Neues Schuljahr

50 6 4
                                    

„Leute, wo seid ihr denn geblieben?", begrüßte sie Lee, der ihnen das Abteil freigehalten hatte, lachend.
Als er Felix erblickte, sprang er tatsächlich auf. Der blieb ein wenig unschlüssig stehen. Zum einen, weil er ihn gerne umarmen wollte und zum anderen, weil er am liebsten das Abteil verlassen hätte. Schließlich gab er sich jedoch einen Ruck und zog ihn zu sich. Fred grinste und er und die anderen fläzten sich auf die Ledersitze.
Dann jedoch verfielen sie in ein unangenehmes Schweigen. Lees Augen zuckten alle paar Sekunden zu Felix, obwohl er sich deutlich Mühe gab, das zu unterdrücken.

„Also", begann er schließlich mit einem hilflosen Lächeln. „Wie...wie waren eure Ferien?"
Fred sah zu Felix, welcher gedankenverloren seinen Zauberstab in den Händen drehte.
„Na ja, das...das ist ein bisschen..."
„...komplizierter", ergänzte George den zögernden Satz seines Bruders.
Felix strich noch einmal über die glatte Oberfläche des Holzes, dann sah er auf.

~

Mit einem Ruck wurde die Tür des Abteils aufgerissen. Sie konnten gar nicht reagieren, da wurde Felix schon an seinem Pullover hochgerissen und mit einem Krachen gegen die Wand gedrückt.
„Du Mistkerl!", zischte Cleitus.
Hinter ihm tauchten Adrian und ein dritter Slytherin, auf.
„Hey, weg von ihm!"
„Bist du..."
Fred taumelte, von Cleitus' Faust getroffen, zurück und sofort stellten sich seine zwei Begleiter in seinen, Georges und Lees Weg.
Cleitus packte wieder Felix.

„Was fällt dir, was fällt euch eigentlich ein, meinen Vater öffentlich als Todesser darzustellen?"
Seine Stimme war lauter geworden. Felix sah ihn voller Abscheu an.
„Lass mich los!", flüsterte er.
„So leicht kommst du diesmal nicht davon! Glaubst du etwa, ich lasse mir solche Märchen gefallen?", schrie der Slytherin fast.
„Ach ja?", erwiderte Felix. „Dein toller Vater hat mich gerade am Bahnhof bedroht. Hat eine Nachricht von seinem Herrn weitergeleitet."
Du spinnst doch!"

Da rammten Lee und die Zwillinge mit voller Wucht gegen Adrian, sodass er nach hinten stolperte und seinen Freund zu Fall brachte.
Cleitus ließ von Felix ab, der sofort seinen Zauberstab aufhob, welcher ihm auf den Boden gefallen war.
„Geht jetzt!"
Cleitus' Gesicht war zornesrot.

„Was ist hier los?"
Sie sahen zur Seite.
Der Vertrauensschüler aus Ravenclaw, Davies, war neben ihnen aufgetaucht und sah sie mit gerunzelter Stirn an.
Sofort wurden die Zauberstäbe gesenkt und Cleitus trat einen Schritt zurück.
„Gar nichts", knurrte er, ohne seine funkelnden Blicke von den Gryffindors zu nehmen.
„Hört jetzt auf mit dem Unsinn und zieht euch um, wir sind gleich da!"
Jetzt drehten sich Cleitus und seine Freunde voll zu ihm und spöttisch erwiderte Adrian:
„Als ob du uns sagen könntest, was wir zu tun haben!"
Davies tippte nur auf sein Abzeichen, welches auf seiner Brust prangte und drehte sich mit einem letzten warnenden Blick um.

Fred selbst zog sofort die Tür des Abteils zu und versperrte sie. Dann zog er den Sichtschutz vor das Fenster und drehte sich zu Felix.
„Was soll das heißen? Hasapis' Vater hat dich auf dem Bahnhof bedroht? Warum hast du nichts gesagt?"
Felix ächzte. „Ich...ach, es war nichts weiter."
„Fe!"
„Ich...er hat nur gesagt, dass mir Vol..." Er korrigierte sich, als Lee Anstalten machte zusammenzufahren. „Sein Vorgesetzter würde mir gute Besserung wünschen. Und...ja. Er wollte mir einfach nur ein wenig Angst machen."
Was ja leider auch funktioniert hatte.

Seine Freunde ballten ihre Fäuste.
„Warum hast du das nicht früher gesagt, Fe? Ich hätte den Kerl so verhext, dass sein Vorgesetzter ihn nicht wiedererkannt hätte."
„Nein, George", erwiderte Felix nur. „Hättest du nicht."
Doch Lee sah ihn nur grimmig an.
„Natürlich. Es ist egal, von wem du abstammst, diese Kerle haben dich in Ruhe zu lassen."
Felix ließ sich wieder auf die Sitzbank fallen. Er war müde. Und zwiegespalten. Zum einen freute er sich auf Hogwarts, doch auf der anderen Seite wollte er nicht wirklich wissen, wie es dort weiterging.

„Lee. Es ist doch alles gut gegangen", sagte er deshalb nur. „Zieht bitte nicht unnötig die Aufmerksamkeit Voldemorts..."
Lee zuckte leicht zusammen, sagte aber nichts.
„Von Ihr-wisst-schon-wem auf euch. Die habt ihr, als meine Freunde, sowieso schon", fügte er leise hinzu.
Seine Freunde sahen sich kurz an, dann nickten sie.
„Natürlich. Trotzdem kannst du darauf vertrauen, dass wir dir helfen."
„Wo wir nur können!"
„Und da kannst du auch nichts gegen machen!"
Felix lächelte.
„Weiß ich doch. Aber ich glaube, Davies hat Recht, wir sollten uns umziehen. Ich sehe schon den Wald."

~

„Oh Mann. Endlich wieder zu Hause."
Mit einem glückseligen Lächeln legte Lee seinen Kopf in den Nacken. Felix schmunzelte.
„Du vergisst, dass Snape unser Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste sein soll", erinnerte er ihn an die unerfreuliche Nachricht und sofort stöhnte er auf.
„Alter, Fe, lass mir doch für einen Moment das Gefühl des Glückes."
Lachend zogen die Zwillinge sie der Treppe nach oben und in die Große Halle.

Die Decke war genauso düster, wie der Himmel außerhalb des Schlosses und verursachte so mit den hunderten von Kerzen eine heimelige Atmosphäre.
Die Luft schwirrte von den Stimmen der Schüler, welche sich über die Ferien und Erwartungen für das kommende Schuljahr austauschten.
Sogar die Geister hielten lebhafte Unterhaltungen, wobei Felix sich fragte, worüber man sich nach so langer Zeit noch unterhielt. Wahrscheinlich in welchen Gängen sie in den Ferien herumgeschwebt waren.

Mit knurrenden Magen ließen sie sich auf die Holzbänke fallen und Felix betrachtete gedankenverloren den Lehrertisch. Professor Dumbledore unterhielt sich eben mit dem Hauslehrer der Ravenclaws, während Professor Snape nur mürrisch seinen Blick über den Tisch seines Hauses schweifen ließ.
Er sah ungewöhnlich müde aus. Noch blasser als sonst.

Er sah auf, als Professor Raue-Pritsche mit stechenden Schritten die Halle betrat und sich an Professor McGonagall vorbeizwängte, welche die Erstklässler empfing.
„Fe? Hey, Fe!"
„Hm?"
Lee wedelte mit seiner Hand vor seinem Gesicht. „Ich sagte um sich seine Rede aufzuschreiben."
Verdattert sah Felix ihn an. Was sollte denn das jetzt?
Lee runzelte seine Stirn. „Professor Dumbledore?"
Felix verstand.
„Achso. Ja. Und um sich all die Phrasen auszudenken, mit denen er uns verwirren kann", murmelte er, dann jedoch fiel sein Blick auf eine äußerst groteske Gestalt.

„Wer ist denn das?"
Hatten seine Freunde ihn bis gerade eben noch stumm gemustert, dann waren sie jetzt umso erstaunter, als sie die kleine Frau sahen, die direkt neben dem Schulleiter saß.
Vorher hatten sie sie nicht sehen können, da Sinistra vor ihr gestanden hatte.
Sie hatte kurze, mausgraue Locken, in denen ein fürchterlich pinker Haarreif steckte. Überhaupt war alles rosa an ihr. Die Strickjacke, die Bluse, die Schuhe und die Strümpfe, die unter dem Tisch hervorlunsten und sicherlich auch der Rock, den sie trug.
George runzelte seine Stirn.
„Sollte dieser...Professor Slughorn nicht männlich sein?"
Sein Bruder zuckte mit den Schultern.
„Vielleicht..." Er stockte. „Keine Ahnung."
Noch bevor einer von ihnen etwas sagen konnte, öffneten sich die breiten Flügeltüren und Professor McGonagall trat, gefolgt von den Erstklässlern, ein.

Der Erbe des Prinzen - Der ÜberlebendeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt