Sommerfest

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Nervös zupfte Mali an ihrem rückenfreien luftigen Sommerkleid: „Meinst du wirklich das geht, Ruby?", fragte sie unsicher und ließ ihre Hände erneut über den dünnen Stoff gleiten. „Mali, du siehst wunderschön aus. Wirklich...", versuchte Ruby Mali zu beruhigen, welche skeptisch das Gesicht verzog: „Das sagst du nur...." „Nein, das sage ich nicht nur, weil ich deine beste Freundin bin, sondern ich sage es, weil du meine beste Freundin bist. Ich würde dich niemals gehen lassen, wenn ich nur annähernd das Gefühl hätte, dass du dich so blamieren könntest. Du siehst wundervoll aus Mali. Wirklich!", wies ihre Freundin sie mit fester Stimme zurecht. „Und jetzt entspann dich". Mali schluckte: „Es war keine gute Idee zuzusagen. Ich ...ich habe ihn seit letzter Woche Samstag nicht mehr gesehen, wir haben uns ein einziges Mal gehört in dieser Woche und das auch nur, um mir zu sagen, wann, wie, wo dieses Sommerfest stattfindet. Es ist eine dumme Idee", plapperte Mali förmlich, bis Ruby sie in ihrem Redeschwall erneut unterbrach. „Er war in New York, vermutlich hatte er einfach unglaublich viel zu tun, dann noch die Zeitverschiebung. Wäre es ihm nicht wichtig, hätte er dich erst gar nicht gefragt." Mali atmete tief durch: „Ich muss noch meine Haare machen", stellte sie fest. Erneut wurde sie von Ruby unterbrochen: „Lass sie offen, das sieht super aus. Deine Locken sind perfekt und ich bin mir sicher Luc wird es gefallen", bemerkte sie, ihr Schmunzeln deutlich hörbar.

Erschrocken zuckte sie zusammen, als sie das Geräusch der Klingel vernahm: „Er ist viel zu früh", stellte sie irritiert fest und machte sich auf den Weg zur Tür. „Frau Simon?", erklang eine ihr vollkommen fremde Stimme. „Ähm ja", erwiderte sie irritiert. „Mein Name ist Timon. Ich bin Ihr Fahrer. Herr Dupont ist leider bereits eingespannt. Bitte...", erklärte er ruhig, während Ruby hinter sie trat. „Wow", entfuhr es ihr überrascht. „Ernsthaft? Luc schickt dir einen Fahrer mit dem neusten Audi Q6...E – Variante..." „...statt selbst du kommen", ergänzte Mali schulterzuckend, wusste nicht was sie davon halten sollte. Was würde sie an diesem Sommerabend erwarten? Vor allem - WER würde sie erwarten?

„Frau Simon, wir sind da", wies sie Timon höflich auf ihre Ankunft hin. „Ich werde Sie natürlich noch begleiten", ergänzte er aufmerksam, während er bereits das Auto zu verlassen schien. Nur einen Augenblick später öffnete sich die Autotür neben ihr. „Darf ich?", bat er höflich, griff behutsam nach ihrer Hand, half ihr aus dem Auto und hakte sie selbstverständlich unter. Nach wenigen Minuten Fußmarsch spürte sie weichen Rasen unter ihren Sandaletten, vernahm leise angenehme Livemusik, hörte das Stimmgewirr der bereits anwesenden Gäste, bevor Timon innehielt, sich aufmerksam umzusehen schien. „Ah, na also", entfuhr es dem Fahrer zufrieden und loste sie weiter über die Rasenfläche.

„...in der heutigen Zeit macht es durchaus Sinn in der IT-Branche zu investieren. Die Digitalisierung schreitet immer....", griff sie Gesprächsfetzen auf, erkannte augenblicklich die Stimme des Mannes, der da sprach. Auch, wenn sie Lucs Stimme unweigerlich erkannte, tat sie sich unglaublich schwer sie mit dem Mann in Verbindung zu bringen, den sie so gerne um sich hatte, auf den sie sich so gefreut hatte. Dieser Mann nur wenige Meter entfernt wirkte unendlich kalt, distanziert, fast schon arrogant. „Herr Dupont", sprach Timon Luc zurückhaltend, fast schon vorsichtig an. „Entschuldigen Sie, Sie sehen doch dass sich Herr Dupont in einem Gespräch befindet.", wies ihn sogleich eine tiefe Stimme zurecht. „Ähm, ich....ich bin der Fahrer. Das ist seine...". „Hinten anstellen, Freundchen. Glauben Sie mir, Sie wollen nicht, dass er genervt ist.", knurrte die Stimme mürrisch, was Mali beinahe das Blut in den Adern gefrieren ließ. Wer war dieser Mann? „Entschuldigen Sie...", drang erneut Lucs Stimme an ihr Ohr. Offensichtlich hatte er sein Gespräch unterbrochen. „Viktor, bitte sorgen Sie dafür, dass...", abrupt brach er ab. „Mali", entfuhr es ihm überrascht, bevor sie seine angenehm warme Hand auf ihrer Schulter spürte, seine weichen Lippen einen ungewohnt nüchternen Kuss auf ihre Wange hauchten. Er strahlte etwas Ungewohntes aus, eine unglaubliche Präsenz die sie nicht zuordnen konnte. „Oh...entschuldigen Sie, Herr Dupont. Ich wusste nicht...", rechtfertigte sich der bis vor wenigen Sekunden noch fast gefährlich wirkende Mann kleinlaut. „Gehen Sie auf Ihren Posten, Viktor", wies Luc ihn in einem Ton an, der Mali erschaudern ließ. Das war nicht Luc. „Danke Timon", bemerkte er knapp an den Fahrer gewandt, welcher sich ohne ein weiteres Wort von ihnen entfernte. Luc atmete auf, trat einen Schritt auf sie zu und ließ seine Hand hauchzart über ihren nackten Rücken gleiten: „Schön dich zu sehen, Sonnenschein. Du siehst einfach bezaubernd aus.", flüsterte er, senkte seine Lippen liebevoll an ihre Schläfe, berührte sie sanft und atmete tief ein. Irritiert hob sie eine Augenbraue, überrascht über den plötzlichen Wandel seines Verhaltens. Unbewusst schlich sich ein Lächeln auf ihre Lippen. Es gefiel ihr, wenn er sie so nannte. „Möchtest du etwas trinken?", fuhr er höflich fort, wobei sie seine Finger weiter auf ihrem Rücken spürte, wie sie kaum merklich über ihre Haut strichen, eine unglaubliche Wärme in ihr verursachte, welche eine angenehme Gänsehaut auf ihrem Körper entstehen ließ. Mali nickte lächelnd: „Gerne".

Blind - Eine andere Sicht der DingeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt