Sie schüttete unbewusst einige Tabletten auf ihre Handfläche. Gerade als es soweit war hörte sie eine Stimme. Eine Stimme, die sie aufhalten wollte. Die sie daran erinnerte warum sie das ganze überhaupt erlebte.
Etwas in ihr sagte "Stop! Mach es nicht! Wie willst du das vor Allah rechtfertigen? Weißt du denn nicht, dass das was du vor hast eine große Sünde ist?". Melek stoppte. Sie diskutierte innerlich mit sich selbst. Wie konnte sie nur so schwach sein? Wie konnte sie nur so schnell aufgeben? Übertreiben wir Menschen es nicht manchmal? Nur weil mehrere Sachen hintereinander schief laufen, geben wir sofort auf. Aber wie hat unser Prophet salla Allahu aleyhi wa sallam reagiert? Er wurde mit Steinen beworfen, beleidigt, gekränkt. Nicht einmal Eltern hatte er. Und was hat er gemacht? Hat er je gemeckert? Aber wir sind schwach. Wir geben sofort auf. Sollte so die Ummah aussehen?
Bei dem Gedanken ließ Melek die Tabletten zu Boden fallen. Sie wusste sie muss sich zusammen reißen. Das was sie erlebte war schlimm, sehr schlimm... aber kein Grund dafür, um diesem Leben was Allah einem geschenkt hat ein Ende zu setzen. Sie gedenkte Allah, sagte Alhamdulillah und war froh darüber dass Allah sie in letzter Sekunde aufhielt das Falsche zu tun.
Trotzdem war sie noch sehr angeschlagen. Diese Bilder gingen nicht aus ihrem Kopf. Sie hatte einen Fehler begangen und musste dafür schwer bezahlen. Noch immer machte sie sich vorwürfe wie sie sich auf Tarik einlassen konnte. Nie wieder, sagte sie zu sich selbst, nie wieder würde sie einem Jungen vertrauen. Dabei hatte doch alles so schön angefangen.
Monate vergingen derweil. Melek versuchte jeden zu ignorieren, nach wenigen Wochen hatte auch schon jeder vergessen was geschehen war. Burcu und die anderen ließen sie auch in Ruhe, als sie bemerkten dass es keinen Spaß mehr macht sie zu erniedrigen. Melek konzentrierte sich auf ihr Studium, gab sich viel Mühe und lernte täglich mehrere Stunden. Selbstverständlich hatte sie auch vieles über ihre Religion dazu gelernt. Sie verliebte sich jeden Tag aufs Neue in ihren Schöpfer. Wie hatte sie es bloß all die Jahre ohne ihn ausgehalten? Nur ihn hatte sie mittlerweile, sonst keinen. Natürlich hatte sie da noch ihre Familie, aber die schienen auch wichtigeres zu tun zu haben als sich um Melek zu kümmern.
Am Morgen ging Melek wie gewöhnlich aus dem Haus und machte sich auf den Weg zur Uni. Ihr Weg war lang, knapp eine Stunde Fahrt mit dem Zug, aber sie hatte sich schon lange daran gewöhnt. Während der Fahrt lernte sie entweder oder las Koran. Heute hatte sie nichts zum Lernen, daher packte sie ihr Koran aus ihrer Handtasche und begann zu lesen. Nach 10 min bemerkte sie, dass sich jemand neben sie setzte, aber sie gab keine Acht darauf. War ja auch nichts Außergewöhnliches dabei. Die restlichen 50 Minuten beachtete Melek diese Person auch weiterhin nicht. Als sie merkte, dass die nächste Station ihre ist, packte sie ihren Koran wieder in ihre Tasche und wollte sich gerade erheben und an die Tür gehen, jedoch hatte sie keinen Platz um durchzukommen, da die Person neben ihr noch immer saß. „Entschuldigung, dürfte ich vielleicht vorbei?", fragte sie ihren Blick senkend und wartete darauf dass die Person endlich Platz machen würde. Noch immer wusste sie nicht wer das war. Nach einigen Sekunden als keine Reaktion kam, wunderte sich Melek und wurde leicht sauer. „Könnten Sie bitte hab ich gesagt..." sagte sie und schaute böse zu der Person hoch. Plötzlich traf sie auf 2 Augen die ihr gar nicht so fremd vorkamen. Sie war wie gefesselt und wusste nicht warum. Der Junge schaute sie genauso an. Plötzlich fiel es ihr wieder ein. Das war Tarik! Tarik saß knapp eine Stunde neben ihr und sie hatte das nicht einmal bemerkt. Aber wieso er und wieso hier? Er hatte doch ein Auto..und.. plötzlich fiel Melek alles wieder ein. Wie er versuchte sich an sie ran zu machen, wie er ihr eine Backpfeife gab, sie am Arm zerrte und dann diese Bilder in der Uni. Schnell quetschte sich Melek durch die Menge hindurch ohne auch nur ein Wort von sich zu geben. Ihr Atem wurde schneller und Angst umzingelte ihren Körper. Sie hatte Angst, Angst vor Tarik.
Tausende Gedanken schwirren durch ihren Kopf. Was wenn er sie verfolgen würde? Was wenn er sie in eine Ecke drängen und sonst was mit ihr machen würde? Sie hasste ihn wie die Pest. Angekommen an der Uni beeilte sich Melek um noch rechtzeitig zum Unterricht da zu sein. Sie musste Tarik jetzt vergessen. Sie hat ihn zwar gesehen, aber es ist vorbei. Es ist nichts passiert und das ist auch gut so. Jetzt gab es wichtigeres auf dass sie sich konzentrieren musste. Sie wollte unbedingt einen guten Job und Menschen helfen, deshalb musste sie sich viel Mühe mit ihrem Studiengang geben. Ach hatte ich schon bereits erzählt? Sie studiert Medizin. Ihr Traum ist es eines Tages Chirurgin zu werden und Menschen zu helfen.
Nach dem Unterricht ging Melek alleine zum Kiosk. Sie hatte wahnsinnig Durst bekommen und hatte leider vor lauter Eile ihre Wasserflasche zu Hause vergessen. Also machte sie sich auf den Weg zum Kiosk. Als sie im Treppenhaus war und nach unten ging, hörte sie jemanden ihren Namen sagen. Diese Stimme... die kenne ich doch, dachte sie sich. Ihr Atem stockte, ihr Herz fing an zu rasen. Ist das etwa...kann das sein? Sie drehte sich langsam um und...tatsächlich. Tarik stand vor ihr. Er kam auf sie zu. „Melek wir müssen reden."

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Die wahre Liebe
NouvellesUnd plötzlich war alles anders. Plötzlich kam dieses junge, hübsche, attraktive Mädchen in einem schwarzen und altmodischen Abaya zur schule und trug ein schwarzes und unauffälliges Kopftuch. Der Abaya war nicht eng und sie sah alles andere als anzi...