Das kam unerwartet....

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Mali atmete tief ein, inhalierte diesen angenehm süßen Duft der in Gänze umhüllte und schloss genießerisch die Augen. Frisch gebackene Croissants, Muffins, Kekse, Brioche, im Grunde alles, was sich eine Naschkatze, wie sie es war, nur erträumen konnte und dennoch fiel ihre Wahl wie jeden Morgen auf dieses im Grunde banale Gebäck mit kleinen Schokodrops aus Zartbitterschokolade. Sie lauschte dem Geräusch der Kaffeemaschine, dem zischen des heißen aufsteigenden Dampfes, der dieses unglaublich betörende Aroma von frischem Kaffee freisetzte, bis sie ein zarter Windhauch streifte. Jemand hatte das kleine Cafe betreten, näherte sich mit selbstsicherem Schritt. Dieser Schritt, der Klang von Absätzen edler Lederschuhe auf dem Parkettboden. Vollends auf ihr Gehör fokussiert hielt sie inne, hielt den Atem an, um das störende Rauschen ihrer Atmung auszublenden. Er war es! Hinter ihr stand der Mann, in den sie noch am Vortag hineingelaufen war. Ruhig atmete sie ein, vernahm den Geruch seines Aftershaves, welcher sich mit den Gerüchen des Ladens vermischte, spürte wie sein Blick über ihren Körper wanderte. „Direkt vor dir Sonnenschein", ertönte Sörens freundliche Stimme, während sie hörte wie er ihren Bambusbecher und eine Papiertüte über die Holztheke schob. „Ich habe den Muffin sicherheitshalber eingepackt...und Achtung, wenn du dich rumdrehst. Hindernis auf 12 Uhr", fuhr er erklärend fort, was Mali schmunzeln ließ: „Danke, schon gehört." „Dabei hatte ich gehofft, dass Sie sich mir erneut in die Arme werfen", witzelte ihr Hintermann überraschend charmant. Lächelnd drehte sich Mali um: „Haben Sie zu viele Hemden?" „Sie würden sich wundern, wie viele Hemden ein Mann besitzen kann", konterte er mit einem Hauch Amüsement in der Stimme. Ihr Lächeln wich einem verschmitzten Grinsen: „Ein langweiliger Anzugträger also?", bemerkte sie und nippte genüsslich an ihrem Cappuccino, was ihm ein wohliges Lachen entlockte. Ein leises kehliges Lachen, welches ihre Haut unerwartet mit einer zarten Gänsehaut überzog. „Wohl eher ein faszinierender, charismatischer, verdammt gutaussehender Anzugträger", konterte er lässig, wobei der Schalk in seiner Stimme kaum zu überhören war. Mali hob eine Augenbraue und lachte herzlich auf: „...bescheiden nicht zu vergessen...ich muss leider los", bemerkte sie und trat zielsicher an ihm vorbei. „Einen schönen Tag Ihnen. Bis morgen Sören.", setzte sie nach, während sie grinsend den Ausgang des Cafes ansteuerte. „Mali, richtig?", erkundigte sich der Fremde überraschend, zögerte, während seine Atmung sich kaum merklich veränderte, ihn trotz seines scheinbar souveränen Auftretens beinahe nervös wirken ließ. „Darf ich Sie nach Ihrer Nummer fragen?" Verwundert hielt Mali in ihrer Bewegung inne und wandte sich ihm erneut zu. Was? Hatte er sie tatsächlich nach ihrer Nummer gefragt? Sie schluckte, strich verlegen eine Locke hinter ihr Ohr: „Das ist sehr schmeichelhaft, vielen Dank..." begann sie, spürte regelrecht, wie der erwartungsvolle Blick dieses Mannes auf sich ruhte. „...aber ich bin nicht interessiert", fuhr sie mit einem entschuldigenden Lächeln auf den Lippen fort, wandte sich ab und verließ schnurstracks das Cafe.

An der frischen Luft angekommen atmete sie auf.

„Guten Morgen", ertönte Rubys Stimme, als sie die Praxis betrat. „Morgen", erwiderte Mali kurz angebunden, während sie auf den Schrank zutrat, um ihre Tasche zu verstauen. Noch immer hielt sie ihren Kaffeebecher und den in der Papiertüte verstauten Muffin in der Hand, spürte förmlich, wie ihre Freundin sie akribisch musterte: „Kein Hunger? Hast du einen Geist gesehen?", witzelte sie, worauf Mali lediglich zaghaft lächelte. „Was ist passiert?", hakte Ruby alarmiert nach. „Hat dich jemand dumm angemacht? Wer war es? Ich finde diese Person und mache ihr das Leben zur Hölle.", sprudelte es aus ihrer Freundin hervor, während sie auf sie zutrat, was Mali letztlich doch ein Lachen entlockte: „Nein, alles gut", beschwichtigte sie. „...Er hat nur nach meiner Nummer gefragt", erklärte sie, stellte Kaffeebecher und Tüte auf der Kommode neben dem Schrank ab, verstaute ihre Tasche und zog ihre Arbeitskleidung hervor. „Wer?", erkundigte sich Ruby erstaunt. Mali zuckte bemüht beiläufig mit den Schultern: „Das hätte eh keinen Sinn", erwiderte sie ohne auch nur ansatzweise auf Rubys Nachfrage einzugehen, was ein deutliches Schnauben ihrer Freundin nach sich zog: „WER?", wiederholte sie ihre Nachfrage nun nachdrücklicher. „Dieser Mann aus dem Cafe", erklärte Mali nachdenklich und lehnte sich mit dem Rücken an den geschlossenen kühlen Schrank. „Uhhhh...Und?", stichelte Ruby weiter, was nun auch Mali schnauben ließ. „Nichts und! Ich habe ihm gesagt, dass ich kein Interesse habe". Schlagartig wurde es still, während sie die Fassungslosigkeit ihrer Freundin beinahe greifen konnte. „...Das hätte eh keinen Sinn", wiederholte Mali ihre Worte, stieß sich vom Schrank ab und machte sich auf den Weg ins Nebenzimmer. „Stopp, stopp, stoooohoooop", warf Ruby hastig ein und folgte ihr schnellen Schrittes. „Du weißt doch wie es endet, Ruby", ergriff Mali das Wort und blieb stehen. „Du bist eine Traumfrau...Blind? Nein natürlich stört mich das nicht ...das ist gar kein Problem für mich...und plötzlich... ich fühle mich dem nicht gewachsen...ich kann damit nicht umgehen...es liegt nicht an dir, sondern an mir...", äffte sie die Sprüche der Männer nach, die sie in den letzten Jahren zu Genüge gehört hatte. „Jedes verfluchte Mal. Ich habe darauf keine Lust mehr.", schloss sie schulterzuckend ab und setzte ihren Weg fort. „Sei doch nicht so negativ, Mali.", warf Ruby ihr kopfschüttelnd hinterher, bevor sie ihr in den Nebenraum folgte. „Die Typen waren alle Idioten. Wie außergewöhnlich ist es denn bitte in Zeiten von Tinder und Co., dass man ganz klassisch in einem Café nach seiner Nummer gefragt wird? Das ist wirklich mutig", versuchte ihre Gegenüber sie eifrig zu überzeugen. „Soll ich mir ihn mal ansehen?" stichelte ihre Freundin weiter, ihr schelmisches Grinsen unverkennbar. „Ruby", mahnte Mali, während ihre Mundwinkel zu zucken begannen: „Es ist eh egal. Ich sehe ihn aller Voraussicht nach sowieso nicht wieder". „Du bist so bescheuert manchmal, Mali", lachte Ruby lauthals los.

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Luc lächelte zufrieden, als er einen Blick auf seine Armbanduhr warf. Er hatte bewusst die gleiche Zeit wie am Vortag abgepasst, hatte dafür sogar ein Meeting nach hinten verlegt, in der Hoffnung dieser außergewöhnlichen jungen Frau erneut zu begegnen und er hatte Glück. Schon als er das kleine Café betrat erblickte er sie. Ihren schlanken, sportlichen Körper, welcher von einem türkisfarbenen Sommerkleid locker umspielt wurde. Ihre wirren hellbraunen Locken hatte sie locker hochgesteckt, wobei sich bereits einzelne Strähnen aus der Haarklammer gelöst hatten, ein Detail was ihre natürliche Attraktivität noch untermalte. Was hatte diese Frau nur an sich? „Direkt vor dir Sonnenschein", ertönte die freundliche Stimme des Café-Besitzers, während er einen Bambusbecher und eine Papiertüte über die Holztheke schob. „Ich habe den Muffin sicherheitshalber eingepackt...und Achtung, wenn du dich rumdrehst. Hindernis auf 12 Uhr", fuhr er erklärend fort und bedachte Luc mit einem undefinierbaren Blick: „Danke, schon gehört.", vernahm er Malis angenehme Stimme. „Dabei hatte ich gehofft, dass Sie sich mir erneut in die Arme werfen".


Blind - Eine andere Sicht der DingeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt