Das Cowgirl von Hillington // Dort wo Cowboys geboren werden

Lele und ich

Cowboys.

Was waren schon Cowboys?

Seit nun bald 19 Jahren kannte ich nur die Zeitschriften und Kalender Cowboys. Sie konnte man meist in wenigen Worten beschreiben.

1. Gutaussehend

2. Oberkörperfrei

3. Keine Ahnung von Pferden oder Arbeit

Aber schließlich waren es auch immer Models und keine echten Cowboys. Echte Cowboys stellte ich mir entweder so vor, wie die aus den Zeitschriften meiner kleinen Schwester Chelsea oder alt und übergewichtig mit einem breiten Schnäuzer. Dazwischen gab es in meiner Vorstellung nichts, nur diese beiden Extreme.

„Wie lange noch?" fragte Chelsea und nahm mir so dankenswerterweise die Worte aus dem Mund. „Nicht mehr lange Lele" wie ich diese Antworten meiner Mutter hasste. Wie lange war denn „Nicht mehr lange" nun? Eine, zwei oder drei Stunden? Mehr? Weniger? Weder Lele noch ich kannten die Antwort darauf und wir würde sie wahrscheinlich auch nie erfahren.

Aber ich würde hoffentlich bald erfahren wie echte Cowboys denn nun aussahen. Vor etwa einem Jahr hatten meine Eltern eine Ranch irgendwo in Texas gekauft. Mein Vater war selber auf einer Ranch groß geworden und sah sich daher wohl der Aufgabe gewachsen. Zudem waren Mum und Dad beide der Ansicht, es sei gut für uns Kinder auf dem Land groß zu werden.

Dass Dad aber schon mit 15 in die Stadt gezogen war und Lele und ich in LA gut zufrieden gewesen waren, schien ihnen entgangen zu sein. Natürlich war es als große Schwester meine Aufgabe sie auf solche Fehler hinzuweisen, aber wie es nun mal auch mein Schicksal war, wurde ich mal wieder mit dem Satz „Ach mach dir keinen Kopf Ella, deine Mutter und ich machen das schon" abgeblättert.

Also waren weder Lele, noch Ich, begeistert auf das uns bevorstehende neue Leben zwischen halb nackten Cowboys oder alten Männern mit Schnäuzern.

Wahrscheinlich war das einzige was uns dort helfen würde, die Reiterfahrungen, die wir beiden schon von kleinauf gesammelt hatten. Ich hatte mit 4 Jahren angefangen zu reiten, hatte also gute 14 Jahre Erfahrung. Lele war ebenfalls mit 4 angefangen und hatte daher erst 10 Jahre Erfahrung, das war zwar nicht wenig, aber eben weniger als ich es hatte.

Ich musterte sie von der Seite, Reiten und unsere Eltern war auch alles was wir gemeinsam hatten. Ich war schon immer das einfachere Kind gewesen. Secondhand, Matsch und Sand hatten, als ich noch kleiner war, zum Spielen gereicht. Generell kam ich eher nach Dads Mentalität.

Leles erste Schuhe waren von Gucci gewesen und sie war vermutlich das einzige Kind im Sandkasten gewesen, was laut angefangen hatte zu schreien, wenn man sie auf den Boden setzten wollte. Natürlich war sie nicht selber daran schuld, schließlich hatte meine Mutter mit dem Marken Mist angefangen, aber trotzdem war es nervig.

Mir stellte sich also die unausweichliche Frage: wie um alles in der Welt würde dieses Mädchen im Minirock und Marken Pullover neben mir, auf einer Ranch mitten im Nirgendwo in Texas überleben?