24.Gespräche im Kerker

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Snape

Nach einigen Minuten trat ich ebenfalls in den Unterrichtsraum und sah Allison sofort auf ihrem Stuhl sitzen, den sie jedes Mal nahm, obwohl hier mindestens noch 8 weitere Stühle an diesem Tisch standen.
Nie habe ich mir darüber einen Kopf gemacht, doch heute fiel es mir besonders auf.
Ich steuerte auf sie zu, nicht in der Lage, ihr heute einen langen Vortrag über Zuspätkommen zu halten.
Ich hatte schon bei Dumbledores Anwesenheit sofort festgestellt, dass etwas nicht stimmte.
Angestrengt sich nichts anmerken zu lassen, scheiterte sie jedoch schon seit der ersten Sekunde.
Ein Blick in ihr Gesicht hatte dazu ausgereicht.

Ich räusperte mich.
„Hast du eine Entschuldigung für dein Zuspätkommen?", fragte ich sie, während ich mich ihr gegenüber setzte.
Sie schüttelte den Kopf.
„Nein, habe ich nicht. Aber ich versichere Ihnen, dass es nicht mehr vorkommt.", sie sah mich aufrichtig an.
Ich stützte meinen Ellenbogen auf den Tisch ab.
„Gab es denn einen anderen Grund für die Verspätung?", ich zog meine Augenbraue nach oben, bereits wissend, dass es einen gab.
Sie überlegte nach einer passenden Antwort.
Und da war mir sofort bewusst, dass sie mich anlügen oder mir nur die halbe Wahrheit auftischen würde.

„Ich war im Krankenflügel. Draco besuchen.", antwortete sie.
„Und?"
„Was und?", sie wirkte nicht ertappt, aber zu abgelenkt, um die Frage ernst zu meinen.
„Was ist noch passiert?", fragte ich die Braunhaarige eindringlich.
„Das Trio kam."
Ich war für einen Moment verwirrt, doch ließ mir nichts ansehen.
Potter und seine Freunde bei Draco?
Sicher nicht um ihm Genesungswünsche auszurichten.

„Allison, muss ich dir jedes Wort aus der Nase herausziehen? Was wollten sie von deinem Bruder?"
Sie wirkte über diese Direktheit eingeschüchtert und für einen Moment glaubte ich, gesehen zu haben, dass sie zusammengezuckt war.
„Sie haben etwas über ihn herausgefunden, was sie nichts angeht. Sie wollten ihn zur Rede stellen, aber kurz danach kam schon Madam Pomfrey um sie wegzuschicken." murmelte sie.
Nervös faltete sie ihre Hände ineinander, als wäre sie betroffener an der Sache, als sie vorzugeben schien. Doch ich sollte nicht genauer darauf eingehen. Das Grobe wusste ich und mehr durfte ich als Lehrperson nicht in Anspruch nehmen.
Außerdem war es unglaublich schwer, etwas aus Allison herauszubekommen, was sich nicht nur kurz und knapp hielt.

Ich nickte ihre Aussage ab.
„Wir werden heute nicht mit dem Okklumentikunterricht fortfahren.", beschloss ich.
Jetzt wirkte sie ziemlich irritiert.
Gerade als sie fragen wollte, warum, ergänzte ich meine Aussage barsch.
„Du bist zu unkonzentriert und das fällt dir nicht einmal auf."
Und das stimmte.
Meine Worte rauschten an ihr vorbei, wie Wellen im Meer.
Sie klangen monoton und man nahm sie nach einer Weile nicht mehr wirklich wahr.

„Und was mache ich dann hier?"
Ich überlegte.
Im Stoff für Zaubertränke lagen wir sehr gut in der Zeit.
„Ich wollte sowieso mit dir sprechen, also können wir das Gespräch, welches für nächste Woche bestimmt war, auch jetzt schon führen."

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Allison

Er setzte einen ernsteren Ausdruck auf. Was wollte er wissen? Warum wollte er es wissen?
War es etwas Schlechtes? Etwas Schlimmes?
„Okay.", ich räusperte mich verlegen.
Er stand auf und setzte sich näher zu mir heran halb auf den Tisch.
Trotzdem war noch mindestens ein Meter Platz zwischen uns.
„Gefällt es dir an dieser Schule?", fragte er nüchtern.
Ich hätte mir alles an Fragen vorstellen können, doch damit hatte ich nicht gerechnet, weshalb ich nicht sofort eine Antwort darauf fand.

„Ich weiß nicht..Ja?", es klang wirklich mehr wie eine Frage, als eine feste Antwort.
Jedoch wusste ich nicht, was er hören wollte.
„War das eine Frage?", er zog beide seiner Augenbrauen zusammen, während er mich eindringlich musterte.
„Nein.", antwortete ich mit einem festeren Unterton, dass er mir Glauben schenkte.
Plötzlich schrieb er etwas auf ein Stück Pergament.
Was wollte er damit bezwecken?

Doch er stellte bereits die nächste Frage.
„Hast du Probleme mit den Lehrern, die dich unterrichten?"
Ich verneinte. Eigentlich waren die Lehrer hier ganz normal. Sie machten eben ihren Job.
Ich hatte bis jetzt keine Probleme mit ihnen oder habe mich ungerecht behandelt gefühlt.
„Wie sieht es mit deinen Noten aus?"
Ich schob meinen Stuhl etwas näher an den Tisch und stützte dabei meine Ellenbogen auf.
„Gut. Bis jetzt.", schätzte ich mal.
Bis jetzt hatte ich nur gute Noten geschrieben. Zumindest meiner Meinung nach.
Er setzte erneut seine Feder an und kritzelte schnell etwas aufs Papier.

„Wie sieht es mit Freunden aus?", fragte er mich nun.
Ich wurde langsam stutzig.
„Wozu ist denn das alles wichtig? Habe ich etwas falsch gemacht?"
Er blickte hoch und schüttelte langsam den Kopf.
„Nein, ich muss das nur wissen. Bei neuen Schülern, die hierher gewechselt sind, haben wir die Pflicht uns nach den Schülern zu erkundigen.", antwortete er mir, während er aufstand um das Fenster zu öffnen. Mir fiel jetzt erst auf, dass es hier drin wirklich stickig war.
Trotzdem lief mir im ersten Moment ein kalter Schauer über den Rücken, als der kühle Abendwind bei mir angekommen war.
„Ich komme alleine gut zurecht.", sagte ich und machte indirekt deutlich, dass ich keine habe.

Er nickte dies ab und schrieb aber dieses Mal nichts auf.
„Wirst du von Mitschülern schikaniert oder etwas Ähnliches in diese Richtung?"
Ich schüttelte den Kopf.
Wieder schrieb er nichts auf.
„Falls doch, kannst du dich-"
„Ich werde es nicht.", unterbrach ich ihn.
Die Direktheit meiner Stimme machte das noch einmal deutlich.
Er nickte nochmals.

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Severus

Eigentlich fand ich diese Gespräche unnötig und sinnlos. Ich interessierte mich wenig für die private Situation der Schüler und damit wurde ich gezwungen, trotzdem nachzufragen um sicherzustellen, dass die Neulinge auch wirklich gut angekommen waren.
Diese Pflicht gab es noch nicht allzu lange und wurde von dem Kollegium fast einstimmig beschlossen, da neue Schüler eher dazu neigten, sich in die Opferrolle zu bringen und sich nicht wohl in ihrer neuen Umgebung zu fühlen.
Das waren Minerva's Worte gewesen, welche die meisten Lehrer dazu veranlasst hatte, dafür zu stimmen.
Doch mich hatte sie damit kalt gelassen.

Dieses Mal war es jedoch anders. Ich interessierte mich wirklich für Allison's Aussagen auf die Fragen, die ich ihr stellte.
Aus irgendeinem Grund war es mir wichtig zu wissen, ob sie hier Probleme hatte.
Nicht, dass es mich bei Draco nicht interessiert hatte. Aber das lag an seinem Vater, der andauernd in seinen ersten 2 Schuljahren über ihn informiert werden wollte, weshalb ich besonders auf ihn achten musste.
So wusste ich vieles über Draco und erkannte auch noch heute, warum er reagierte, wie er reagierte.
Aber es war eben nicht das Gleiche, wie bei Allison.
Ich sah sie nun sehr häufig in der Woche und hatte sie deshalb besser kennengelernt. Trotzdem war es oft unmöglich hinter ihre Fassade zu blicken, welches mir bei anderen Schülern nach Sekunden gelang.

Ich konnte nur an ihrem direkten Unterton erkennen, dass sie es wirklich ernst meinte.
„Also bist du zufrieden mit deiner momentanen Situation?", war die letzte Frage, die ich ihr abschließend stellen wollte.
Sie sah nicht so aus, als müsste sie überlegen, eher als versuchte sie ein Lachen zu unterdrücken.
„Ja. Klar."
Ihre Stimme triefte vor Ironie, doch als sie es ausgesprochen hatte, wurde ihr klar, was diese Antwort für sie bedeutete.
Fragen.
Fragen, die sie wohl noch beantworten musste.
„Ich meine es ernst. Ich bin hier glücklich.", versuchte sie sich noch zu retten, aber ihre erste Aussage war deutlich gewesen.

Ich kritzelte erneut etwas auf meinen Zettel:
„Zufrieden in ihrer jetzigen Position"
Da ich diesen Zettel Dumbledore geben musste, war es eigentlich ziemlich egal, was ich aufschrieb.
Außerdem waren es ihre Worte gewesen, wenn auch nicht ernst gemeint.

Und so endete eine nicht stattgefundene Diskussion ohne einen Anfang gehabt zu haben.
Doch ich würde das nicht dabei belassen, auch wenn ich sie jetzt damit gehen ließ.

Severus Snape&Allison Malfoy- Die kalten HerzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt