Freier Fall

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„Kopfschmerztablette?", fragte Mali lächelnd als sie leise Schritte hinter sich wahrnahm. „Wer konnte ahnen, dass zu viele Orgasmen für solche Kopfschmerzen sorgen?", murrte Ruby, worauf Mali herzhaft auflachte: „Ich", konterte sie amüsiert. Ihre Freundin atmete tief durch: „Danke, dass ich hier schlafen durfte", bemerkte sie, bevor sie kurz innehielt und sich auf den ihr gegenüberliegenden Stuhl fallen ließ, welcher unter ihrer schwungvollen Bewegung leicht zu knarzen begann: „Ich habe dir die Tour vermasselt", stellte Ruby entschuldigend fest. Mali schmunzelte: „Jap, zwei Mal". „Was?", entfuhr es ihrer Freundin überrascht, bevor sie schweigend innehielt. „Auf dem Klo? DU?! ...Nein...", rief sie schlagartig wach aus. "Nicht dein Ernst... das muss was heißen" fuhr sie entgeistert fort." „Vermutlich, dass ich ziemlich...naja", begann Mali leise, beinahe verlegen. „... dass du ziemlich scharf auf Luc Dupont warst?", ergänzte Ruby lachend. „...bin", korrigierte Mali zähneknirschend. Sofort spürte sie den Blick ihrer Freundin auf sich. „Wir hatten kein Glück gestern", fuhr Mali erklärend fort und hob die Schultern. „Ihr habt aber nach eurer Klavieraktion schon nochmal oder?", hakte Ruby vorsichtig nach. Mali stand auf, öffnete zielgerichtet eine der Küchenschubladen und zog eine kleine Medikamentenschachtel hervor, ließ vorsichtig ihren Zeigefinger über die mit Brailleschrift versehene Packung gleiten, um sicherzugehen, dass es sich tatsächlich um die gesuchten Kopfschmerztabletten handelte. "Hier", bemerkte sie, legte die Tabletten vor Ruby auf den Tisch und schob ihr ein bereits gefülltes Wasserglas entgegen. Mali war sicherlich nicht prüde, aber dennoch auch nicht der offenste Mensch was das Thema Sex anging. Es war ein Thema über welches sie nicht zwingend sprechen musste, sich meist sogar eher zurückhielt. "Also ja", lachte Ruby wissend und drückte hörbar eine Tablette aus dem Blister. Sie kannte Mali einfach zu gut. "Einmal", erwiderte Mali knapp und hob die Schultern. "Gut?", stichelte Ruby lachend, was nun auch Mali unbewusst Grinsen ließ. Gut war wohl kein Ausdruck. Noch bei keinem Mann war sie gleich zu Beginn so aus sich herausgekommen, hatte sich so fallen lassen können. Unbewusst zucken ihre Mundwinkel. Sex auf dem Klavier mit einem ihr im Grunde unbekannten Mann, spontaner Sex auf der Arbeitsfläche eben dieses Mannes, beinahe Sex auf der Damentoilette einer, nein seiner Bar. Alles Dinge die sie noch vor wenigen Wochen für sich gänzlich ausgeschlossen hätte. Und nun? Nun konnte sie es kaum erwarten ihn wieder um sich zu haben, seinen Geruch einzuatmen, ihn zu necken, ihn zu spüren. „Erde an Mali", riss Ruby sie aus ihrer Gedankenwelt. Mali schluckte, spürte die aufkeimende Hitze in ihrem Körper: "Extrem gut, um ehrlich zu sein", gab sie leise zu. „...ZU gut". „Nicht alles im Leben hat einen Haken", begann Ruby mit beruhigender Stimme. „Sieh richtig hin, sieh ihn mit deinen Augen, Mali", fuhr sie sanft fort. Mali hob eine Augenbraue, bis sich tatsächlich ein zaghaftes Lächeln auf ihre Lippen schlich. Sie hatte Recht. Luc war anders!

Mali seufzte entspannt, schloss ihre Augen und genoss das Gefühl des auf sie hinunterprasselnden heißen Wassers, welches ihren Körper vollends bedeckte, ihr einen wohligen Schauer bereitete. Ruby hatte sich nach einem für sie eher minimalistischen Frühstück auf den Heimweg gemacht, womit Mali tatsächlich seit Langem einem Samstag nur für sich hatte. Keine Familie, keine Freunde, einfach nur sie selbst. So hatte sie nach ein wenig Hausarbeit den Mittag mit einem schönen Hörspiel auf der Couch verbracht, bis sie sich aus ihren Schlafshorts und ihrem Top geschält hatte, um unter die Dusche zu springen.

Langsam ließ sie ihre Hände über ihren Körper gleiten, verteilte sorgfältig die angenehm nach frischer Minze und Zitronengras riechende Seife, bevor sie mit den Fingern zart über ihren Bauch strich, ihre Brüste, ihre Brustwarzen, die sich sogleich sehnsüchtig aufrichteten. Erregt umschloss sie sie mit ihren Fingerspitzen, neckte sie, was sie leise aufstöhnen ließ. Immer wieder schweiften ihre Gedanken ab. Sein heißer Atem auf ihrer Haut, der empfindsamen Haut ihrer Innenschenkel, seine Zunge zwischen ihren Beinen. Erneut stöhnte sie auf, während ihre Hand wie von selbst den Weg zwischen ihre Beine fand. Was wohl gewesen wäre, wenn Ruby sie nicht unterbrochen hätte, wenn er sie weiter mit seiner Zunge verwöhnt hätte, sie dazu mit den Fingern... „Heilige Scheiße", fluchte sie und zuckte ruckartig zusammen, als sie das Geräusch der Türklingel vernahm. Das durfte nicht wahr sein. Eilig drehte sie das Wasser ab, schob sich aus der Dusche, wickelte sich hektisch ihr Duschtuch um den Körper und stapfte noch pitschnass nur Haustür. Sollte es Ruby sein, würde sie noch an diesem Tag ihren Kopf verlieren. Drei Mal war eindeutig zu viel des Guten.

Blind - Eine andere Sicht der DingeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt