsste nicht, was dich das angeht"
Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen.
„Du weißt das er nicht geoutet ist?"
„Spielt das eine Rolle?"
Mit diesen Worten stieß ich mich ab und machte mich daran den Stall zu verlassen.
Wie erwartet klebte mir das Nervenbündel am Hacken.
„Sonst noch was?"
brummte ich als er neben mir auftauchte.
„Ist das was ernstes?"
Wir traten ins Freie.
„Selbst wenn nicht, ginge es dich immer noch nichts an"
Mit diesen Worten wimmelte ich ihn vollständig ab und stieg in meinen Wagen.
•••
Als ich meinen Wagen neben Charlie's zum stehen brachte, griff ich nach meinem Handy was in der Mittelkonsole lag.
Kurzerhand überflog ich alle Nachrichten die ich seit heute morgen bekommen hatte.
Ein paar davon beantwortete ich, die anderen lies ich vorerst so im Raum stehen.
Mich abschnallend und die Autotür öffnend, hörte ich bereits die vertraute Stimme meiner besten Freundin aus dem Stallgang.
Oder viel mehr ihr Gelächter.

Als ich den Stall betrat, schauten mir zwei Augenpaare entgegen die zu Silas und Charlotte gehörten.
„Hey"
begrüßte ich die beiden einsilbig.
Nach einer Begrüßung derer, strich ich Adonis über die Nase, der sie bereitwillig aus der Box streckte.
„Ist Toby schon weg?"
„Ja"
Silas zuckte mit den Schultern.
Verwirrt sah ich ihn an.
„Seit wann?"
„Keine Ahnung, zehn Minuten oder so."
„Hm"
Enttäuscht lies ich meine Hand sinken, die zuvor noch auf der Nase des braunen Pferdes lag.
„Ich habe Samuel angetroffen"
„Überrascht mich nicht"
Silas lachte, auf meinen genervten Blick hin.
„Er hat mich ausgefragt"
Nun wurde Silas hellhörig.
„Ach?"
„Über Toby und mich"
Nun war Charlotte es, die empört schnaubte.
„Blöder Arsch"
Verwirrt sahen der blonde und ich sie an.
„Du kennst ihn nicht mal?"
„Muss ich auch nicht, wer andere Leute ausfragt ist generell eine Arsch.
Was geht ihn das überhaupt an?"
Kurz herrschte Stille, bis Charlie ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trat.

„Es ist sein Ex"
Silas Stimme klang so gleichgültig, dass es mir kalt den Rücken herunterlief.
„Oh"
Charlie schwieg.
„Dreifacher Arsch"
murmelte sie dann, was mich schmunzeln lies.
„Ich gehe duschen"
Zum Abschied hob ich meine Hand, bevor ich zum Haupthaus lief.
Noch während ich die Haustür öffnete, wählte ich Toby's Nummer.
Ein paar mal klingelte es, bevor er abnahm.

„Ja?"
„Hey"
„Hey Caleb!"
Das klicken einer Tür war im Hintergrund zu hören.
„Warum bist du schon weg?"
Ich zog meine Schuhe aus und lies sie achtlos im Gang liegen, während ich nach oben zu meinem Zimmer lief.
„Ich habe gleich noch einen Termin."
Er hörte sich nicht gerade begeistert an.
Schmunzelnd drückte ich die Klinke meiner Tür herunter und betrat meine vertrauten vier Wände.
„Soll ich später vorbeikommen?"
„Eher schlecht, meine Eltern wollen mich später sehen"
Eine nachdenkliche Stille folgte.
„Warum?"
„Weiß ich selbst nicht"
Ein Lachen entfloh mir, woraufhin Toby einstimmte.
„Ich kann auch nachts kommen"
scherzend schmiss ich mich auf mein Bett.
„Lieber nicht, ich möchte nicht verantworten wenn du gegen einen Baum fährst"
Empört schnaubte ich, lies es allerdings umkommentiert.
„Berichte mal, wenn du wieder zuhause bist"
„Mache ich"
Es raschelte kurz bei ihm, bevor etwas klirrte, dass sich verdächtig nach zwei Kleiderbügeln anhörte.
„Bis morgen Caleb"
„Bis morgen"
Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen bevor ich auflegte.

About you and Me (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt