Flucht ohne Flügel

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CW: Gor, Blut, Tod

Gráinnes Kreischen ging mir durch Mark und Bein, am liebsten hätte ich mir die Ohren zugehalten. Ein widerwärtiger Gestank erfüllte den Raum, als die Flammen sich durch den Stoff fraßen und die fahle Haut der Hexe begann Blasen zu werfen. Hätte ich genug Kraft gehabt, hätte ich mich übergeben, doch mein Körper war selbst dazu bereits zu schwach und ich sackte in mich zusammen. Meine dürren Knie trafen hart auf den Steinboden, doch ich spürte den Schmerz kaum. Mein ausgezehrter und ausgehungerter Körper zitterte vor Anstrengung.

Der Geruch von verbranntem Fleisch stieg mir in die Nase und die Bilder der verbrennenden Hexe hafteten sich in mein Gedächtnis.

Erschrocken schrie ich auf, als eine Hand sich in meine Schulter grub und mich wieder auf die Beine zog. Hastig drehte ich mich um. Es war der Dea.

„Komm schon! Beeil dich, da draußen wartet bestimmt keine Kutsche auf dich, Prinzessin!", rief er und zog mich in Richtung der Messer und Waffen, die an einer Wandseite des von Rauch durchzogenen Raumes hingen. Er griff sich einen Hammer, der wahrscheinlich zum Knochen zertrümmern gedacht war und schlug damit auf seine Fußfesseln, die laut klirrend zersprangen.

Ich konnte es kaum fassen. Wir waren frei, die Ketten waren zertrennt. Doch für meine Freude blieb keine Zeit. Der Dea streckte mir den Knauf eines langes Messers entgegen und behielt selbst den Hammer, ich griff danach. Dann zog er mich energisch auf die Tür zu.

Zurück in der Halle blieb ich zweifelnd stehen. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wo es aus dem Verlies herausging. Und selbst wenn wir den Ausgang finden würden, was war mit den Soldaten und der Mauer? Wir würden es niemals lebend aus Phríosan herausschaffen. Diese Erkenntnis versetzte meiner Hoffnung einen Dämpfer.

„Was ist? Warum bleibst du stehen, ich habe dir doch gesagt, dass wir nicht gerade viel Zeit haben. Die Sightseeingtour muss also bis zum nächsten Mal warten!", meinte er genervt und zog mich zielstrebig durch einen der vielen dunklen Gänge.

„Weist du überhaupt, wie wir hier wieder rauskommen?", fragte ich skeptisch und blickte mich unsicher nach allen Seiten um.

Beleidigt wandte er sich zu mir um, legte seine Hände auf meine Schultern und blickte mir fest in die Augen.

„Prinzessin, wenn ich nicht wüsste, wie wir hier wieder rauskommen, hätte ich mich gar nicht erst hineinschleppen lassen und jetzt komm, wir haben nicht ewig Zeit!"

Verdattert stolperte ich hinter ihm her. Wie meinte er das jetzt? Dann hätte ich mich nicht hineinschleppen lassen. Hieß das etwa, er war freiwillig hierher gekommen? Vielleicht sogar, um mich zu finden? Nein, stopp, das ging zu weit, woher hätte er denn wissen sollen, wo ich war? Aber woher wusste er, dass ich die Prinzessin war? Die Gedanken in meinem Kopf überschlugen sich.

Während ich noch über die verschiedenen Bedeutungen nachdachte, die dieser kryptische Satz wohl haben konnte, zog der Dea mich unnachgiebig und zielstrebig hinter sich her. Gänge nach links und nach rechts. Das einzige Licht, dass das Verlies erhellte, war die Fackel, die er aus einer der Halterungen mitgenommen hatte.

Jedes mal, wenn wir um eine der vielen Ecken eilten, hielt ich ängstlich die Luft an, doch wir begegneten auf unserem Weg keinem einzigen Soldaten. Gleichzeitig erleichtert und misstrauisch folgte ich dem Mann immer weiter.

Ehe ich es bemerkte standen wir auf einmal vor einer steinernen Treppe die steil nach oben führte. „Voilà, Prinzessin. Der Weg in die Freiheit, bitte immer nach oben bis zum Ende der Treppe und dann rechts abbiegen!", spottete er mit einem überlegenen Grinsen im Gesicht und wies mit dem Arm in Richtung Treppe.

Eloen: Erbin von Eldora (Teil I)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt