Kapitel 20

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In Andreas Wohnung angekommen, gingen wir in die Küche, sie füllte uns jedem etwas von der Lasagne auf einen Teller und nach ihren Hinweisen fand ich eine kleine Vase und stellte die Gerbera ins Wasser, die ich auf dem Küchentisch platzierte und mich selbst daran setzte. Lächelnd drehte Andrea sich von der Mikrowelle zu mir und betrachtete kurz den Tisch. „Du glaubst gar nicht, wie lange ich keine Blumen mehr bekommen hab." „Schön, wenn es dich freut. Hätte das erste Mal geklappt, hätte ich keine dabei gehabt." Plapperte ich und verzog auf ihren fragenden Blick sofort ertappt das Gesicht. „Wie meinst du das?" Verlegen lächelte ich und erklärte ihr die Situation am Samstag. Andrea lachte, was mich sofort erleichterte und erklärte dann, dass Tobias sie irgendwann gefragt hätte, ob er zu viel getrunken habe oder sie sich auch so beobachtete fühlen würde. „Upss." Gab ich nun ebenfalls lachend von mir, die Mikrowelle piepste und Andrea stellte den Teller vor mir ab und den nächsten hinein, bevor sie Besteck aus der Schublade nahm und mir reichte. Schnell war auch ihr Essen erwärmt, sie setzte sich zu mir und wir fingen an zu essen. Andrea sah zu mir auf und lächelte. „Du hättest dir keine Gedanken machen müssen. Mir wäre ein Gespräch mit dir wichtiger gewesen, als mit den Kollegen mit zugehen." Nachdenklich schluckte ich meinen Bissen herunter, lobte zuerst ihr Essen und wollte dann etwas leiser wissen. „Warum hast du dich dann nicht gemeldet. Also ja ich hab dich raus geworfen, aber?" Andrea schenkte mir ein kleines Lächeln. „Ich wollte dir Zeit geben. Noch diese Woche, aber spätestens Sonntag hätte ich mich gemeldet." Es beruhigte mich das zu hören und so gestand ich ihr wie viel ich an sie gedacht hatte und wie sehr ich bereute das es so eskaliert war. Sie nickte und gestand auch mir, das sie täglich an mich gedacht hätte und es ihr mit der Situation nicht gut gegangen wäre. Seufzend legte ich mein Besteck auf den leeren Teller. „Ich weiß und genau darüber müssen wir reden. Ich will nicht das es dir wegen mir schlecht geht." Sie schluckte bedächtig, bevor sie einen Schluck aus ihrem Glas nahm und dann zu meinem Teller griff. „Lass uns darüber in Ruhe reden." Wir räumten ab und gingen rüber ins Wohnzimmer.
Ich setzte mich auf den angeboten Platz auf der Couch und Andrea zog sich den kleinen Sessel ran und setzte sich mir gegenüber. Okay, das sah nun wirklich nach einem ernsthaften Gespräch aus. Sie lehnte sich vor, stütze die Unterarme auf ihren Oberschenkeln ab und faltete die Hände, als sie einen Moment mit gesenktem Kopf nachdachte. Ich rutschte ein wenig unsicher herum, schlug die Beine übereinander, aber versuchte möglichst offen zu wirken. Verkniffen sah sie zu mir auf und atmete hörbar durch die Nase aus. „Ich hab so viel nachgedacht und auch mit meiner guten Freundin Vera über uns gesprochen..." Erstaunt hob ich die Augenbrauen und sie lächelte schief und erklärte. „Wir kennen uns schon sehr lang und ich wollte ihre Meinung dazu hören. Na ja ihr erster Ansatz war, das ich wohl in der Midlife Crisis stecke. Eine junge lesbische Frau, etwas neues ausprobieren wollen usw." Ich konnte mein grinsen nicht unterdrücken, legte mir verstohlen die Hand vor den Mund und zuckte mit den Schultern. Andrea zog eine Grimasse. „Haha...Ich fand das nicht grade schmeichelhaft, aber der eigentliche Punkt ist. Das es mir nicht um das Ausprobieren geht. Mir liegt wirklich viel an dir und alles was passiert oder sich zwischen uns entwickelt, passiert einfach." Ein wenig überrumpelt kratze ich mich am Kopf und lächelte verlegen. „Ich weiß was du meinst. Ich habe versucht mich damit abzufinden, das es zu schwierig ist und es einfach keine Möglichkeit gibt, aber kaum stehst du vor mir, verblasst das alles. Ich kann nur noch daran denken wie gut mir deine Nähe tut und das ich dich nicht verlieren will." Leise räusperte ich mich. „Aber es gibt so viele Probleme und dabei rede ich noch nicht mal von unserem Altersunterschied oder meiner Vergangenheit über die ich nicht sprechen will, es gibt so vieles, dessen solltest du dir bewusst sein." Sie nickt traurig und sieht mich fragend an „Was meinst du genau?" Ich verzog kurz das Gesicht und setzte mich etwas auf. „Denk nur mal an Samstag. Locker mit Freunden etwas trinken gehen. Es ist nicht so als wenn ich das nicht könnte, aber es hängt von meiner Tagesform ab." Hilflos hob ich die Hände und ließ sie sinken. „Ich kenne das zugenüge, oute ich mich kommt es zu Fragen, erklärt ich es nicht, wird auch gefragt warum ich nicht trinke. Alkohol ist so tief in unsere Gesellschaft verankert das man automatisch nicht als normal angesehen wird, wenn man nicht trinkt. Ein Glas Sekt, komm das geht aber..." Eindringlich schaue ich sie an. „Und so was betrifft dann nicht nur mich. Du wirst dich genau so rechtfertigen müssen, warum du dich mit einer trockenen Alkoholikerin abgibst." Abwehrend verzog sie das Gesicht. „Was soll das denn heißen, darum bist du doch kein schlechter Umgang? Wie gesagt, finde ich es sehr stark das du dazu stehst und es geschafft hast." Resignierend verzog ich das Gesicht. „Das siehst du so. Ich hab es erlebt und das beste Beispiel ist meine Familie. Mein Vater hatte mehr angst um seinen Ruf, als das er sich damals in der Klinik hätte blicken lassen. Mein Bruder Hendrik ebenfalls Arzt, verachtet mich, wie ich so abstürzen konnte. Und glaub mir da gibt es so einige die es nicht verstehen werden." Sie senkt betrübt den Kopf. „Das wusste ich nicht." Flüstert sie nachdenklich. „Ich mache dir ja auch keinen Vorwurf, aber die Co Abhängigkeit, geht halt auch in der Abstinenz weiter und das würde ich niemandem einfach so zumuten." Mir entfährt ein freudloses Lachen, was Andrea irritiert zu mir sehen lässt. „Dazu kommt das die Sicht der Gesellschaft auf Homosexuelle zwar besser wird, aber immer noch nicht so akzeptiert ist, wie es sein sollte. Und dann komm ich. Eine Lesbe die trockene Alkoholikerin ist, juhu!" „Meinst du nicht, das du dich mit dieser Sicht, selbst sehr an den Rand der Gesellschaft stellst?" Fragt Andrea kritisch. Unsicher zuckte ich mit den Schulter. „Das mag zu einem gewissen Teil stimmen, aber ich habe deutlich weniger Probleme, wenn ich es nicht offen sage." „Also willst du nie zu dir stehen?" Leicht wog ich mit dem Kopf hin und her. „Das ich trocken bin, ist und bleibt ein schwieriges Thema und ich binde es nicht gleich jedem auf die Nase. Lesbisch zu sein, sehe ich nicht mehr als das große Problem. Ich verschweige es damit meine Eltern es nicht mitbekommen, obwohl meine Mutter sich wohl grade mehr Sorgen macht, ob ich nicht lieber ein Mann wäre." Gebe ich mit einem abfällige schnauben von mir. Überrascht sah sie mich an. „Wie kommt sie denn auf so was?" Ich grinse und rolle mit den Augen. „Wir hatten Sonntag ein Gespräch, das mein Freund mehr Kleidung in meinem Schrank hat als ich." Andrea kichert leise. „Dein Freund also, interessant." „Ja war eine blöde Situation mein Vater musst mir spontan eine Tasche packen fürs Krankenhaus und war dann überfordert, weil er nur Männerkleidung gefunden hat." Sofort beiße ich mir auf die Lippe und fluche leise, als mich auch schon der schockierte Blick von Andrea trifft. Betreten senke ich den Blick und starre auf meine ineinander verschlungenen Hände. „Du warst im Krankenhaus?" Murmelt sie nachdenklich und ich spüre ihren Blick und mir entfährt ein seufzen. „Ich hatte Donnerstag eine Panikattacke, also nichts wildes, aber ich hab mir nicht anders zuhelfen gewusst und meinen Vater angerufen." Ich zuckte mit den Schultern. „Ich dachte er könnte mir kurz was zur Beruhigung geben, aber nein. Er schickt mich ins Krankenhaus und demütigt mich damit das er um eine Tox Screen bittet. Der übrings negativ war." Sie atmete tief durch und schüttelt den Kopf. „Keine große Sache, ich war nur eine Nacht da, alles weitere regel ich mit meiner Psychologin." Versuche ich sie zu beruhigen, da ihre Gesichtszüge äußerste Anspannung zeigen. Sie hob den Blick und sah mich vorsichtig an. „Weißt du warum es dazu gekommen ist, ich meine..." „Du hast keine Schuld daran. Die Nacht davor war schon scheiße, ich hatte einen heftigen Flashback, Suchtdruck und hab mich dahinein gesteigert." „Weil ich das Thema aufgebracht und gebohrt habe." Kam es tonlos von ihr. „Es war wirklich nicht deine Schuld, das passiert. Zum Glück nicht oft in den letzten Jahren, aber auch ohne einen Grund." Sie sah mich verzagt an und ich lehnte mich vor, legte meine Hand auf ihre gefalteten und lächel sie aufmunternd an. „Meine Mängelliste ist lang und ich kann verstehen, wenn du das weite suchst." „Deine Positiven Eigenschaften überwiegen für mich." Sagte sie sofort und eindringlich, was mich nun doch überraschte. Andrea entzog mir ihre Hände und umfasst nun meine beiden Händen. „Ich muss das mit der Schwimmhalle und allem drum und dran, trotzdem noch mal ansprechen." Ich seufzte und verzog kurz das Gesicht. „Lass uns für die Zukunft, einen Kompromiss machen. Ich will nicht das es dich einschränkt, du kannst mir gern vom Training erzählen und auch Fragen stellen, aber wenn ich stopp sage, muss stopp sein." Andrea lächelte verständnisvoll. „Okay, aber dann musst du auch früh genug stopp sagen, ich will nicht noch mal so eine Situation, wo es eskaliert." „Probieren wir es." Stimmte ich zu und Andrea nickte, schaut dann aber recht verlegen zur Seite. „Worauf ich eigentlich hinaus wollte..." Sie macht eine kleine Pause, knibbelte am Saum ihrer Hose wären sie zu sprechen begann. „Vera ist nicht nur eine gute Freundin. Sie hat mich auch in den Schwimmverein geholt und ich habe ihr wie schon gesagt von dir erzählt." Mein Blick war starr auf den Boden gerichtete und ich überlegte, ob diese Vera mich von früher kennen könnte. „Ich habe ihr keine Details erzählt, aber das du die Schwimmhalle gern öfter besuchen möchtest. Ich wusste nicht wie es zwischen uns weiter geht und da du ja auch ein Problem mit Abhängigkeit von anderen Personen hast, kann ich dir gern ihre Nummer geben und du kannst dich mit ihr besprechen. Sie hat kein Problem damit, wenn du zu ihren Traingszeiten in der Halle bist." Mein Mund klappte etwas auf und ich war völlig baff. „Wirklich. Das hast du für mich getan?" Fragte ich völlig überrumpelt. Andrea nickte lächelnd und stößt erleichtert die Luft aus. „Ich dachte nicht das du es so gut aufnimmst." Ich schüttelte den Kopf, auch um meine Gedanken zu klären. „Das ist Wahnsinn. Also nicht das ich nicht wieder mit dir dahin wollen würde, aber ich hab schon mit meiner Psychologin gesprochen das das alles mit dem Kontakt zu dir steht und fällt." Sie schüttelte nachdrücklich den Kopf. „Nein, du entscheidest wie es weiter geht oder ob du vielleicht öfter hin willst oder nicht grade dann wenn du vorher arbeiten warst." Ich stützte mich auf meine Knie und vergrub das Gesicht in den Händen. Immer wieder atmete ich gegen die Tränen an und konnte es nicht glauben. Die Couch neben mir bewegte sich und ich spürte wie sie meinen Rücken streichelt, hoch wanderte und mir beruhigend den Nacken kraulte. „Alles gut, so eine große Sache war das nun auch nicht." Wisperte sie und legte ihren Kopf auf meine Schulter. Ich seufzte tief und stieß mit einem lachen die Luft aus. „Doch, das bedeutet mir sehr sehr viel und ich kann dir gar nicht sagen wie dankbar ich dafür bin." „Och, ich bin mit einem Kuss zufrieden." Nuschelte sie amüsiert. Ich ließ die Hände sinken und sah vorsichtig zu ihr, sie lächelte immer noch mit dem Kopf auf meiner Schulter und ich drehte und verbog mich, so das ich ihr einen kleinen Kuss auf die Nasenspitze hauchen konnte. Sie zog die Nase kraus und lächelt erneut. Oh Gott! Wie soll ich je wieder leugnen das ich nicht in sie verliebt bin.

Ich richtete mich vorsichtig auf, was sie mir gleich tat, lehnte mich zurück und breitete die Arme aus. Sofort ließ sie sich in meine Arme sinken und schmiegte ihren Kopf an meine Schulter. Ich umschlang sie mit meinen Armen, legte vorsichtig den Kopf auf ihren und nuschle ganz leise in ihr Haar. „Ich fühle mich so unglaublich wohl bei dir." Sie drückte mich kurz an sich, hob den Kopf um mich anzusehen und flüstert. „Lass es uns versuchen." Mit einem strahlenden Lächeln nickte ich und gab ihr einen Kuss, bevor sie sich wieder an mich schmiegt. Ich konnte mein Glück kaum fassen, ich hab sie wieder und sogar noch etwas mehr als zuvor. Wir werden es versuchen.

Lange saßen wir so da, bis Andrea immer wieder leise gähnte. „Ich sollte nach Hause." Flüstere ich, doch sie schüttelt den Kopf. „Also schlafen wir hier auf der Couch?" Wollte ich grinsend wissen und wieder schüttelte sie den Kopf, löste sich langsam und streckte sich dann. Sie legte ihre Hand auf meine und sah mich bittend an. „Schlaf hier, in meinem Bett, dann könne wir weiter kuscheln." Ich schluckte und überlegte nur eine Sekunde bis ich nickend zustimme. Sie gab mir eins ihre übergroßen T-Shirts und wir machten uns abwechselnd im Bad fertig. Das dort eine neue Zahnbürste auf mich wartet, ließ mich lächeln und in der stillen Hoffnung sie ab jetzt öfter zu brauchen, stellte ich sie neben ihre in den Becher. Andrea lag bereits im Bett und deutete lächelnd auf die freie rechte Seite vor mir, während sie mich mustert. „Ist das okay?" Ich zwinkere ihr zu und war mir wohl bewusst das sie nach der Panty unter meinem Shirt geschielt hatte, während ich zu ihr unter die Decke schlüpfte. „Die Seite ist mir egal." „Gut." Meinte sie lächelnd und drehte sich von mir weg. Ohne gleich zu aufdringlich zu sein, legte ich mich ebenfalls auf die Seite und rutschte näher. „Nun komm schon." Nuschelte sie und lächelnd lege ich mich dicht hinter sie, schob meinen Arm unter ihr Kissen und sie tastete nach meiner Hand und legt sie mir ihre auf ihren Bauch. „So ist es schön." Wisperte sie und gähnt erneut. Ich drückte ihr einen Kuss in den Nacken und konnte nicht glauben wie sehr ich mich freute, sie beim Schlafen im Arm halten zu können.

Mit ihr fing alles an...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt