40.Unerfüllte Wünsche

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Allison

„Sieht sehr gut aus.", sagte Severus, als er meinen gebrauten Trank begutachtete.
Er stellte ihn in einen Schrank und setzte sich dann neben mich an den Tisch.
„Sag mal, Allison.."
Das hieß nichts Gutes, wenn er schon so anfing.
Ich sah ihn fragend an.
„Ich habe dich nicht darauf angesprochen, weil ich dachte, dass du die Sache vielleicht von selbst erzählen möchtest, aber du hast seit Tagen kein Wort darüber verloren. Was ist denn letzte Woche im Unterricht passiert?", versuchte er so gut wie möglich beiläufig zu fragen.
Die Sache mit Carrow.
„Achso, das. Eigentlich nichts Besonderes. Wie es halt im Unterricht bei den Carrows so ist.", versuchte ich das Geschehene etwas zu beschönigen. Woher hatte er das auch schon wieder mitbekommen? Mir kam es langsam so vor, als hätte man als Schulleiter überall seine Ohren in den Wänden.

Er sah nicht zufrieden mit meiner Antwort aus, weshalb ich weitererzählte.
„Wir haben den Todes-Fluch behandelt und er hatte mich in dieser Stunde in sein Visier genommen. Klar, wegen der Sache mit Dumbledore. Wie auch immer.
Ich lebe immerhin noch, also.."
Er beobachtete mich weiterhin aufmerksam.
„Das ist nicht lustig, Allison."
Ich zuckte nur mit den Schultern. Was soll ich darauf denn erwidern? Immerhin leitet er diese Schule.

„Warum bist du nicht zu mir gekommen? Nach dem zu urteilen, was ich gehört habe, muss es echt heftig gewesen sein."
Hm, mal überlegen..
Ach ja.
Ich wollte dich vielleicht nicht schon wieder mit irgendeinem Problem belasten.
Außerdem trifft es fast jeden Schüler und wenn ich die Ausnahme bin, wäre das wohl kaum fair.
Da müssen wohl alle mal durch.
Aber das spreche ich natürlich nicht laut aus. Ich möchte nicht, dass er sich in irgendeiner Weise deswegen schlecht fühlt.

„Es ist alles in Ordnung. Wirklich. Ich bin alt genug um zu wissen, was das Richtige für mich ist.", entgegnete ich ihm also gelassen und stand auf um in sein Wohnzimmer zu gehen. Dort hatte ich immerhin meine Tasche abgelegt.
Er folgte mir, unsicher was er davon halten sollte.
„Severus, du musst dir nicht andauernd Sorgen um mich machen. Es geht mir gut.
Du hast doch bestimmt gerade andere Dinge zu erledigen, als mich über den Unterricht auszufragen."
Ich schulterte meine Tasche und wollte ihm einen Abschiedskuss auf die Wange geben, als ich es mir doch anders überlegte.
Er muss mir Vertrauen schenken, wenn das hier funktionieren soll.
Ich legte meine Lippen auf seine. Erst schien er ein wenig überrascht, doch erwiderte meinen Kuss dann schließlich.
„Wir sehen uns morgen auf dem Ball.", sagte ich noch und war dann bereits auf dem Weg zu meinem Zimmer ohne seine Antwort abgewartet zu haben.

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Severus

Meine Hände zittern. Ich bin wütend.
Und dabei weiß ich nicht wirklich, warum ich es eigentlich bin.
Ich habe das Bedürfnis irgendwo gegen zuschlagen oder irgendetwas zu zerbrechen.
Doch das tue ich nicht. Ich sitze weiterhin still auf meinem Sofa und versuche mich zu beruhigen.
Ich fahre mir aufgebracht durch meine Haare und visiere das Bücherregal, welches rechts vor mir steht.
Ich wünsche mir in letzter Zeit so Vieles, doch weiß, dass manche Dinge einfach nicht in Erfüllung gehen können.

Ich möchte, dass Allison sicher ist.
Vor Voldemort, vor den Carrows, vor den Mitschülern,...
Vor allem, was ihr schaden könnte.
Was ihr wehtun könnte.
Ich möchte das wir ein unbeschwertes Leben leben können.
Das wir nichts verheimlichen müssen.
Das nicht alles so grau ist, wie es im Moment zu sein scheint.
Ich sehne mich nach Freiheit.
Soviel, wie ich bekommen kann.

Ich stehe auf um mich im Spiegel zu betrachten. Der Ball beginnt gleich.
Eigentlich wollte ich zur Feier des Tages Allison noch eine Kleinigkeit, ein Armband, schenken. Doch sie verspätet sich anscheinend und ich muss gleich los, also werde ich es ihr einfach später noch geben.
Ich schließe die Tür hinter mir und mache mich auf den Weg in die Große Halle. Es sind noch nicht viele Schüler und Schülerinnen da, weshalb ich mich erstmal an die Seite stelle. Ich blicke auf die Uhr und sehe, dass der Ball offiziell erst in 10 Minuten beginnt.
Da ich sowieso nur als Aufsichtsperson hier bin, muss ich eigentlich nur darauf aufpassen, dass keiner Alkohol in die Bowle schüttet oder sich irgendwer stark danebenbenimmt.

Aber eigentlich halte ich nur Ausschau nach Allison.

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Allison

Ich bin eindeutig zu spät.
Meine Haare hochzustecken, hatte länger gedauert, als beabsichtigt. Ich weiß gar nicht, warum ich mir so viel Mühe mache. Es ist immerhin nur ein langweiliger Schulball.
Vielleicht mache ich es tatsächlich nur, um Severus ein wenig zu beeindrucken.
Ich schnappe mir meine Tasche und mache mich endlich auf den Weg in sein Büro. Wir wollten uns vorher dort treffen, aber ich bin wahrscheinlich schon so spät, dass er gar nicht mehr dort ist. Einen Versuch ist es wert.
Ich klopfe, aber wie erwartet, ist er anscheinend schon in der Großen Halle. Ich husche trotzdem noch schnell hinein, da ich gestern meinen Ring hier vergessen haben muss, als ich den Trank gebraut hatte.

Ich sehe auf dem besagten Tisch nach, an dem ich ihn vermutet hätte, doch er liegt nicht dort. Ich hoffe, ich habe ihn nicht verloren. Immerhin ist es mein Lieblingsring.
Ich werfe einen Blick auf den Boden. Vielleicht ist er heruntergefallen.
Als ich ihn dort auch nicht erblicken kann, gehe ich davon aus, dass Severus ihn gefunden haben muss und ihn irgendwo sicher verstaut hat. Wahrscheinlich in einer seiner Schubladen am Schreibtisch.
Sonst fällt mir kein Platz ein, wo er sonst liegen könnte.

Zurück in seinem Büro, betrachte ich seinen Tisch. Er besitzt drei Schubladen.
Severus hat mir irgendwann mal erzählt, dass alle wichtigen Dinge meist dort zu finden sind, da  er sich dort am meisten aufhält.
Logisch.
Ich ignoriere Dumbledores Porträt, da er sowieso gerade zu schlafen scheint und öffne die oberste Schublade. Leer.
In der zweiten erkenne ich nur irgendwelche schulischen Unterlagen, die mich wohl nichts angehen.
Aber tatsächlich! In der dritten finde ich meinen geliebten Ring und setze ihn mir gleich zurück an den Finger. Ich bin gerade dabei, die Schublade wieder zu schließen, als mir ein Blatt Pergament in die Augen fällt. Ich habe meinen Namen gelesen.

Es ist eindeutig ein Brief und eigentlich sollte ich ihn mir nicht durchlesen. Immerhin wurde er nicht an mich gerichtet. Aber es geht um mich..
Meine Neugier ist am Ende doch größer und ich greife nach dem Papier um wenigstens die Stelle, wo mein Name vorkommt, zu lesen.

...

Meine Kinnlade klappt herunter und mir wird schwindelig. Ich nehme die Worte nur noch verschwommen war. Das kann nicht sein.
Tränen rinnen meine Wangen unaufhaltsam hinab. Ich halte mir die Hand vor den Mund und kann meine unregelmäßigen Schluchzer deutlich in der leeren Stille hören.
Ich werde sterben.
Ich. Werde. Sterben.
Voldemort will mich umbringen. Es war alles geplant. Und ich habe keine Ahnung, was ich machen oder wie ich mich fühlen soll.
Ich fühle mich auf jeden Fall nicht gut.

Mein wunderschönes Kleid hat bereits die ersten Tropfen abbekommen, weshalb es nun von dunklen Punkten geziert wird.
Es ergibt plötzlich alles einen Sinn:
Dracos merkwürdiges Verhalten.
Narcissas krakeligen und verschwommenen Worte.
Der ominöse Brief von Lucius.
Und ich habe nicht weiter darüber nachgedacht. Ich stehe auf und lasse den Brief wie benebelt fallen. Ich trete auf ihn. Immer und immer wieder. Bis er die ersten Risse hat und droht auseinander zu fallen.

Mit drei weiteren Schritten riss ich die Tür auf und knallte sie mit voller Wucht wieder zu.
Warum hat er mir nichts erzählt?
Wie konnte er mir das nur verschweigen?
Ich stieg die Treppen empor um zum Astronomieturm zu gelangen.
Eigentlich hasste ich diesen Ort, aber ich brauche dringend frische Luft. Dort ist vermutlich der einzige Platz, wo ich wirklich ungestört bin.
Und was ist das schon für eine Ironie?
Dort habe ich einen Mord begangen.
Und dort werde ich auch über meinen eigenen Tod nachdenken.

Severus Snape&Allison Malfoy- Die kalten HerzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt