Kapitel 19

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Ihre Augen weiteten sich. Wahrscheinlich hatte sie nun Angst. Nicht, dass sie das jemals zugeben würde, aber auch sie fürchtete sich vor den Jägern und das war ihr nun deutlich anzusehen. Doch sie versuchte es verdeckt zu halten.

Ich sah noch einmal hin. Den Jungen kannte ich nicht. Ich hatte ihn noch nicht einmal gesehen, als ich gefangen war. Daran würde ich mich erinnern. Doch wahrscheinlich war auch er ein Jäger. Da beide nicht zu denen gehörten, deren Aussehen wir kannten, musste es sich hierbei um Wesen der Nacht handeln. 

Mir fielen Coles Worte wieder ein. Es gab zwei Feen in der Gruppe. Beide waren weiblich. Sie musste eine sein, eine andere Erklärung gab es nicht. Schon allein, weil diese Gruppe nicht sonderlich groß war, wenn man Cole denn glauben konnte.

»Sie muss eine Fee sein«, flüsterte ich Mary zu. Was der andere war, wussten wir zwar nicht, doch Feen waren nicht sonderlich gefährlich. Sie waren weder übermenschlich stark, noch schnell. Zwar hatten sie individuelle Kräfte aber sie konnten alle...Scheiße!

»Sie kann unsere Gedanken lesen«, sprach Mary in dem Moment aus, als ich es dachte. Diesmal flüsterte sie jedoch nicht. Weshalb auch? Es brachte sowieso nichts mehr. Wir waren längst aufgeflogen. 

Genau in diesem Moment stürzte sich der Junge auf uns. Blitzschnell. Er musste ein Vampir sein, eine andere Möglichkeit gab es nicht. Leider hatte ich keine Waffen mit. Verdammt! 

Doch Mary zog mich schnell beiseite und plötzlich standen wir am anderen Ende der Bahn. Vor den Kegeln. Samuel und Justin waren in nur zwei Sekunden bei uns.

»Was ist passiert?«, wollte Justin wissen. Mary zog sich gerade ihre High-Heels aus. Scheinbar wollte sie lieber barfuß kämpfen, doch das konnte ich nachvollziehen.

»Die Zwei gehören zu den Jägern«, erklärte ich ihm schnell. Justins Augen wurden groß, als er realisierte, was ich so eben gesagt habe. Schützend stellte er sich vor mich, während das Mädchen und der Junge langsam auf uns zu kamen. Beide hatten ein breites Grinsen im Gesicht.

»Nur der Höflichkeit halber und weil ihr sowieso gleich tot seid; mein Name ist John und das«, er zeigte auf das dunkelhaarige Mädchen, »ist Cora.« 

Dann griffen die Zwei wieder an. Justin schmiss John gegen eine Wand, während Cora blitzschnell einige Messer nach uns warf. Eines flog genau auf mich zu. Ich wollte mich ducken und betete, dass es mich nicht treffen oder wenigstens nur streifen würde, doch ich hörte nie einen Aufprall, noch verspürte ich Schmerzen.

Vorsichtig öffnete ich meine Augen und sah, dass Samuel das Messer abgefangen hatte. Nun warf er es zurück und streifte dabei den Arm von Cora, welche einen schmerzverzerrten Laut von sich gab. Hättest ruhig besser zielen können, dachte ich. Dann wäre sie jetzt tot und wir hätten ein Problem weniger.

»Danke«, sagte ich zu ihm und stand wieder aufrecht auf. Er nickte mir nur zu und konzentrierte sich wieder auf Cora und John. 

Justin versuchte John zu töten - bis jetzt jedoch erfolglos - und Mary machte sich auf den Weg zu Cora. Theoretisch würde ich jetzt sagen, ich könnte mich fast in Sicherheit wegen, doch wenn es um solche Sachen ging, hatten wir noch nie Glück und ich würde mein Hemd darauf verwetten, dass sie den anderen Bescheid gegeben haben. Und ich sollte Recht behalten, denn nur wenige Minuten später bekam Samuel einen Pfeil in den Bauch. 

Das Mädchen von den Fotos tauchte auf - ich glaube ihr Name war Sonya. Grinsend nahm sie den Bogen runter und warf John etwas zu. Dieser konnte sich gerade von Justin losreißen und fing den Gegenstand auf. Es handelte sich um eine Armbrust. 

Samuel hatte den Pfeil in seinem Bauch mittlerweile rausgezogen und wollte ihn werfen, doch ich hielt ihn zurück.

»Ich brauch etwas, um mich zu verteidigen«, sagte ich und wollte nach dem Pfeil greifen.

»Ich verteidige dich«, entgegnete er nur und warf den Pfeil auf Sonya. Auch diesmal war es nur ein Streifschuss. Sie legte erneut einen Pfeil an und wollte auf Samuel zielen, doch dieser fing den Pfeil, als er auf ihn zusteuerte.

Währenddessen sah ich nur, wie John seine Armbrust auf mich richtete und das auf Kopfhöhe. Als er abschoss machte ich schnell einen Schritt zur Seite. Der Pfeil der Armbrust verfehlte nur um wenige Zentimeter meinen Kopf, doch nun hatte ich einen Pfeil. Ich zog ihn aus der Wand. 

Samuel stürzte sich auf Sonya, brach jedoch Sekunden später zusammen und hielt sich den Kopf. Das Werk einer Hexe. Oder besser; eines Hexers. Caleb musste ebenfalls hier sein und das war nicht gut. Nun waren wir in der Unterzahl, denn ich zählte mich nicht als Kämpferin dazu. Gegen Wesen der Nach war ich machtlos, wenn sie nicht direkt vor mir standen. 

Und dann verspürte ich einen starken Schmerz in meiner linken Seite. Ich sah dorthin. Ein Pfeil hatte mich getroffen. Meinen ließ ich fallen und fasste sofort dahin. Es war kein Streifschuss, der Pfeil steckte noch drinnen. Ich ging auf die Knie. Die Schmerzen wurden stärker. Das Einzige,was ich noch sehen konnte war, dass Justin zu mir sah und von John mit der Armbrust geschlagen wurde. Dann wurde um mich herum alles schwarz.

* * *

Sonnenstrahlen weckten mich auf und ich begann zu blinzeln. Ich drehte meinen Kopf nach links und sah eine Holzwand. Moment! Eine Holzwand? Wo zur Hölle war ich?

Schnell sah ich nach rechts und analysierte meine Situation. Ich befand mich in einem quadratischen Raum. Er war etwas größer als mein Zimmer. Er war zugestellt mit allen möglichen Dingen. Ein Herd, ein Kühlschrank, aber gleichzeitig stand hier auch eine Couch und ein Fernseher. Der Raum war alles in einem und ich war froh, als ich keine Toilette entdeckte.

Ich wollte mich aufsetzen und da spürte ich einen Schmerz in meiner linken Seite, weshalb ich mich wieder auf das Bett, auf welchem ich mich befand, fallen ließ und meine Hand dort hinhielt. Dann fiel mir alles wieder ein.

Mary, Samuel, Justin und ich waren bowlen und plötzlich tauchten die Jäger auf. Sie hatten uns angegriffen und dabei wurde ich von einem Pfeil getroffen. Dann bin ich weggetreten. Aber der Pfeil war nicht mehr in meiner Seite. Jemand hatte ihn rausgeholt. Ob es Justin oder einer der anderen war? Und wenn, wo waren sie dann jetzt?

Wieder setzte ich mich auf, doch dieses Mal vorsichtiger. Zwar hatte ich dabei trotzdem leichte Schmerzen, doch es war erträglich. Ich blickte aus dem Fenster, welches sich über dem Bett befand und musste feststellen, dass ich in keinem wirklichen Haus war, denn ich konnte überall nur Bäume sehen. Ich befand mich im Wald.

Vorsichtige setzte ich meine Beine auf den Boden und stand auf. Dabei stützte ich mich auf einer Kommode. Langsam ging ich zur Tür und hoffte, dass diese nicht zugeschlossen war, doch leider war sie es. Also war ich wieder eine Gefangene, wie ich annahm. Von den Jägern. Doch was war dann mit den anderen geschehen? 

Ich atmete einmal tief durch, denn jetzt musste ich Ruhe bewahren. Noch einmal sah ich mich in dem Raum, oder - was wohl wahrscheinlicher war - in der Hütte um. Es gab nicht wirklich etwas, womit ich mich verteidigen könnte, außer ein Messer.

Besser als nichts, dachte ich und nahm es. Dann setzte ich mich wieder auf das Bett und wartete, bis jemand hier rein kam. 

Ob mein Zeitgefühl noch ganz in Takt war, wusste ich nicht. Doch ich wartete eine gefühlte Stunde, bis die Tür aufgeschlossen wurde. Aber in gegen meines Erwartens, kam niemand rein, der mir bekannt vorkam. 

Es war ein Mann - vielleicht Ende dreißig -, welcher gleich an der Tür, die er hinter sich schloss, stehen blieb. »Du bist wach«, sagte er und sah mich an. Doch ich hatte nicht vor zu antworten, denn das erinnerte mich an einen schlechten Horrorfilm. Ich fühlte mich, als würde ich jede Sekunde getötet werden. Weshalb zur Hölle sollte ein Mann in diesem Alter mich entführen? Dafür gab es nur eine Erklärung; er wollte mich vergewaltigen. 

dark life ➹ j.b ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt