Grünes Bändchen

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In Gedanken versunken schlenderte Mali förmlich den Gehweg entlang.

Luc hatte seinen Wein am Abend zuvor nicht einmal mehr ausgetrunken, sondern hatte unerwartet zügig den Abend beendet und sich verabschiedet. Die Tatsache, dass er sie abgewiesen hatte, hatte sie im ersten Moment tatsächlich getroffen, sie hatte es beinahe persönlich genommen, bis ihr der Hintergrund, die Tragweite seiner Worte bewusstgeworden war. -„Wenn du nicht willst, dass ich den Verstand verliere, sollten wir an dieser Stelle einen Cut setzen-, widerholte sie seine Worte in ihrem Kopf. Ein Schmunzeln huschte über ihre Lippen. Eines hatte er ihr damit bewiesen. Er war nicht nur auf Sex aus. Es steckte eindeutig mehr dahinter. Aber was? Hatte dieser Mann tatsächlich ernsthaftes Interesse an ihr? Ausgerechnet Luc Arthur Dupont. Der Mann, der sie allein mit seiner Anwesenheit, seinem Geruch in den Wahnsinn trieb. Der Mann in den sie das Schicksal mit ihrem Cappuccino hineingelotst hatte?

„Guten Morgen", grüßte Mali gut gelaunt, als sie das Café betrat und ihr dieser himmlische Duft in die Nase stieg. „Guten Morgen", flötete Jenna. „Cappuccino und Muffin?", fragte sie, wobei es eher nach einer rhetorischen Frage klang, denn im Grunde war sie sich sicher die Antwort bereits zu kennen. Mali schmunzelte: „Einen Cappuccino und ein Schokocroissant bitte." „Was?", entfuhr es Jenna überrascht. „Was?", schrie auch Sören aus dem hinteren Teil seiner Küche. „Hab ich was verpasst?", hakte Jenna erstaunt nach, worauf Mali lediglich die Schultern hob. „Diese Croissants riechen immer so unglaublich gut. Einfach mal kosten". „Dass ich diesen Tag noch erleben darf", lache Jenna, als sie sich von ihr abwandte und die Kaffeemaschine die frischen gerösteten Bohnen zu mahlen begann, diesen unglaublich betörenden Kaffeeduft im Café verteilte, welchen sie andächtig einatmete. „Willst du drüber sprechen?", witzelte Jenna, während sie ihr ihren Cappuccino vor die Nase stellte und das leise Rascheln einer Papiertüte ertönte. „Ein Mann?", bohrte sie neugierig, was Mali unbewusst lächeln ließ. „Ein äußerst attraktiver und charmanter Mann habe ich mir sagen lassen", vernahm sie eine ihr nur allzu bekannte Stimme direkt hinter sich, bevor sie die hauchzarte Berührung seiner Lippen unterhalb ihres Ohres spürte. Der Hauch einer Berührung, der ihren Körper innerhalb nur weniger Augenblicke vollständig mit Gänsehaut bedeckte, ihre Haut förmlich glühen ließ, wie auch ihre Wangen. Mali schluckte fest, riss sich aus ihrer Trance, ertastete seine Brust und schob ihn sanft ein Stück zurück, wobei ihre Finger wie von selbst sachte über den Stoff an seinem Körper glitten, versuchten zu ertasten, was er trug. „Kein Mann", bemerkte sie bemüht lässig. „Hunger und die Lust nach was Süßem", fuhr sie keck fort und griff nach ihrem Frühstück. „Ich übernehme das", ergriff ihr Hintermann mit hörbarem Lächeln das Wort. Überrascht drehte Mali sich herum: „Das ist nicht nötig. Ich kann mir mein Frühstück durchaus leisten, Herr Dupont" „Ich tue es auch nicht, weil es notwendig ist, sondern weil ich es möchte. Sieh es als Dankeschön für den schönen Abend gestern.", konterte er charmant, während er einen Schritt auf sie zutrat. „Besuch mich heute im –Five-.", fuhr er fort, hauchte selbstverständlich einen Kuss auf ihre Wange und trat an ihr vorbei. „Einen Kaffee, schwarz bitte". Sprachlos hielt sie inne. Dieser Mann war unglaublich! „...und Jenna. natürlich sind Sie ebenfalls eingeladen. Bis heute Abend.", schloss er ab, zog hörbar den Kaffeebecher von der Ablage und ließ Mali, als auch Jenna perplex zurück. „Was?", entfuhr es Jenna nun zum wiederholten Mal, was Mali auflachen ließ. „Du wiederholst dich, Jenna". Jenna schwieg einen Moment, schien nachzudenken: „Er ist also das Schokocroissant", stellte sie amüsiert fest.

„Moooooment, da bin ich dann aber auch am Start", lachte Ruby, nachdem Mali ihr von Lucs spontaner Einladung erzählt hatte. „Ich weiß nicht, ob ich gehe", zuckte Mali beiläufig mit den Schultern und zog sich ihr Arbeitsshirt über den Kopf. „Natürlich gehen wir. Ein Mädels Abend. Das klingt doch super!", erwiderte ihre beste Freundin euphorisch und ließ keinen Zweifel daran aus dieser Nummer auch nur ansatzweise wieder herauskommen zu können. „Muss ja schön gewesen sein gestern, wenn er dich heute schon wiedersehen möchte", hakte Ruby neugierig nach., worauf Mali erneut die Schultern hob. „Mali", mahnte ihre Freundin gespielt pikiert. „Rück raus...bitte....du weißt ich bin neugierig...ist was gelaufen?". Mali atmete tief durch, bevor sie ihre Freundin, wenn auch unfreiwillig von den Qualen ihrer Neugierde erlöste: „Wir haben gegessen, haben uns unterhalten...dann ist er gegangen.", fasste sie den Abend oberflächig zusammen. „Wie?", entfuhr es Ruby überrascht. „...nichts weiter? Kein Kuss? Nichts gelaufen?". „Nur eine kurze Massage", antwortete Mali unverfänglich. „Uuuuuulaalaaaa, also doch", rief Ruby lachend aus, worauf Mali ernst den Kopf schüttelte. „Nein wirklich. Ich habe seinen Rücken und seinen Nacken massiert und dabei trug er sein Hemd. Mehr wollte er nicht..." „Stopp, was?", fiel ihre Chefin ihr hastig ins Wort. „...ER wollte nicht mehr? Friendzone?". Malis Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen, als sie an seine Worte dachte, an die eindeutigen Reaktionen seines Körpers: „Das bezweifle ich ehrlich gesagt."

Blind - Eine andere Sicht der DingeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt