Eine andere Welt!

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Mali stieg aus dem Taxi und zupfte ihr Kleid zurecht, welches knapp oberhalb ihrer Knie endete. Eine zarte Gänsehaut breitete sich auf ihrem Körper aus, als ein überraschend kalter Wind ihre Haut streifte. Sie hätte wohl doch eine Jacke mitnehmen sollen. „Entschuldigung", sprach Sie den Taxifahrer im Wagen, mit dem sie sich auf der Fahrt bereits sehr angenehm unterhalten hatte, höflich an. „Würden Sie mich vielleicht zur Tür begleiten?" „Selbstverständlich", erwiderte der junge Mann prompt und hechtete regelrecht aus dem Taxi. Ein sympathischer Kerl.

„Soll ich klingeln?", fragte er aufmerksam. Offensichtlich hatten Sie die Tür erreicht. Mali nickte knapp: „Vielen Dank". „Gerne, ich wünsche Ihnen einen schönen Abend", bemerkte der Taxifahrer mit einem deutlich hörbaren Lächeln auf den Lippen und verschwand.

Mali wartete ungeduldig, doch nichts geschah. War er überhaupt schon zu Hause? Unsicher ließ sie die Finger durch ihre offenen schulterlangen Locken gleiten. Sie hatten tatsächlich über keine konkrete Uhrzeit gesprochen. Lediglich die Adresse hatte er ihr geschickt. Verdammt! Grade als sie begann sich zu überlegen was ihre Möglichkeiten waren, vernahm sie ein leises Klicken. Augenblicklich schoss ihr ein unglaublich frischer Duft in die Nase. „Mali", grüßte Luc freundlich, trat auf sie zu und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. Irritiert zuckte sie zusammen, als sie etwas Nasses an ihrer Schläfe spürte, spürte wie sich ein kalter Tropfen über ihre Haut schob, einen unerwartet intensiven Schauer durch sie hindurch jagte, der sogleich die feinen Härchen auf ihrem Körper aufstellte. „Du bist ....äh....nass", stellte Mali perplex fest, worauf Luc leise lachte. „...weil du mich aus der Dusche geholt hast". Mali stockte der Atem, spürte wie ihr die Röte in die Wangen schoss. Oh Gott!: „Oh....ähm...du bist aber...oder...", druckste sie verlegen. „Das bleibt wohl mein Geheimnis", witzelte er verführerisch und trat beiseite: „Komm rein...einfach grade aus." Mali folgte seiner Anweisung, trat an ihm vorbei, setzte einen Fuß vor den anderen, bis sie innehielt und tief einatmete. Sie war vollkommen orientierungslos. „Einfach weiter geradeaus", vernahm sie Lucs Stimme dicht hinter sich, spürte seinen nassen Oberkörper an ihrem Rücken, seinen Atem in ihrem Nacken. Er hatte sich nicht einmal richtig abgetrocknet. Allein die Vorstellung, dass dieser Mann sich halbnackt hinter ihr befand, machte sie schier wahnsinnig. Ohne darüber nachzudenken setzte sie sich nicht weiter in Bewegung, sondern wandte sich ihm direkt zu. Getrieben von ihrer Neugierde hob sie die Hand, berührte zaghaft seine Brust, was ihn merklich zusammenzucken ließ. Aufmerksam strich sie über die kühle nackte Haut unter ihren Fingern, wanderte über seinen definierten Bauch, spürte die leichte Kontraktion seiner Muskeln, was sie zufrieden grinsen ließ. „Mali", flüsterte Luc beinahe tonlos, seine Lippen dicht an ihrem Ohr. „Darf ich dich nicht ansehen?", witzelte sie keck, während ihre Fingerspitzen ihren Weg unbeirrt fortsetzten. Luc schluckte merklich, während sein Atem zunehmend unruhiger wurde: „Du schaust schon sehr genau", konterte er, wobei sein Ton eher einem leisen Knurren glich. Behutsam tastete Mali weiter, bis sie auf einen weichen Widerstand auf Hüfthöhe stieß. Noch bevor sie es einordnen konnte, schnellte Lucs Hand vor, umgriff ihr Handgelenk und zog sie von seinem Körper. „Ich muss...ich sollte mir etwas anziehen", bemerkte er knapp, ließ von ihrem Handgelenk ab und verschwand. Verdutzt blieb Mali zurück, nicht wissend, wo sie sich aufhielt, wo sie eigentlich hinsollte, ihre Atmung stockend, ihr Herz, wie auch ihre Mitte wild pochend und ihre Vernunft scheinbar niedergerissen von dieser unbeschreiblichen Welle der Erregung. Dieser Mann, dieser Geruch! –Einfach Geradeaus- erinnerte sie sich. Langsam, vorsichtig tastete sie sich vorwärts, versuchte sich zu orientieren, an der Wand, an Möbeln, die sie unter ihren Fingerspitzen spürte, bis sie einen Raum betrat, einen großen Raum wie es schien. Ein Wohnzimmer vielleicht. Sie löste ihre Finger von dem Türrahmen, welchen sie sorgfältig ertastet hatte und betrat den offenen Raum. Behutsam ging sie hinein, immer auf der Hut einem unerwarteten Gegenstand zu begegnen. Und tatsächlich stand nur wenige Meter weiter etwas mitten im Raum. Neugierig strich sie über das Hindernis, fühlte kühlen glatten Lack unter ihren Fingern. Ein Flügel, inmitten seines Wohnzimmers. Bedacht umrundete sie das Instrument, bis sie tatsächlich dessen Klaviatur erreichte und eine der Tasten drückte, was ihr ein verträumtes Lächeln auf die Lippen zauberte. „Ein schönes Instrument, nicht wahr", riss Lucs Stimme sie aus ihren Gedanken. Beinahe ertappt hob sie den Kopf und trat einen Schritt zurück. „Du kannst dich hier frei bewegen Mali", bemerkte er ruhig und trat auf sie zu. „Ich habe mit drei Jahren begonnen zu spielen. Mein Großvater hat es mir gezeigt. Komm her...", forderte er. Mali hob irritiert eine Augenbraue, bevor sie in seine Richtung trat. Sanft legte er eine Hand auf ihre Schulter und dirigierte sie zu dem kleinen davorstehenden Hocker. „Setz dich". Verdutzt folgte Mali seiner Anweisung, ließ sich langsam auf den Hocker sinken. Luc hingegen, welcher neben ihr stand, beugte sich vor, sein Körper dicht an ihrem und begann etwas zu spielen. Ein leises Lachen kam Mali über die Lippen, als sie das einfache und doch so liebenswürdige Lied erkannte. „Der Flohwalzer", stellte sie leise fest. „Der Grund warum ich Klavier spiele.", erklärte er, bevor er erneut begann zu spielen. „Ich habe mir immer vorgestellt, wie die Flöhe über die Tasten hüpfen", erzählte er beinahe verträumt. „Kannst du spielen?", riss er sich selbst aus seinen Gedanken. Mali schüttelte den Kopf. „Den Flohwalzer wirst du schaffen", lachte Luc und ließ sich neben ihr auf dem Hocker nieder. „Gib mir deine Hände", forderte er, auf seinen Lippen ein unverkennbares Lächeln. „Ich weiß nicht", entgegnete sie zurückhaltend. „Ich gehe davon aus, dass du sehr talentierte Finger hast, die nicht nur massieren können.", witzelte er, wobei ihr der Hauch seiner Zweideutigkeit nicht entging, was ihr tatsächlich ein Lachen entlockte. „Na gut", gab sich Mali geschlagen und hob ihre Hände. Sorgfältig platzierte Luc ihre Finger auf den richtigen Tasten, sodass sich tatsächlich nach nur wenigen Minuten der Flohwalzer erkennen ließ. „Siehst du", bemerkte Luc und strich eine Locke, welche sie bereits an der Nase kitzelte hinter ihr Ohr, berührte ihren Hals kaum merklich, was augenblicklich ein angenehmes Kribbeln unter ihrer Haut hervorrief. „Lass uns etwas essen", flüsterte er, bevor er seine Hand langsam sinken ließ. Mali lächelte: „Gerne, aber...würdest du noch ein Lied für mich spielen?". Luc lachte leise, bevor er seine Finger andächtig über die Klaviatur lotste, dabei jeden einzelnen Ton regelrecht zu fühlen schien. Es war als würde er abtauchen, als wäre es seine Art sein Innerstes mit der Außenwelt kommunizieren zu lassen.

Blind - Eine andere Sicht der DingeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt