Kapitel 5

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Oh na super. Warten bis wann? Bis der nächste von uns stirbt? Was, wenn es Jaxon ist? Oder Samuel? Oder Kayleight? Das könnte ich nicht zulassen.

»Gibt es nicht noch eine Möglichkeit?«, wollte ich wissen, in der Hoffnung, dass dies der Fall war, doch Riley schüttelte den Kopf.

»Solange ihr nicht wisst wie sie aussehen, könnt ihr nichts weiter tun, als abzuwarten. Es tut mir leid«, sagte er, bevor er einfach das Haus verließ und uns hier alle zurückließ.

Ich ließ mich auf dem Sofa sinken. Seitdem wir hier in der Stadt sind haben wir alle nur Ärger am Hals. Auch Kayleight. Nur durch mich. Das ging mir in letzter Zeit öfter durch den Kopf. Ohne mich würde sie ein ganz normales glückliches Leben führen, ohne befürchten zu müssen, dass sie jederzeit sterben könnte. Oder einer ihrer Freunde.

Nachdem ich mit den anderen noch ein wenig über die ganze Sache diskutiert habe, kamen wir zu dem Entschluss, dass wir wirklich abwarten mussten. Wir hatten keine Wahl. Kurz kam auch als Vorschlag Mason um Hilfe zu bitten, doch ich wollte nicht, dass er wieder einmal in Schwierigkeiten gerät.

Kayleight würde ich das alles morgen sagen. Wenn es ihr denn dann besser ging. Wenn nicht, dann würde ich mir damit Zeit lassen. Doch etwas anderes würde ich morgen auf jeden Fall machen müssen; Riley um Hilfe bitten.

Ich wollte nicht, dass die Jäger sich mit uns verbünden - das würden sie nie tun - aber wenigstens er, damit wir jemanden hatten, der uns ein paar Jägertricks verrät. Denn ich hatte das Gefühl, dass es gegen die Jäger gar nicht so einfach werden würde auch, wenn es Menschen waren. Und nicht nur das, so wie es aussah würde es auch ganz schön blutig werden.


Kayleight's POV:

Am Abend saß ich mit Kyle auf meinem Bett und wir sahen uns eine Komödie an. Er war der Meinung, so könnte er mich ein wenig aufheitern, doch es klappte nicht wirklich.

»Kyle? Tut mir echt leid, aber ich würde jetzt doch gern schlafen«, meinte ich und er nickte, weshalb ich den Fernseher ausschaltete. Als er mein Bett verließ legte ich mich hin und deckte mich zu.

Kyle schaltete das Licht aus und verließ das Zimmer. Kaum war er draußen begann ich auch wieder zu weinen. Nicht nur, dass sie tot war, nein sie wurde auch grausam umgebracht. Wer auch immer das getan hat verdiente einen ebenfalls grausamen Tod.

* * *

Am nächsten Morgen stand ich gegen um neun auf und schrieb Riley eine Nachricht. Trotz allem was gestern geschehen war, wollte ich weiter trainieren. Jetzt hatte ich sogar einen noch größeren Grund dazu.

Ich machte mich fertig und betrachtete mich dann im Spiegel, während ich mir einen Zopf band. Dann schnappte ich mir meine Tasche und ging nach draußen, um mit meinem Wagen zum See zu fahren. Gefrühstückt habe ich noch nicht. Mir war nicht nach Essen und meine Familie hatte das verstanden. Zu meiner Verwunderung wollten sie nicht einmal wissen, wo ich vorhatte hinzugehen.

Am See angekommen war Riley wie jedes Mal schon da. Als ich ausstieg sah ich, dass er das Ziel von gestern schon aufgebaut hatte, doch nicht nur das; er schoss mit Pfeil und Bogen darauf und traf direkt ins Schwarze.

Ich ging zu ihm. »Alles okay?«, wollte ich wissen, denn es sah so aus, als würde er Frust abbauen. Sooft und schnell wie er mit den Pfeilen schoss. Dann ließ er es schließlich sein und holte die Pfeile. Ich folgte ihm und wartete noch immer auf eine Antwort.

»Ich weiß wer das getan hat. Oder eher; welche Gruppe es war. Eine Jägergruppe. Sie sind sehr stark. Justin und die anderen wissen es auch schon. Ich habe es ihnen gesagt und nein, ich weiß nicht wie sie heißen oder aussehen«, sagte er.

Trotz allem war es dennoch gut zu wissen, mit wem genau man es zutun hatte. Er erzählte mir auch, dass Justin heute früh bei ihm war, um ihn zu fragen, ob er uns helfen möchte sie zu finden und zu töten.

»Und?«, fragte ich neugierig darauf, ob er es tat oder nicht. Innerlich hoffte ich darauf, dass er mit 'ja' geantwortet hatte. Er zuckte mit den Schultern.

»Ich hab gesagt, dass es darauf ankommt wie er das meint. Ein paar Tricks könnte ich euch schon verraten. Zu mehr würdet ihr mich nicht gebrauchen können. Ich habe ihm geraten Cassie und TJ um Hilfe zu bitten. Und die Hexen.«

Ich nickte. Dann drückte er mir den Köcher und den Bogen in die Hand. Oh Gott, sollte ich jetzt etwa schießen? Das würde schön daneben gehen. Er erklärte mir alles, was ich zu beachten hatte und wie die Wahrscheinlichkeit höher war, dass ich traf.

Dann hob ich den Bogen mit Pfeil an und atmete ein paar Mal ein und wieder aus, bevor ich schoss. Natürlich traf ich nicht. Was für ein Wunder.

»Wenigstens war der Schuss halbwegs in Ordnung«, scherzte Riley, denn er hatte ganz genau gesehen, dass der Pfeil nach zwei Metern schon auf dem Boden lag.

Ich nahm einen neuen Pfeil und versuchte es erneut. Konnte ja nicht so schwer sein, doch wieder verfehlte ich das Ziel. Dafür flog der Pfeil etwas weiter, worüber ich auch schon relativ glücklich war.

Nach wenigen Versuchen traf ich sogar die Zielscheibe. Zwar nicht in der Mitte, sondern nur am Rand, aber immerhin traf ich sie schon.

Irgendwann hörten wir auf damit und er reichte mir etwas anderes. Eine Schusswaffe.

»Eigentlich hatte ich nicht vor dir richtiges Schießen beizubringen, aber es sieht so aus, als würdest du es gebrauchen können. Jäger sind keine übernatürlichen Wesen. Wenn du gut zielst, kannst du sie so verletzen, dass sie nicht mehr dazu fähig sind, zu kämpfen«, meinte Riley und ich nahm ihm die Waffe ab.

Ich hatte sie mir leichter vorgestellt, wenn ich ehrlich sein wollte. Wieder erklärte er mir alles und als er damit fertig war nickte ich. Dennoch hatte ich irgendwie ein wenig Angst davor, zu schießen. Das lag womöglich daran, dass ich - wenn ich mich extrem dumm anstellen sollte - ihn treffen könnte.

»Es mag vielleicht gerade nicht danach aussehen, aber ich habe heute schon noch etwas anderes vor, Kayleight. Bitte schieß heute noch«, meckerte er. Das half mir total, Vollidiot, dachte ich. Doch laut würde ich das jetzt nicht sagen.

Ich atmete tief ein und aus. Und das mehrmals. Noch immer hatte ich Angst davor, zu schießen, doch ich zielte auf die Zielscheibe und drückte ab. Es gab einen starken Rückstoß, doch zu meiner eigenen Verwunderung traf ich. Nicht in der Mitte, aber fast.

Ungläubig sah Riley mich nun an. Du bist nicht der Einzige, der gerade überrascht ist, Riley, dachte ich, doch dennoch musste ich leicht grinsen, denn ich war stolz auf mich.

»Du hattest so was echt noch nie in der Hand?«, fragte er, noch immer ungläubig. Ich schüttelte den Kopf und gab ihm die Waffe zurück. Damit hatte er wohl wirklich nicht gerechnet, aber ich auch nicht. Ich dachte, dass der Schuss total daneben geht.

»Dann bist du ein echtes Naturtalent. Aber probiere es noch einmal. Vielleicht war es auch nur Glück«, sagte er und gab mir die neu geladene Waffe zurück. Ich nickte und tat genau das Gleiche, wie gerade eben.

Ein paar Mal atmete ich durch, dann drückte ich ab. Und wieder traf ich das Ziel fast in der Mitte. Nun konnte ich mein Grinsen gar nicht mehr verbergen. Endlich mal etwas, was ich wirklich gut konnte.

Wieder gab ich ihm die Waffe, doch diesmal steckte er sie weg. »Also bist du wirklich ein Naturtalent. Glückwunsch«, meinte er und begann alles in sein Auto zu räumen. Das war's etwa schon für heute?

Ich beschloss ihm ein wenig zu helfen und nahm den Köcher. Dann hob ich den Bogen auf und brachte sie ihm. Er nahm mir die Sachen ab und verstaute sie ebenfalls im Kofferraum seines Wagens.

»Morgen wieder?«, wollte er wissen und ich nickte. Was war das denn für eine Frage?

»Gut, morgen lernst du den Umgang mit Holzpflöcken. Trotz all dem Jägerzeug gerade kann es dennoch passieren, dass ein Vampir dich angreift. Besonders, weil du Justin's Freundin bist«, sagte er und wieder nickte ich nur. Ich wusste nicht, dass man den Umgang mit solchen Dingern lernen musste, aber okay.

»Bis morgen«, kam es noch von ihm, bevor er die Tür der Fahrerseite schloss und den Motor startete. Dann fuhr er los. Ich machte mich ebenfalls auf den Weg zu meinem Auto, als mich eine Stimme zurückhielt.

»Was macht ein so hübsches Mädchen wie du alleine hier am See?«

dark life ➹ j.b ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt