Untergang

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Ja, ihr seht richtig (falls ihr überhaupt noch hier reinklickt und überhaupt etwas seht). Es ist ein Update! Hier! Seit etwa hundert Jahren mal wieder und tatsächlich ist das folgende Kapitel auch fast fertig und damit nähern wir uns endlich dem Unter... äh Ende dieser Geschichte. 

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Fassungslos starrte ich die Gestalten im Eingang an: Die SS-Männer, die ihre Waffen auf uns richtete, Schmidt und Paul. Sie hatten ihn erwischt und ausgequetscht. So musste es gewesen sein. Das war die einzige Erklärung, die es hierfür gab. Oder vielleicht eher, die Einzige, die ich für möglich halten wollte, obwohl nichts, rein gar nichts dafür sprach, wie mir schmerzlich bewusst war.

In Pauls Augen spiegelte sich keine Angst. Er wurde nicht grob von den anderen mitgeschliffen, den Lauf einer Waffe an der Schläfe. Nein, er stand wie teilnahmslos neben Schmidt, als wäre das sein gewöhnlicher Platz, an den er schlichtweg gehörte.

Ich sah es und doch suchte mein Verstand nach einer anderen Erklärung als der offensichtlichen: Verrat. Schließlich war das nicht möglich, oder doch? Vielleicht erpresste Schmidt ihn irgendwie? Vielleicht hatten sie –

„Es tut mir leid, dass es so kommen musste. Wirklich", flüsterte Paul und senkte für einen Moment den Blick – und zerschlug damit jegliche Hoffnung, dass das hier ein Missverständnis war.

Als uns draußen Wachmänner überrascht hatten, war das kein Zufall oder Fehler seinerseits gewesen, dass Schmidt uns hier fand, dass er das Buch besessen hatte, dass er mich vor Gerhardts Hotelzimmer gefunden hatte. Und dass Operation Walhalla bereits begonnen hatte ...

Sie hatten jeden unserer Schritte vorhergesehen und sich darauf vorbereitet. Anders als durch einen Maulwurf wäre das nicht möglich gewesen ...

Paul hatte uns an sie verraten.

Die Erkenntnis riss mir den Boden unter den Füßen weg. Ich glaubte, mich im freien Fall hinab in ein finsteres Nichts zu befinden.
„Wieso?", hauchte ich, meine Stimme selbst an diesem schlichten Wort scheiternd. Wieso würde er so etwas tun? Das ergab doch überhaupt keinen Sinn! Er war ein gewöhnlicher siebzehnjähriger Junge, ein Mitschüler, ein ... Freund. Mit dem verrückten Chaos, das sich mein Leben schimpfte, hatte er doch nichts zu tun haben wollen! Vor von Wilder hatte er sich gefürchtet, Amon für seine Vergangenheit verachtet. All die gemeinsamen Momente in den letzten Wochen spielten sich vor meinem inneren Auge erneut ab, kreisten in meinem Kopf, zerhackten sich in kleine Szenen wie aus einem Kaleidoskop, flossen wirr ineinander.

Mir war klar, was all das zu bedeuten hatte: Alles davon war gespielt gewesen. Nicht echt. Jede Begegnung, unser gemeinsames Planen, wie er unter von Wilders Bett ängstlich nach meiner Hand gegriffen hatte ...

Das Schlimmste daran war, dass ich selbst mit diesem Wissen keinen Fehler in meinen Erinnerungen finden konnte, nichts, das verdächtig oder unpassend gewesen wäre. Es gab keine große Erleuchtung, keine Erkenntnis, die mit einem Schlag all die kleinen Anzeichen offenbarte, die immer direkt vor meiner Nase gewesen waren. Ein merkwürdiger Tonfall oder Blick, Worte, denen ich keine Beachtung geschenkt hatte. Selbst jetzt erschien mir all das noch echt und real. Und das ließ mich mehr an der Welt zweifeln als die Existenz von Zeitreisen oder auferstehenden Toten.

War es möglich, dass er so gut gespielt hatte? Uns alle so an der Nase herumführen konnte? Selbst Amon und Marlene?

Marlene! Wenn Paul der Verräter war, wussten sie auch von ihr und Ricarda. Hatten sie sie etwa auch erwischt. Ich spürte, wie die Angst meinem Herz einen Stich versetzte.

„Nimm ihnen die Waffen ab", befahl Schmidt Paul, der mir nicht geantwortet hatte. Er tat es ohne zu zögern. Ich bemerkte neben mir, wie Amon zurückwich und nach seiner Pistole greifen wollte, doch angesichts der Waffenläufe, die in unsere Richtung zeigten, wäre jeder Widerstand zwecklos gewesen. Widerwillig übergab er Paul seine Waffen.

Plötzlich in neuen Farben?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt