Blitz, Donner und Dunkelheit

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CW: Panik

Dann wurde die Stille von einem donnernden Grollen zerschlagen, das in meinen Ohren widerhallte, als es von den Steinen zurückgeworfen wurde. Erschrocken und verängstigt drückte ich meine Hände auf meine Ohren und presste die Augen zusammen. Mein Atem ging schnell und stoßweise und mein Herz klopfte in einer rasenden Geschwindigkeit, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte.

Es war nicht das erste mal, dass ich ein solches Unwetter miterlebte, doch im Inneren des Landes, innerhalb einer Festung aus Stein mit dicken Mauern, war es ein komplett anderes Gefühl, als hier draußen, ohne Schutz und ohne Möglichkeit in die Sicherheit eines Unterschlupfs zu fliehen. Wir waren gefangen auf dem schuppigen Rücken eines fliegenden Fisches, der sich träge durch schwebende Gesteinstrümmer schlängelte... Wir waren dem Wetter schutzlos ausgeliefert. Ängstlich krümmte ich mich auf meinen Knien zusammen, in dem kläglichen Versuch, mich so klein und unangreifbar wie nur möglich zu machen.

Etwas streifte meinen Arm, doch ich konnte nicht sagen, was es war, da ich durch mehrere schichten aus Wolle und Leder davon getrennt wurde. Erschrocken blickte ich auf und starrte direkt in Liams ernstes und gleichzeitig zärtliches Gesicht. Im Hintergrund sah ich, wie die Zwillinge sich damit abmühten, die Karte wieder ordentlich zusammenzufalten, ohne dass der Wind sie ihnen aus den Händen riss. Alle drei schienen sie bereits mehr Erfahrung mit dem lauten und Angst einflößenden Donnern des Gewitters zu haben. Wir waren mitten in die brutale Gewalt eines Sturmes geraten und ich wünschte mir nichts mehr, als mich in einer Höhle zu verstecken, oder in einem fest gebauten Haus.

„Ich bin da.", flüsterte Liam mir ins Ohr, als er seine Arme um meinen schmalen Körper schlang, um mich vor dem Unwetter zu schützen. Ein weiterer Blitz, kurz darauf gefolgt von einem dröhnenden Donnern, das mir in den Ohren schmerzte, lies mich zusammenzucken. Liam merkte es und flüsterte mir weiter beruhigende Worte ins Ohr. „Das ist nur ein Sturm, du braucht keine Angst zu haben, das geht wieder vorbei. Tief durchatmen."

Ich versuchte seinem Rat Folge zu leisten und atmete einmal zitternd tief ein und versuchte die Luft langsam wieder auszuatmen. Einige Minuten saßen wir nur so zusammengekauert da, während ich versuchte mein rasendes Herz unter Kontrolle zu bringen, Liam mich hielt und die Zwillinge es endlich schafften die Karte zusammenzufalten und Liam in eine der Außentaschen seines Ledermantels zu stecken.

Und dann rissen die Wolken über uns auf und mit einem Mal ergossen sich tausende von Litern von Wasser auf uns nieder. Durch den Wind wurden die kleinen Tröpfchen hin und her gepeitscht und trafen mit einer solchen Wucht auf mein Gesicht auf, dass es mich schmerzte und ich schützend einen Arm vor mein Gesicht erheben musste. Die Zwillinge hatten sich unter der Rückenflosse des Ésig versteckt, die einer der beiden – ich konnte sie in dem Unwetter nicht auseinander halten – mit der Hand wie ein Dach über sie hielt, sodass sie weitestgehend vor dem Regen geschützt waren. Liam und ich hingegen waren dem Sturm wehrlos ausgeliefert. Der Regen peitsche von allen Seiten auf uns nieder und brannte dort eisig kalt, wo er meine nackte Haut berührte. Inzwischen waren meine Haare schon ganz durchnässt und klebten mir wirr im Gesicht, ebenso wie meine Klamotten die kalt und nass an meinem Körper hafteten und sich so schwer anfühlten, als könnten sie mich jeden Moment über den Rücken des Fisches hinaus in den Abgrund ziehen.

Durch den Regen konnte ich nichts mehr sehen, da er mir über die Stirn in die Augen lief und meine Sicht verschleierte. Den Kopf des Fisches konnte ich von seinem Rücken aus, wo ich und Liam zusammengekauert dasaßen schon gar nicht mehr ausmachen, obwohl es nicht mehr als ein paar Meter sein Konten.

Die nasse Kälte lies meine Finger und Füße und auch mein Gesicht vollständig taub werden, sodass ich nicht einmal mehr den kalten Regen spüren konnte. Unkontrolliert begann ich zu zittern. Liam merkte es und löste sich von mir. Blitz. Donner. Regen. Sobald sein Körper sich nur ein paar Zentimeter von meinem entfernt hatte peitschte der Wind noch härte gegen meine schmalen Schultern und drohte mich aus dem Gleichgewicht meiner kauernden Haltung zu bringen und umzuwerfen. Nur mit aller Kraft konnte ich mich dagegenstemmen. Suchend blickte ich mich nach Liam um. Aber durch den auf mich nieder dreschenden Regen hatte ich die Orientierung verloren und wusste weder, wo vorne noch wo hinten war. Nichtmal die Felsen, an denen wir vorbeiflogen konnte ich mehr wahrnehmen, obwohl sie ganz nah sein mussten.

Eloen: Erbin von Eldora (Teil I)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt