Die Sorgen wegtanzend...

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Dieses mal folgte ich ihm nicht. Verloren stand ich auf der Wiese, die eben noch so schön gewesen war und jetzt in all den neuen Informationen, Gedanken und Ängsten unterging. Ich musste mich ablenken.

In Phríosan hatte ich nie freie Zeit gehabt, doch hier kamen mir fünf unbeschäftigte Minuten schon wie eine halbe Ewigkeit vor. Erst jetzt bemerkte ich, wie sehr mir die Beschäftigungen dabei geholfen hatten, nicht durchzudrehen, irgendwie auf dem Boden zu bleiben.

Meine schwachen Beine und mein hungernder Magen trieben mich schließlich wieder zurück in die Siedlung und zielstrebig zu der Hütte, in der ich den Teller mit Suppe bekommen hatte.

Doch auf dem Weg dorthin lief mir ein kleines Mädchen über den Weg. Erst wäre ich beinahe einfach so an dem Kind vorbei gegangen, doch dann erkannte ich das Mädchen. Blonde Haare, spitzes Kinn, große mandelfarbene Augen. Es war die kleine Schwester von Marissa, meiner Freundin aus Phríosan. Ein Stich fuhr mir plötzlich durch die Brust und das Einatmen viel mir schwer. In der Bewegung erstarrt sah ich das Mädchen an, sie hatte es also auch bis hier her geschafft. Wie viele von den anderen Sklaven waren wohl noch bis hierher gekommen? Schuldbewusst biss ich mir auf die Lippe, bis gerade eben hatte ich noch keinen einzigen Gedanken an die anderen Sklaven verschwendet, eine tolle Prinzessin war ich.

„Hallo, Eloen!", rief die Kleine mir zu. Ihre Augen glitzerten vor Tränen und waren rot gerändert, ihre dürre Gestalt in sich zusammengesunken. Bei ihrem Anblick fielen mir wieder die letzten Worte von Marissa ein, wie hatte ich all das nur vergessen können. Ich schämte mich, aber das würde mir jetzt auch nicht weiter helfen. Fehler, die man begangen hatte konnte man nicht mehr ändern, man konnte nur sein bestes geben, sie wieder gut zu machen.

„Hey?", vorsichtig ging ich vor dem Mädchen in die Hocke.

„Ich bin Eloen, dein Name ist Sina, richtig?", fragte ich, während ich mich zwang das kleine Mädchen anzulächeln, auch wenn mir in dem Moment überhaupt nicht danach war.

„Ja", antwortete sie bloß, wartend, was ich ihr als nächstes sagen würde. Fast so, als erwarte sie eine Rechtfertigung oder eine Entschuldigung von mir. Dafür, dass ich ihre Schwester nicht hatte retten können.

„Das ist ein sehr schöner Name.", meinte ich aufmunternd und ernsthaft. Es war ein starker Name, er bedeutete Kraft und die würde das Kind in der Tat noch brauchen.

„Wieso hat sie es nicht geschafft?", die glänzenden braunen Augen weit aufgerissen und kurz vor dem Weinen sah das kleine Mädchen mich an. Ich biss mir auf die Lippe, der Schmerz in ihren großen Augen brach mir das Herz und die Worte blieben mir im Hals stecken, als ich an all das denken musste, was diesem Mädchen widerfahren war, was sie alles verloren hatte.

„Komm her!", ich breitete meine Arme aus und Sina lies sich in die Umarmung fallen und hemmungslos begann das Mädchen an meiner Schulter zu heulen und ihr kleiner Körper wurde von den Schluchzern geschüttelt. Das einzige, was ich tun konnte, war ihr sanft über den Rücken zu streicheln, sie noch fester an mich zu drücken und ihr leise ein Wiegenlied der Dea ins Ohr zu summen.

Meine Mutter hatte es mir immer vorgesungen, wenn ich nicht hatte schlafen können und nach ihrem Tod hatte ich mich manchmal selbst damit in den Schlaf gewiegt. Es handelte von unserer Göttin Ava, die abends auf die Erde herabstieg, um die Babys in ihren Armen zu wiegen, bis sie schliefen und ins süße Land der Träume traten.

Siehst du das Licht der Sterne am Himmelszelt funkeln?

Siehst du das Strahlen der Göttin, wenn sie zu dir herabsteigt?

Sie kommt, dich zu halten und zu schützen.

Sie kommt, dich vor den Schatten der Nacht zu bewahren.

Eloen: Erbin von Eldora (Teil I)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt