Kapitel 7

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„Guten Morgen", begrüßte unser Englisch Lehrer uns. „Guten Morgen, Herr Avery", wiederholten die Schüler.
„Jetzt auch noch einmal Enola", sagte er. Na toll, da hatte ich einmal nicht hallo gesagt und er musste mich direkt so bloß stellen.

„Morgen", murmelte ich. „Sind wir schlecht gefusselt?", erkundigte er sich. „Bin nur müde", meinte ich. „Okay", murmelte er und fuhr dann mit dem Unterricht fort.

Danach bekamen wir Aufgaben für die Einzelarbeit, in der Herr Avery rumging. „Ist alles okay bei dir, du siehst irgendwie nicht sehr fit aus", fragte er mich besorgt. „Ich fühle mich heute einfach nur etwas schlapp, sonst geht es mir aber gut", erklärte ich ihm.

„Bist du dir da wirklich sicher", erkundigte er sich erneut. „Ich weiß selber nicht genau, was mit mir los ist", murmelte ich und blickte ihm direkt in seine wunderschönen Augen. Er verwirrte mich, dennoch war er nicht der Grund für meine Schlappheit.

Ich hatte heute morgen zu viel über die Vergangenheit nachgedacht und mal ehrlich: Es tut immer noch so weh, wie es das zu Anfang getan hatte. An meiner neuen Schule wusste noch niemand davon, nicht einmal Benjamin oder den Mädchen hatte ich es erzählt.

Ich wollte das ganze auch lieber erstmal geheimhalten, denn drüber zu sprechen tat nur noch mehr weh. Ich mochte es lieber, wenn ich abgelenkt wurde.

„Dürfte ich mal auf die Toilette", fragte ich Herr Avery. „Natürlich, du musst mich eigentlich gar nicht fragen", meinte er und lächelte. „Dankeschön", flüsterte ich und rannte zur Toilette.

Ich musste eigentlich nicht, ich wollte nur mein Gesicht mit kaltem Wasser abkühlen und einen Moment nachdenken. Ich schaffte es aber nicht, mich wieder aufzuraffen und setzte mich stattdessen auf eine der Toiletten.

„Enola?", hörte ich eine Stimme. Ich öffnete die Tür und sah Herr Avery mitten in der Mädchentoilette. „Tut mir leid, ich komme sofort", entschuldigte ich mich sofort. „Das meinte ich eigentlich gar nicht so, ich wollte einfach mal nach dir sehen, da du bereits eine ganze Weile weg bist", sagte er sanft.

„Das ist wirklich lieb von Ihnen", murmelte ich und lächelte zaghaft. „Mir liegt das wohl meiner Schüler halt sehr am Herzen", kam es von ihm. Natürlich, ich hätte es mir auch denken können. Hier ging es nicht um mich, sondern um alle anderen auch.

Er hätte das für jeden getan. Wieso war ich auch nur so dumm gewesen und hatte überhaupt den Gedanken gehabt, dass es hier um mich ging. „Sowas hört man selten von einem Lehrer", schmunzelte ich. „Manche Lehrer sind auch einfach Arschlöcher", stellte er fest.

„Da haben Sie absolut recht, genauso wie Sie", provozierte ich ihn. „Werden wir hier frech", fragte er und trat einen Schritt näher. „Vielleicht", meinte ich und biss mir auf die Lippe. Ich konnte seinen Augen genau zu meinen Lippen folgen. Er blickte sie intensiv an.

„Ich möchte deine Note nicht wegen so etwas runtersetzen müssen", räusperte er sich und trat wieder zurück. „Wegen kleinen Albereien", fragte ich. „Ja, wegen kleinen 'Albereien'", meinte er. „Verzeihung, ich wollte nicht-", er ließ mich nicht einmal aussprechen und sagte dann selber etwas: „Da hier alles gut ist, werde ich zurück gehen. Vergiss deine Sachen nicht in der Klasse".

Für einen Moment hätte ich schwören können, dass da irgendwas zwischen uns war. Eine Art Anziehung. Die Blicke, die wir austauschten, waren mehr als nur intensiv. Die Spannung zwischen 𝒾𝒽𝓂 und mir war kaum auszuhalten. Ich meine: Wir kannten uns grade mal etwas mehr als eine Woche, aber mein Körper schrie förmlich nach ihm.

Ich ging also ein paar Minuten später wieder zurück in die Klasse; die anderen Schüler waren bereits gegangen, nur Herr Avery saß noch am Lehrerpult. Ich ging still zu meinem Platz und packte meine Sachen in die Tasche.

„Vielleicht solltest du, wenn es dir nicht gut geht, nach Hause gehen", kam es plötzlich von Herr Avery. „Da könnte ich mich ja ranhalten", flüsterte ich. „Was war das", erkundigte er sich. „Nicht so wichtig", sagte ich und wollte den Klassenraum verlassen.

Er versperrte mir den Weg, sodass ich nicht nach draußen konnte. „Ich möchte, dass du dich wiederholst. Sonst muss ich dir Strafaufgaben geben", sagte er. „Was ist denn aufeinmal Ihr Problem", fragte ich aus Versehen laut.

„Vielleicht solltest du morgen mal nachsitzen", bestimmte er. „Wow, wenn's sein muss. Sonst noch was?", meinte beziehungsweise fragte ich widerwillig. „Nein, du kannst gehen. Ich sehe dich dann morgen", murmelte der Penner und machte den Weg frei.

Sein Ernst? Da redet er noch über Arschloch Lehrer und ist dann selber einer. Ja, ich war gegen Ende wirklich nicht höflich, aber er hatte es doch verdient. Ich suchte einige Zeit nach Benjamin und fand ihn dann letztendlich auch.

Blake und seine dämlichen Freunde drückten ihn hinter der Schule gegen die Wand und würgten ihn. Einer von ihnen hielt seinen Rucksack und warf ihn in den Müll. „Sofort aufhören", schrie ich. „Ach, wen haben wir denn da? Die kleine verteidigt ihre Schwuchtel", provozierte mich Blake.

„Ich hab gesagt, dass du ihn loslassen sollst", wiederholte ich meine Worte. „Was wenn nicht", lachte er. „Sehen wir dann", murmelte ich angepisst. „Drohst du mir etwa? Wie süß", sagte er und kam auf mich zu. Er griff meinen Arm und hob mein Kinn.

Seine Freunde hatten Benjamin immer noch an die wand gepinnt und Blake meinte, dass es von Nöten sei, wenn er mein Handgelenk immer fester zusammen drückte. „Du willst damit jetzt was bezwecken", fragte ich provokant.

„Du bist verdammt frech, weißt du das? Das macht dich heiß", meinte er. „Dich aber nicht", murmelte ich klar. Jetzt griff Blake mir ebenfalls an den Hals und drückte mir diesen zu. Ich hatte keine Kraft, mich gegen ihn zu wehren.

„Alter, Blake! Das geht echt zu weit", kam es von einem seiner Freunde, der grade erst aufgetaucht war. „Ich weiß selber, wann es reicht", schrie er ihn an. „Ich dachte, dass du sie rum bekommen willst. Sicher nicht, wenn du so mit ihr umgehst", versuchte er Blake umzulenken.

Wenig begeistert ließ dieser mich los und pfiff auch seine Freunde zurück. „Benni", rief ich und rannte auf ihn zu. „Eno, warum hast du das gemacht", fragte er.

Eno..

„Geht es dir gut", fragte ich und musterte ihn genau. „Bei mir ist alles okay und bei dir", erkundigte auch er sich. „Ja, alles okay", murmelte ich. „Du sollst dich nicht für mich einsetzen, ich kann das selber", kam es von Benjamin. „Ich wollte nur-", versuchte ich zu erklären.

„Ich weiß, aber so behandeln sie mich auch nicht besser", meinte er und strich eine meiner Haarsträhnen wieder hinters Ohr. „Du hast recht, tut mir leid", entschuldigte ich mich. „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen", sagte er und lächelte.

„Tut mir leid, ich wusste nicht, dass Blake so außer Kontrolle ist", ertönte plötzlich eine Stimme hinter uns. Ich erschrak und drehte mich um, nur um dann Blake's Freund zu sehen. „Und du bist", fragte ich. „Tut mir leid, ich heiße Jake", lachte er und schüttelte Benjamins und meine Hand.

„Enola", murmelte ich knapp und Benjamin stellte sich ebenfalls vor. Es stellte sich raus, dass Jake der Bruder von Blake war und dieser anscheinend grade ziemlich schwierig war. „Blake macht grade eine schwierige Zeit durch, sein Vater zieht aus. Ich mochte den Typen eh nie, aber Blake hängt sehr an ihm. Liegt vielleicht daran, dass er nur mein Stiefvater ist", erklärte Jake.

„Also Halbgeschwister", murmelte ich fragend. „Jap, Halbgeschwister", bejahte dieser und entschuldigte sich erneut. „Du musst dich nicht für deinen Bruder entschuldigen", stotterte Benjamin. „Er war schon immer ziemlich schwierig, aber so schlimm, wie er momentan ist, war er noch nie", murmelte dieser verzweifelt.

„Das tut mir wirklich leid, muss ätzend sein", sagte Benjamin. „Ist halt anstrengend", lachte dieser. „Kann ich mir vorstellen", murmelte Benjamin. „So, muss dann los", meinte Jake noch und verschwand dann.

„Du himmelst den Bruder, des Arschlochs an", lachte ich. „Gar nicht", jammerte er. Ich hörte nicht auf damit ihn zu necken und ließ das mit Herr Avery dann letztendlich doch erstmal weg, obwohl ich eigentlich geplant hatte, ihm davon zu erzählen.

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-Ende Gelände-

Hab mich jetzt btw gegen Kapitelnamen entschieden, da mir nie etwas einfällt. Deswegen sind die auch so lame xD

𝑊𝑎ℎ𝑟𝑒 𝐿𝑖𝑒𝑏𝑒 𝑘𝑒𝑛𝑛𝑡 𝑘𝑒𝑖𝑛𝑒 𝐺𝑟𝑒𝑛𝑧𝑒𝑛Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt