25. Kapitel

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Die Weihnachtsferien vergingen und die Schule begann wieder, ohne dass ich mich mit Cedric versöhnt hatte. In der Grossen Halle sass ich wieder am Gryffindortisch, da ich mich auch bei den Slytherins – und bei Pucey – nicht mehr wohl fühlte. Jedes Mal, wenn ich ihn sah, musste ich an diesen verdammten Kuss denken. Ein Kuss, der weit mehr in mir ausgelöst hatte, als er eigentlich sollte. Ich versuchte mich abzulenken, indem ich mich auf den Unterricht konzentrierte, was ganz gut funktionierte. Die Lehrer forderten mehr denn je von uns und so langsam machten sich meine vielen Fächer plus das Selbststudium in Arithmantik spürbar. Ich hatte mehr zu arbeiten als die meisten anderen und auch wenn ich keine allzu grossen Schwierigkeiten hatte, war es trotzdem ziemlich viel. In Theoretischer Magie hatte ich immer noch einen kleinen Vorsprung gegenüber den anderen und die ungesagten Zauber bereiteten mir nach wie vor keinerlei Probleme. Betreffend Arithmantik war es mir gelungen, nach einem Mittagessen Professor Vektor abzufangen, die mir nun einen Abend die Woche Unterricht in Arithmantik gab. Das meiste musste ich mir dennoch im Selbststudium aneignen, doch es half, dass Professor Vektor hin und wieder die Aufgaben kontrollierte und mir bei Fehlern und Unklarheiten weiterhalf. Und vor allem half es, einen fixen Abgabetermin für die Arbeiten zu haben, so dass ich mich wirklich mit Arithmantik befassen musste und den Stoff nicht einfach am langen Arm vor mir herschieben konnte.

Die Zeit verstrich beinahe unbemerkt. Mitte Januar war ein weiteres Hogsmeade-Wochenende und Kaspar schleppte Jessie und mich mit ins Dorf, damit wir endlich einmal aufhörten zu arbeiten, wie er sagte. Dann begann bereits der Februar und auf einmal war die zweite Aufgabe nur noch wenige Wochen entfernt und ich musste mich mit den Hausaufgaben nicht mehr nur von meinen Beziehungsproblemen, sondern auch von meiner Nervosität ablenken. Und trotzdem kreisten meine Gedanken immer wieder um die zweite Aufgabe und wie ich in einem riesigen, dunklen, tiefen See einen einzelnen Gegenstand finden sollte. Funktionierte Charlies Aufspürzauber auch, wenn ich nicht genau wusste, was ich finden musste? Ich sollte das unbedingt nachschlagen! Dann war es auf einmal nur noch zwei Wochen bis zur zweiten Aufgabe, noch zehn Tage, eine Woche, fünf Tage, drei, zwei, noch einer, ...

Am Morgen des 24. Februars erwachte ich früh. Ein Blick auf den Wecker auf meinem Nachttisch sagte mir, dass es gerade einmal vier Uhr war, doch ich war zu nervös, um noch einmal einzuschlafen. Tatsächlich viel es mir schwer zu glauben, dass ich überhaupt eingeschlafen war, so nervös war ich bereits am Vorabend gewesen. Leise, um Angelina und Alicia nicht zu wecken, zog ich mich an, stopfte Joannes Schwimmflossen und den Trank des Poseidons in meine Handtasche und huschte aus dem Gemeinschaftsraum.

Die Grosse Halle war leer – natürlich, es war noch viel zu früh fürs Frühstück – aber in der Küche herrschte bereits reger Betrieb und die Hauselfen machten mir nur zu gerne eine heisse Schokolade und ein paar Stücke dunkles Brot mit Honig. Eine Hauselfe drängte mir noch eine Tasse Baldriantee auf. «Das ist gut für die Nerven, Mylady, damit Sie nicht so nervös sind.»

Während ich mit viel Mühe mein Frühstück ass, sah ich den Hauselfen bei der Arbeit zu. Es war seltsam beruhigend, die kleinen Geschöpfe bei diesen vollkommen alltäglichen Tätigkeiten zu beobachten. Allerdings nicht beruhigend genug, als dass ich nachdem ich aufgegessen hatte, weiter hätte stillsitzen und sie beobachten können. Wobei vermutlich nichts in der Welt beruhigend genug dafür war. Also wanderte ich weiter durchs Schloss, während die Zeiger meiner Armbanduhr langsam auf sechs Uhr zukrochen. Bis halb zehn und dem Beginn der zweiten Aufgabe war es noch ewig hin. Geschlagene dreieinhalb Stunden. Das erinnerte mich an meine erste Reise nach Hogwarts, als Ma mich viel zu früh am Bahnhof Kings Cross abgesetzt hatte, weil sie so früh zur Arbeit musste. Würde Ma auch da sein heute? Sehr wahrscheinlich, sie hatte es schliesslich geschafft, sich als Vertreterin des AZMGUK einzuschleusen, da wurde auch verlangt, dass sie zu den einzelnen Turnierrunden kam. Und was war mit Gawain? Würde er auch kommen? Der Gedanke an den Fey brachte mich letztendlich auf eine Idee, wie ich mich von meiner Nervosität abhalten konnte. Meditation. Und zwar beim Steinkreis. Ich schlich hoch in den Gryffindorturm und machte mich dann auf den Weg nach draussen. Um zehn nach sechs erreichte ich den Steinkreis betrat ihn von Osten nachdem ich ihn einmal umrundet hatte ... und stand dann da, ohne recht zu wissen, was ich nun machen sollte.

Unfriedliche Zeiten - Adrienne Seanorth 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt