12. Kapitel

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Wir verbrachten den Tag mit einem langen Spaziergang über die Ländereien und streckten zum Schluss noch unsere Füsse in den See. Bald würde es auch dafür definitiv zu kalt sein. Aus der Nähe betrachtet war das Durmstrang-Schiff noch beeindruckender. Es überragte die Beauxbatons-Kutsche bei weitem – was vor allem auch an dem grossen Mast in der Mitte lag. Das blutrote Segel war gerefft und und gut verschnürt worden und so konnte der Wind nur in der Takelage spielen und die Fahne zum Flattern bringen, die jemand oberhalb vom Krähennest am Mast angebracht hatte. Sie zeigte das Wappen der Schule: einen feuerspeienden Drachen.

«Ziemlich beeindruckend, was?», erklang eine Stimme hinter uns. Jared war wieder da.

Ich knurrte verärgert. Jared schien es darauf angelegt zu haben, mich zu nerven.Weshalb konnten er und seine Freunde nicht jemand anderen ärgern?

«Ihr habt es sehr schön hier», bemerkte Rina, liess sich neben mir im Gras nieder und sah schweigend aufs Gelände hinaus, über den Schwarzen See zum Verbotenen Wald, den von den letzten Sonnenstrahlen des Abends angeleuchtet wurde.

Jared und Leo setzten sich ebenfalls und still nebeneinander sitzend genossen wir den Anblick. Bald genug würden die Winterstürme uns im Schloss einzwängen.

Ich wusste nicht, wie viel Zeit genau vergangen war, aber die Sonne war bereits hinter dem Horizont versunken und der Abend wurde schnell kühler, als wir uns erhoben. Ich hielt Cedrics Hand und Jessie hielt die von Kaspar, als wir uns gemeinsam mit den drei Durmstrangs auf den Weg hoch zum Schloss machten.

Wieder gab es ein Festessen – nebst dem, dass heute die Champions ausgewählt wurden, war ja auch noch Halloween – und wieder war es genauso köstlich und gewaltig wie am Vorabend. Auch die fremdländischen Gerichte waren wieder da. Und wieder schaffte ich es nicht, mich durch alle Kuchen durchzuprobieren – obwohl ich diesmal extra wenig von der Hauptspeise gegessen hatte, um dann beim Dessert umso heftiger zuschlagen konnte. Aber es waren einfach zu viele Kuchen und nachdem ich bereits gestern so viel gegessen hatte, konnte ich einfach nicht mehr. Bereits nach kurzer Zeit pappsatt blieb mir nichts anderes übrig, als ungeduldig darauf zu warten, dass das Essen von den Tellern verschwand und endlich die Champions verkündet wurden.

Auch der Hunger der anderen war heute nicht so gross wie sonst und so verbrachten wir den grössten Teil des Festessens damit, darüber zu rätseln, wer wohl Hogwarts-Champion werden würde.

«Bloss kein Slytherin», erklärte Alicia und warf mir dabei einen kurzen, warnenden Blick zu, damit ich ihr aus ja nicht widersprach.

Bloss keiner der Slytherins, denen man besser aus dem Weg gehen sollte, hätte ich gerne ergänzt, doch um des lieben Friedens Willen liess ich es bleiben.

«Aber ein Hufflepuff oder Ravenclaw wären in Ordnung», setzte sie hinzu.

«Ach komm schon, Alicia», sagte Lee. «Wir wollen doch alle, dass es jemand von Gryffindor wird. Angelina oder Adrienne wären am besten, aber ich glaub es gibt auch ein paar Siebtklässler, die ihren Namen eingeworfen haben.»

Endlich verschwand das Essen und die goldenen Teller glänzten wieder makellos. Der Lärm in der Halle schwoll rasch an und erstarb wieder, als Dumbledore aufstand. Professor Karkaroff und Madame Maxime zu seinen Seiten wirkten nicht weniger erwartungsvoll als alle anderen. Ludo Bagmann strahlte und zwinkerte der ein oder anderen Schülerin zu, während Ma mit leuchtenden Augen den Feuerkelch und sein blauweisses, alchemistisches Feuer beobachtete. Nur Mr Crouch wirkte desinteressiert, fast schon gelangweilt.

Dumbledore erklärte das Prozedere ­– was der Champion tun musste, sobald sein Name ausgerufen wurde – während ich ungeduldig darauf wartete, dass es los ging. Endlich wurden die Lichter gelöscht und nun war es einzig der Feuerkelch, der die Grosse Halle in rätselhaftes, blaues Licht tauchte.

Unfriedliche Zeiten - Adrienne Seanorth 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt