4. Kapitel

139 13 3
                                    

Als Cedric und ich uns später zum Abendessen in der Küche einfanden, sah Gawain mich verärgert an und zog mich am Handgelenkt zurück in den Flur.

«Tu mir einen Gefallen, Adrienne, und hör auf damit», zischte er.

«Es geht dich nichts an, was ich tue», fauchte ich zurück.

«Ganz genau», sagte Gawain. Selbst im schwachen Licht des Flurs konnte ich das wütende Funkeln in seinen Augen sehen, das für den sonst so fröhlichen, ausgeglichenen Fey äusserst ungewohnt war. «Lern es gefälligst zu beherrschen. Du willst schliesslich auch nicht mitbekommen, wie –» Er verstummte plötzlich, aber daran, wie seine Wangen rot wurden, konnte ich mir ungefähr vorstellen, was er hatte sagen wollen. Und er hatte Recht, das wollte ich jetzt wirklich nicht wissen.

«Wie?», fragte ich frustriert.

«Abendessen!», erklang Kaspars Stimme aus der Küche. Er streckte den Kopf in den Flur hinaus. «Adrienne? Gawain? Wo bleibt ihr?»

«Später», seufzte Gawain und schob mich in Richtung Küche.

Natürlich nahm Cedric es nicht gerade gut auf, als ich nach unseren heftigen Küssen plötzlich jede weitere Annäherung abblockte und so war die Stimmung zwischen uns nicht gerade rosig, als Jessie und er sich zwei Wochen später verabschiedeten. Während Cedric und ich uns nur kurz umarmten, küsste Kaspar Jessie. Wann war das denn passiert?

Fred und George blieben in Londinium – genau wie Harry würden sie erst kurz vor dem Finalspiel der Quiddich-WM abreisen, das sie gemeinsam besuchen würden. Wir hatten den Weasleys erzählt, dass die Dursleys an dem Tag nach London mussten und sie Harry deshalb dort abholen sollten. Dass die Zwillinge auch dort waren, war ein praktischer Zufall, so konnte Harry sich mit ihnen treffen und Mr Weasley konnte sie alle drei zusammen im Tropfenden Kessel aufsammeln.

Aber bis da war es noch eine Weile hin, eine Weile, die ich mit dem Versuch verbrachte, zu lernen, wie ich meine Gefühle vor Gawain abschirmen konnte. Völlig sinnlos. Und so fand ich mich nach jeder erfolglosen Lektion im Amphitheater ein, um mich abzureagieren. Ich war bereits Stammkundin bei Boudicca und so langsam wurde ich richtig gut im Schwertkämpfen. Oder machte zumindest Fortschritte, wie Boudicca mich belehrte, als sie mich mehrmals hintereinander in sekundenschnelle besiegte. Ich fand es ungerecht. Gegen eine Tochter der Morrigan, der keltischen Göttin der Schlachten, hatte ich doch ohnehin keine Chance!

«Natürlich hast du», widersprach Boudicca nach einem weiteren Blitzkampf, der mit meiner Niederlage geendet hatte. Sie strich sich das wilde schwarze Haar aus der dunklen Stirn und lachte dann. «Siehst du? Du hast es bereits geschafft, mich zum Schwitzen zu bringen. Das zeigt doch, dass du schon einiges gelernt hast.»

Andererseits war es ein ziemlich heisser Sommertag ...

«Du bekommst das schon hin», ermutigte sie mich.

«Genau», hörte ich eine bekannte Stimme hinter mir und wirbelte herum.

Dort, am Rand des sandigen Runds, standen Harry und Sirius. Sirius war es, der gesprochen hatte und grinste mich an.

«Weisst du was, Adrienne? Ich habe mir überlegt, wir könnten dich 'Iris' nennen, Schwertlilie. Immerhin siehst du aus wie Lily und schlägst die ganze Zeit mit einem Schwert um dich.»

Ich funkelte meinen selbsternannten Onkel wütend an, während Boudicca neben mir in Lachen ausbrach, bevor sie sich eifrig daran machte, Harry und Sirius auszustaffieren.

«Jared!», rief sie einem anderen Trainierenden zu, als sie Harry und Sirius Schwerter und ein paar leichte Lederpanzer verpasst hatte. Ein grosser Junge mit dunkelblondem Haar und asiatischen Zügen kam locker zu uns herüber gejoggt. Ich erkannte ihn sofort als den lästigen Nachbarsjungen, der letztes Jahr in die alten Wohnung der Flamels eingezogen war.

Unfriedliche Zeiten - Adrienne Seanorth 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt