Kapitel 21

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»Sag so etwas nicht, Travis«, kam es von Felice. Sie hatte recht. Bevor nicht das Gegenteil bewiesen war, lebten sie noch. Außerdem waren die drei nicht so einfach zu töten. Jedenfalls hoffte ich das. 

»Wieso sollte er so was nicht sagen, wenn es doch so ist? Sind sie nicht da, dann sind sie tot«, entgegnete Riley. Was war denn in den gefahren? Er war der Letzte von uns, der so reden sollte. 

»Für jemanden, der ebenfalls ein Jäger ist, redest du eindeutig zu viel«, kam es von Jaxon, welcher eine Schritt auf Riley zumachte. Jaxon hatte recht, doch er wusste - wie auch alle anderen -, dass Riley nicht diese Art von Jäger war. Er war nicht so brutal. Ihm ging es wirklich darum, die Menschen zu beschützen. 

»Ich könnte jederzeit zu den Jägern gehen und ihnen sagen, wo ihr euch aufhaltet«, sagte Riley sauer. Verdammt, das war allen klar. Jeder hier wusste, dass es von Anfang an ein Risiko war, Riley zu vertrauen und dennoch taten wir es. Oder jedenfalls Justin und ich. 

Riley ließ niemanden mehr etwas sagen und ging einfach nach oben. Die anderen sahen ihm hinterher und Felice und Heaven konnte man sogar ansehen, dass sie Angst davor hatten, er würde jetzt wirklich gleich zu den Jägern gehen, oder sie irgendwie benachrichtigen.

Jedoch kannten sie ihn nicht wirklich. Felice saß zwar jeden Mittag mit uns an einem Tisch, doch sie wusste nicht, weshalb Riley plötzlich bei Justin lebte. Sie wusste nicht, wie seine Eltern, besonders sein Vater, ihn behandelt hatten, denn das hatten Justin, Arizona und ich für uns behalten.

»Ihr überlegt euch, wie wir sie befreien und ich rede mit Riley«, sagte ich einfach nur und folgte Riley schlussendlich nach oben. Ich wusste, dass sie taten, was ich sagte, denn alle wollten die anderen drei finden. 

Oben klopfte ich an der Tür des Zimmers, welches Justin Riley zur Verfügung gestellt hatte. Es war eigentlich ein Gästezimmer, doch so oft blieben die Besucher hier sowieso nicht über Nacht.

Niemand öffnete, weshalb mich eine leichte Panik überfiel. War er etwa aus dem Fenster geklettert, um zu den Jägern zu gelangen? Deshalb öffnete ich die Tür einfach, aber Riley saß auf seinem Bett. Er sah zu mir und verdrehte die Augen.

»Hätte ich gewollt, dass du reinkommst, dann hätte ich auch etwas gesagt«, meinte er nur. Das war dann wohl ein Rauswurf aus seinem Zimmer, doch das konnte er vergessen. Ich musste einfach mit ihm reden, also schloss ich die Tür und ging zu seinem Bett, auf welches ich mich schließlich auch setzte.

»Die anderen haben Angst davor, dass du wirklich zu den Jägern gehst«, sagte ich und sah ihn dabei an. Er zuckte nur mit den Schultern.

»Vielleicht werde ich es machen«, gab er daraufhin nur von sich. Ich seufzte und schüttelte den Kopf.

»Wirst du nicht«, entgegnete ich nur und war mir dabei mehr als nur sicher. Weshalb sollte er zu ihnen gehen? Es gab mehrere Gründe, weshalb er es nicht machen wird. Das Erste und Offensichtlichste war, dass sie auch ihn gefangen genommen hatten. Riley wollte mehr als alles andere überleben, weshalb also zu den Leuten gehen, die ihn umgebracht hätten?

Das Zweite war, dass er damals schon nicht gesagt hatte, wo Justin lebte, als er gefoltert wurde, genauso wie ich. Sie hatten uns jeweils versprochen, dass wir überleben würden, wenn wir es ihnen verrieten. Doch weder Riley noch ich, hatten ihnen geglaubt. Deshalb hatte er geschwiegen.

»Du wirst es nicht tun, weil Justin einer der Wenigen war, die wirklich für dich da waren. Nachdem er gesehen hat, wie du von deinem Vater behandelt wurdest, hat er dich sofort da raus geholt«, sagte ich. Das war der dritte Grund. Er vertraute Justin mittlerweile. In der letzten Zeit hatten sie sich gut angefreundet. 

Außerdem wurde er hier aufgenommen, obwohl er uns einmal hintergangen hat. Niemand hatte ihn je wirklich darauf angesprochen, nachdem er hier eingezogen war. Riley hatte mir einmal gesagt, dass er deswegen sehr dankbar sei; ein weiterer Grund, weshalb er nicht wirklich gehen würde.

Riley seufzte. »Du hast ja Recht. Und was ich vorhin sagte sollte nicht so rüberkommen, als würde ich hoffen, dass sie tot sind«, sagte er. Daraufhin schenkte ich ihm ein Lächeln.

»Ich weiß. Gehen wir wieder runter. Vielleicht ist den anderen ja mittlerweile ein Plan eingefallen«, meinte ich und Riley nickte. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg nach unten, wo sie alle schon diskutierten. 

Riley und ich blieben im Türrahmen stehen und lauschten. Kyle, der bis jetzt ruhig geblieben zu sein schien, kam zu uns. 

»Wir sind uns bisher einig, dass nicht alle gehen sollten. Das war's dann auch schon, weil keiner freiwillig gehen möchte«, erklärte er die derzeitige Lage. 

Ich konnte verstehen, dass keiner wirklich freiwillig dorthin wollte, aber Justin, Mary und auch Samuel waren unsere Freunde. Wir würden auch wollen, dass man uns rettet.

»Lüg sie nicht an, Kyle. Ich habe gesagt, dass ich mitgehen würde«, ertönte eine weibliche Stimme. Es war Cassie. Eine Werwölfin und gleichzeitig eine spitzen Bogenschützin. Sie war sogar deutlich besser als Riley.

»Ich komme auch mit«, sagte Riley laut, sodass es alle hören konnten. Einige schienen überrascht zu sein. Scheinbar hatten sie nicht damit gerechnet. Aber das hatte auch ich nicht, schließlich ging es ihm meistens nur um sein Überleben. Doch auch er konnte mit Waffen gut umgehen, was durchaus helfen konnte.

»Arizona und ich begleiten euch auch«, meinte Travis schließlich und Arizona nickte. Schlussendlich erklärte auch ich mich bereit und dieses Mal gab es keinen Justin oder Samuel, der mich davon abhalten konnte. Außerdem konnte ich mittlerweile schießen. Am besten noch immer mit einer normalen Waffe.

Wir gingen uns etwas anderes anziehen. Arizona lieh mir eine schwarze Skinny Jeans und ein Top. Dass sie beide Sachen wahrscheinlich nie wieder ganz sehen würde, schien ihr mehr als nur bewusst zu sein.

»Hätte ich von alldem gewusst, dann hätte ich mir mehr Klamotten mitgenommen«, sagte sie, als sie umgezogen wieder in das Zimmer kam. Auch ich hatte mittlerweile ihre Sachen an. Das glaubte ich ihr gern. Mir fiel dabei auf, dass ich eigentlich gar nicht wusste, wo sie herkam, weshalb ich danach fragte. 

»Aus England«, antwortete sie. Ungläubig sah ich sie an, denn sie hatte keinen Akzent. Sie schien das zu bemerkten und drehte sich grinsend zu mir, während sie sich einen Zopf band.

»Mittlerweile lebe ich schon so lang hier, dass ich perfekt amerikanisch beherrsche. Deshalb hört man es nicht«, beantwortete sie meine unausgesprochene Frage und ich gab nur ein 'ah' von mir.

Als sie fertig war, gingen wir nach unten, wo die anderen warteten. Riley drückte mir zwei Schusswaffen in die Hand.

»Bitte triff nicht die falschen Personen. Das sind keine normalen Kugeln«, flüsterte er mir ins Ohr und ich nickte. Doch ich fragte mich auch, um was für Kugeln es sich handelte, wagte es aber nicht danach zu fragen. Nicht, weil er es mir nicht sagen würde, sondern weil die anderen hier es nicht hören sollten. 

Dann gingen wir los. Wir nahmen mein Auto und Travis saß am Steuer, weil er genau wusste, wo dieser Bunker sich befand. Langsam wurde mir mulmig. Nicht, weil ich dachte, dass die drei tot wären, sondern weil ich das Gefühl hatte, dass es nicht einfach werden würde, sie dort raus zubekommen. 

dark life ➹ j.b ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt