Kapitel 9

704 44 0
                                    

Noch immer positiv gestimmt über den Ausgang des gestrige Tages, fuhr ich zu meinen Eltern und erlebte eine eher unschöne Überraschung. Mein ältester Bruder Hendrik war ebenfalls mit seiner schwangeren Frau und meinem Neffen gekommen und ließ mal wieder keine Gelegenheit aus, mit spitzen Bemerkungen, meine Abstinenz zu hinterfragen. Selbst seiner Frau warf er abfällige Blicke zu, als sie ein normales Gespräch mit mir anfing. Meine Schwägerin war mir deutlich sympathischer als mein eigener Bruder, wenn sie sich nur nicht so von ihm vereinnahmen lassen würde. Insgeheim war ich froh das er mich zwar für ein schlechte Vorbild hielt, aber mir nicht den Kontakt zu meinem Neffen verbot.

Im Vergleich zu meiner Mutter legte er heute noch eine Schippe drauf und zeigte sich sehr empörte, als es mir reichte und ich ihm beim Essen anbot in einen Becher zu pinkeln, Blut abzugeben oder das er gern einen Atemalkoholtest machen könnte. Unser Vater hielt sich raus, aber ich wusste das er eher auf Hendriks seite war, wenn wir in Streit gerieten. Wobei unsere Mutter nicht müde würde, zu erklären, das ich immer schon ein schwieriger Charakter gewesen wäre, selbst schon als Kind. Solche Kommentare machten mich schier noch wütender und ich beschäftigte mich in der Zeit bis zum Kaffeetrinken, lieber mit meinem Neffen und seinen Autos. Danach verabschiedete ich mich recht schnell und keiner schien böse darum, das der Störenfried das weite suchte. Endlich konnte ich an der frischen Luft wieder frei atmen.

Frustriert fuhr ich nach Hause, wusch mir die Schminke aus dem Gesicht, legte den Schmuck ab und riss mir die extra femininen Klamotten vom Leib. Direkt zog ich mir meine Sportsachen an und dachte einen Moment an Andrea, aber ich wollte mich nicht darüber, bei ihr ausheulen. So führte mich mein Weg ins Fitnessstudio und ich verbrachte nur zum aufwärmen auf den Laufband fast dreißig Minuten. Ingo der Kraftklotz, der schon mehr im Studio lebte als zuhause, hatte mich gesehen und kam lächelnd auf mich zu. So monströs wie seine Erscheinung auch war, tat er jedoch keiner Fliege etwas zu leide und war auch einer der wenigen Männer die ich körperlich in meiner nähe ertragen konnte. Wir klatschten uns zu Begrüßung ab und er hatte mit einem prüfenden Blick meine Stimmung erkannt. „Willst du allein sein oder stemmen wir ein paar Gewichte?" Ich lächelte dankbar und warf den Hanteln einen abfälligen Blick zu. „Die könnten Stellvertretend an die Wand fliegen, also mach es mir bitte richtig schwer." Er grinste und nickte zur Hantelbank. „Das bekommen wir schon hin." Ich legte mich hin und er sicherte mich an den Langhanteln die ich immer wieder stemmte bis meine Arme zu zittern begannen und er sie mir abnahm. „Du hast genug, deine Muskel über säuern schon." Wies er mich unnötiger weise daraufhin, spüren tat ich es ja schon selbst. Ich richtete mich auf und schüttelte meine Arme aus. „Was ist mit dir?" Wollte ich wissen, aber er lehnte lächelnd ab. „Ich bin fertig für heute." „Oh, danke." Gab ich etwas überrascht von mir, aber er tat es mit einer wegwerfenden Handbewegung ab. „Du hast mich schon so oft gesichert, also kein Ding." Wir trafen uns nach dem umziehen nochmal im vorderen teil des Studios, tranken einen Protein Shake zusammen und unterhielten uns über Belanglosigkeiten. Entspannt und mit einem deutlich besseren Gefühl fuhr ich wieder nach Hause. Ich hatte wieder zur ruhe gefunden, ging entspannt duschen und ließ mich in bequemen Sachen und mit meinem Handy auf die Couch fallen. Keine neuen Nachrichten auf meinem Handy, aber ich sollte mich schließlich auch bei ihr melden und das würde ich auch sofort machen.

Hallo, na wie verbringst du deinen Sonntag?

Schrieb ich ihr und legte mein Handy zur Seite und schaltete den Fernseher ein. Wieder nur Mist, wenn ich nicht so sparsam leben würde, hätte ich mir schon längst einen Streaming dienst geleistet. So begnügte ich mich mit dem was geboten wurde. Andrea meldete sich erst fast eine Stunde später und erzählte das sie bis grade mit ihrem jüngsten Sohn telefoniert hätte. Ich deklarierte das Treffen mit meinen Eltern mit einem wie üblich und erzählte das ich danach im Fitnessstudio gewesen sei. Wir schrieben noch ein wenig hin und her und vereinbarten das ich sie Dienstag vom Training abholen würde. Mit diesen positiven Aussichten fiel ich wenig später lächelnd ins Bett.

Mit ihr fing alles an...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt