Kapitel 10

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Ein Mädchen - kaum älter als Mary - betrat den Raum mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Hinter ihr tauchten nur wenig später zwei junge Männer auf. Ich wollte ehrlich sein; gegen die drei würden wir locker gewinnen.

Dann holte das Mädchen plötzlich einen Pfahl heraus und warf ihn erschreckend grade, wobei er nur knapp mein Herz verfehlte. Ich sackte zusammen und zog ihn so schnell es ging raus. Vielleicht sollte ich mal aufhören, Menschen ständig zu unterschätzen, dachte ich.

Die Männer zogen beide eine Waffe. Sie sahen nicht so aus, als seien sie Jäger, doch ich hatte meine Lektion gelernt. Nun würde ich keinen von ihnen unterschätzen.

Blitzschnell rannte Mary zu dem Mädchen und schleuderte sie hart gegen eine Wand. Doch dafür kassierte sie einen Schuss in den Bauch. Als sie deshalb aufschrie wusste ich, dass wir ein Problem hatten.

Irgendwas musste mit den Kugeln sein, sonst hätte sie das niemals getan. Nur leider hatte ich keine Ahnung, was es sein sollte. Natürlich gab es eine Menge Gerüchte, was Vampire anging, aber Sachen wie Knoblauch waren gelogen. Und mit Geschichten wie aus Serien wie Vampire Diaries will ich gar nicht erst anfangen.

Dennoch dauerte es nicht lange, bis auch Jaxon eine dieser Kugeln erwischte. Auch er schrie auf. Ich wollte, um ehrlich zu sein, keine abbekommen, weshalb ich mich blitzschnell hinter einen der Männer stellte und ihm das Genick brach.

Gute Nacht, dachte ich. Doch dennoch traf mich eine Kugel und heilige Scheiße tat das weh. Es brannte förmlich. Ich sackte wieder zu Boden und suchte nach der Kugel in meinem Körper, doch ich fand nichts. Was zur Hölle...?

Der Schmerz ließ nicht nach, doch da keine Kugel zu finden war, stand ich wieder auf. Sie hatte sich aufgelöst. Und woher kam der Schuss überhaupt? Ich drehte mich zur Seite und sah einen Typen, den ich schon auf der Party gesehen habe.

Schnell rannte ich wieder ins Zimmer, wo der zweite Typ vor Schmerz stöhnte. Scheinbar hatte Kyle ihn mit seinen Krallen erwischt. Doch Zeit mich darüber zu freuen blieb mir nicht, denn das Mädchen rappelte sich wieder auf.

Mary und Jaxon standen ebenfalls wieder und sahen mich an. Kurz darauf warf das Mädchen einen weiteren Pfahl. Er sollte Kyle - der noch immer mit dem zweiten Typen beschäftigt war - treffen, doch ich fing ihn ab, warf ihn zurück und streifte sie am Arm.

Was war denn los? Ich hatte auf ihre Brust gezielt. Egal, sie stöhnte vor Schmerz auf. Der Geruch des Blutes störte mich nicht. Genauso wenig wie Jaxon und Mary. Jedoch war die Versuchung recht groß.

Ich hörte Jaxon aufstöhnen. Er war vor die Tür gegangen und musste sich eine weitere Kugel eingefangen haben. Schnell kam er wieder rein und sah mich sauer an.

»Du hättest ruhig erwähnen können, dass da draußen einer mit diesen Horrorkugeln auf mich wartet, dann wäre ich drinnen geblieben«, zischte er. Dass er Schmerzen hatte war nicht zu überhören.

Der junge Mann, der draußen stand, kam nun durch den Türrahmen und sah uns grinsend an. Irgendwie überkam mich das Gefühl, direkt in eine Falle gelaufen zu sein.

Doch um weiter zu überlegen hatte ich keine Zeit, denn der Mann warf einen Pfahl Richtung Riley und ich hatte ihm Schutz versprochen, weshalb ich ihn abfing.

Dann passierte es. Mir wurde ein Pfahl in den Rücken gestoßen. Vor Schmerzen brach ich zusammen. Der Pfahl war aus der selben Substanz, wie diese verdammten Kugeln. Und Riley hatte ihn mir in den Rücken gerammt. Wir hätten mit so was rechnen müssen, doch stattdessen haben wir ihm sogar begonnen zu vertrauen.

Die Schmerzen nahmen die Überhand und ich konnte mich nichtmehr bewegen. Meine Gliedmaßen fühlten sich nun taub an und aus dem Blickwinkel sah ich, dass auch Mary schon zusammengebrochen war. Langsam - und ohne das ich es wollte - schlossen sich meine Augen.

* * *

Angekettet und unter Schmerzen wachte ich auf einem Bett auf. An der weißen Decke begann der Putz abzubröckeln. Die Wand war ebenfalls weiß und kahl. Ich versuchte meinen Kopf ein wenig zu bewegen und es gelang mir sogar, ohne dabei Schmerzen zu verspüren.

Im Bett neben mir lag Jaxon. In einem dritten Mary. Von Kyle war keine Spur. Sie schienen noch nicht wach zu sein, weshalb ich wieder zur Decke sah. Es war das erste Mal, dass ich es bereute, den anderen nichts hiervon erzählt zu haben.

Vielleicht hätten wir doch Samuel mit runter nehmen sollen. Ich wusste, dass das schlauer war. Und Riley hätte ich töten sollen, als ich noch die Chance dazu hatte. Aber nein, ich musste ihn ja am Leben lassen. Weshalb eigentlich noch mal?

Als sich die Tür öffnete, roch ich frisches Blut. Ich bemerkte den Hunger in mir hochkommen und sah schnell Richtung Tür. Was ich sah, konnte ich kaum glauben. Es waren Kayleight und Riley. Beide sahen schlimm aus. Hatten scheinbar am ganzen Körper blaue Flecken und Verletzungen, wobei Kayleight schlimmer aussah. Wenn ich den erwischen sollte, der ihr das angetan hat, dann bringe ich ihn um.

Kayleight's POV:

Als wir durch die Tür gingen sah ich sofort zu Justin, doch ich schwieg. Sie schubsten Riley und mich zu Boden und verschlossen die Tür. Ich versuchte vor Schmerz nicht zu schreien. Da wir gefesselt waren, konnte ich mich nur knapp davor bewahren, auf dem Gesicht zu landen. Dafür landete ich auf den Knien, wo aber schon Verletzungen vorhanden waren.

Langsam und vorsichtig stand ich wieder auf. Riley schienen die Misshandlungen weniger auszumachen als mir. Ob es daran lag, dass er ein Junge war? Das bezweifelte ich. Da musste mehr dahinter stecken.

Auch er rappelte sich vorsichtig wieder auf und sah sich um. Als er nichts fand sah er zu Justin, welcher ihn wütend ansah. Ich wusste weshalb, Riley hatte es mir gebeichtet.

Diese Situation kam mir nur allzu bekannt vor, denn Samuel war genauso wie er, auf Versprechungen reingefallen.

»Sobald ich dazu in der Lage bin dich umzubringen bist du tot, verlass dich drauf«, sagte Justin. Seine Stimme triefte nur von Hass. Riley musste schlucken. Um ehrlich zu sein; er war selber Schuld an seiner Situation.

»Sie hatten mich bedroht! Als hättest du anders gehandelt«, maulte Riley dann. Sein Mut war nur vorgetäuscht, das wusste ich. Wäre Justin nicht angekettet gewesen, dann würde er nie so mit ihm sprechen.

Das konnten sie unter sich klären. Ich sah mich nach etwas um, womit ich die Fesseln lösen konnte und zu meiner Überraschung fand ich ein Messer.

»Riley, komm mal her«, sagte ich. Verwundert sahen er und Justin mich an, doch Riley kam schließlich zu mir rüber. Unsere Hände waren vorne zusammengebunden, was ganz praktisch war. So waren die Fesseln leichter durchzuschneiden.

Ich hob das Messer auf und reichte es ihm. »Pass auf, sonst rammt er es dir noch von hinten in den Rücken«, zischte Justin. Das würde er nicht so schnell vergessen, so viel war sicher.

Wir beide ignorierten diese Aussage und er durchschnitt die Fesseln. Ich tat bei ihm dasselbe. Dann rieb ich mir kurz über die Handgelenke. Die Fesseln waren viel zu fest.

Das Messer behielt ich zur Vorsicht bei mir. Dann rannte ich zu Justin und hockte mich vor das Bett. Meine eine Hand legte ich an seine Wange.

»Geht es dir gut?«, wollte ich wissen. Trotz meiner Schmerzen war mir sein Wohlbefinden wichtiger. Er nickte.

»Ja, außer den Ketten geht es mir bestens«, sagte er. Gegen die Ketten würde ich helfen können. Mit dem Messer versuchte ich die Schlösser von ihnen zu knacken, was mir sogar - zu meiner eigenen Überraschung - gelang.

Als er los war, ging er sofort auf Riley los. Oder jedenfalls wollte er das, doch ich hielt ihn davon ab. Nicht unbedingt, weil Riley mir wichtig war, sondern viel mehr, weil wir jetzt einen klaren Kopf bewahren mussten. Doch da ich wusste, dass er nicht aufgeben würde, bis ich schließlich loslassen würde, musste ich etwas sagen, was seine volle Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde.

»Sie haben auch Samuel«, begann ich. Und diese Geschichte war nicht erfunden, ich hatte ihn in einem Raum gesehen. Zusammen mit Kyle. Sie waren in dem Raum, der neben dem lag, in dem Riley und ich waren. Und was ihnen angetan wurde, würde ich nicht einmal aussprechen können.

dark life ➹ j.b ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt