Der eigene Schatten

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Mali massierte sich nachdenklich die Schläfen. War es wirklich richtig einfach zu gehen, Ruby vorzuschicken um sie zu entschuldigen? Sie atmete tief durch. Er hätte sie sicher nicht ohne eine Erklärung gehen lassen und dazu war sie grade nicht fähig, war einfach zu verwirrt. Ihr Kopf spielte vollkommen verrückt. Sie musste diese Traumblase platzen lassen, der Realität in die Augen sehen. Natürlich genoss sie die Zeit mit Luc. Er war ein unfassbar interessanter Mann, aber es konnte nichts von Dauer sein. Es würde enden wie auch die vorherigen Male, ihr den Boden unter den Füßen wegreißen, wenn sie sich weiter darauf einließ. Luc hatte Verantwortung, mehrere Unternehmen, eine Bar, ein Kontostand, der außerhalb ihrer Vorstellungskraft lag. Wie sollte sie da reinpassen? Sicher, sie war im Grunde selbstständig und unabhängig, aber dennoch war sie in gewissen Situationen auf ihr Umfeld angewiesen. Warum sollte ein Mann wie er das wollen? Helfersyndrom?-, schoss ihr sofort Tessas Anmerkung in den Kopf.

„Ich habe Joe Bescheid gegeben. Herrn Dupont konnte ich auf die Schnelle nicht finden.", erklärte Ruby, während sie neben sie trat und ihr den Arm um die Schulter legte. Auch Jenna trat neben sie, legte ebenfalls den Arm um sie, bevor sie ruhig das Wort ergriff: „Egal was passiert ist Mali, es wird wieder". Mali schmunzelte. Sie hatte zwei wirklich tolle Freundinnen an ihrer Seite.

„Mali", vernahm sie eine leise Stimme, bevor Sie einen zügigen Laufschritt auf dem Asphalt hörte. Mali zögerte und wand sich aus den Armen ihrer Freundinnen. Luc! „Mali", rief er nun deutlich hörbar. „Hey...Mali", wiederholte er nachdrücklicher, als er dicht hinter ihr ankam und sie seine Hand an ihrer spürte, sie sanft umgriff. „Was...wieso?", entfuhr es ihm verwirrt. „...ohne dich zu verabschieden?" Mali schluckte schwer, zögerte bis sie das Wort ergriff und ihre Hand aus seiner zog. „Ich kann es dir nicht erklären...das ...", druckste sie und deutete erst auf ihn dann auf sich „...das ist nichts...das ist nicht Hollywood.". „Stopp", unterbrach Luc sie entgeistert. „Es ist in Ordnung, wenn du nicht mit mir sprechen möchtest, aber lass mich nicht einfach stehen, ohne dich zu verabschieden. Okay?", fuhr er überraschend verständnisvoll fort. Für einen Moment hielt er inne, wobei sie seinen Blick deutlich spüren konnte. „Eric?", sprach er seinen Mitarbeiter deutlich an, bevor sich leise Schritte näherten. „Fahre die drei Damen bitte nach Hause". „Nein...", schritt Mali ein. „Es gibt Dinge über die ich nicht diskutiere", bemerkte Luc bestimmt, trat auf sie zu und hauchte ihr einen zarten Kuss auf die Wange: „Gute Nacht, Mali".

„Danke", bemerkte Mali und griff nach ihrem Frühstück, bestehend aus einem Cappuccino und ihrem hellen Muffin mit kleinen Schokostückchen. Bei jedem Öffnen der Ladentür des Cafés ertappte sie sich dabei, wie sie aufmerksam lauschte, ob sie die Schritte erkannte oder ihr der Geruch in die Nase stieg, welchen sie beinahe schon vermisste. Mali zögerte einen Moment, dachte nach bevor sie das Wort ergriff: „Sag mal Jenna...hast du Herrn Dupont die letzten Tage gesehen? Also...war er hier?", druckste sie fast schon verlegen. „Er geht dir nicht aus dem Kopf, was?", hakte Jenna einfühlsam nach, worauf Mali lediglich die Schultern hob. „Ich habe ihn seit letzter Woche Montag nicht gesehen. Du hast also nicht mit ihm gesprochen bisher?" Erneut zuckte Mali mit den Schultern: „Vielleicht ist es gut so...", sprach sie eher an sich selbst gewandt. „...vielleicht ist es auch vollkommen dämlich, Mali", ergänzte Jenna. „Du bist wahrscheinlich die einzige Frau auf diesem Planeten, die Luc eiskalt abserviert, weil sie Angst vor ihren eigenen Gefühlen hat". Mali hob erstaunt eine Augenbraue. „Was? Glaubst du ich bin blind?", entfuhr es Jenna. „....oh entschuldige", setzte sie schnell nach, bevor sie unbeirrt weitersprach: „Seit eineinhalb Wochen hoffst du jeden einzelnen Tag ihm zufällig zu begegnen. Sprich mit ihm, was hast du zu verlieren?" Mali atmete tief durch: „Was will ein Multimillionär mit einer Physiotherapeutin, die nicht einmal sehen kann? Wie sollte ich an der Seite eines solchen Mannes bestehen?". Zu ihrer Überraschung lachte Jenna herzhaft auf: „Was will der unsagbar heiße Geschäftsführer des –Five- mit Harley von einer kleinen Aushilfskellnerin? Ich weiß es nicht... Aber irgendetwas wird es geben...vielleicht etwas, was wir manchmal einfach nicht sehen können Mali", erklärte Jenna mit unglaublich sanfter Stimme. „Du wirst es aber so nie erfahren...und glücklich wirst du auch nicht. Warte...", bemerkte Jenna, das Schmunzeln auf ihren Lippen unverkennbar, bevor Mali erneut das Geräusch einer raschelnden Papiertüte vernahm, welche sie ihr wenige Augenblicke später in die Hand drückte. „Ich verstehe nicht...", begann Mali irritiert. „Entscheide dich...und jetzt los mit dir. Nicht, dass du noch Ärger mit deiner Chefin bekommst", lachte Jenna und widmete sich wieder ihrer Arbeit.

Blind - Eine andere Sicht der DingeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt