✗ 19. | L E V I

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Ich wusste es

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Ich wusste es. Ich wusste um den Grund Evelines Reise an einen Ort, der ihr Ruhe, Sicherheit und Geborgenheit bot. Es war wie ein Bann, den ich nicht aussprechen, den ich nicht einmal gedanklich aufsagen wollte. Ein Bann, der unsichtbar und dennoch drückend über uns lag. Die Gewissheit eines unvermeidlichen Abschieds erschwerte Evelines Herz, das wusste ich und ich allein war dafür verantwortlich gewesen. Ohne es zu merken habe ich ihr Beistand, Rat, Trost gegeben, wie ich es noch nie bei einem Auftrag getan hatte. Ich hatte mich in ihr Leben geschlichen, mit dem unterbewussten Wunsch, ein Teil davon zu sein. Dieser Wunsch pochte so sehr in meinen Gedanken, dass ich vergaß, welches Leid ich ihr im Moment des vermeintlichen Glücks eigentlich antat. Und jetzt in diesem Moment tat ich nichts anderes. Ich schenkte ihr augenscheinlich Glück und Hoffnung, doch im gleichen Masse gab ich Eveline Leid und Verzweiflung. Das Gesetz des Universums machte bei uns keine Ausnahme. Gegenteile hielten sich stets die Waage auf dieser Welt.

Mit gemischten Gefühlen hatte ich Eveline zugestimmt, das Wochenende mit ihr in dem Ferienhaus ihrer Eltern zu verbringen. Tief im Inneren wusste ich, dass es ein Fehler war, dass es nicht richtig war, dass ich mich hätte, darauf konzentrieren sollen, einen potenziellen Partner für sie zu finden, Abstand von ihr zu nehmen - all dies wusste ich. Doch ich handelte umgekehrt. Handelte mehr danach, dass mich ihre Stimme beruhigte, handelte mehr danach, dass der Glanz ihrer Augen meine unruhigen Gedanken vertrieb, handelte mehr danach, mich in ihrer Nähe leicht und ungezwungen zu fühlen.

Nachdem Eveline für uns ein Taxi bestellt hatte, um im Laden des nahegelegenen Dorfes ein paar Kleinigkeiten zu besorgen, hatte sie vorgeschlagen, im angrenzenden Wald spazieren zu gehen. Nachdem ich sie mehr oder weniger dazu überreden musste, einen Schal, angesichts der Jahreszeit zu tragen, war ihr heiteres, warmes Lächeln aufrichtig. Auch wenn ich um den Druck auf ihren Herzen wusste und ich meinen tief vergraben wollte. Das bunte Blattdach der Bäume begann sich - angesichts des nahenden Herbst - in explodierte Farben zu verändern. Die feuchte, kalte Luft lud eigentlich nicht zum Spazierengehen ein. Dennoch strahlten Evelines Augen, während sie jedes Detail des Waldweges musterte und einzelne Blätter um sie herumwirbelten.

»Früher bin ich jeden Tag mit meinen Eltern hier gewesen, wenn wir die Urlaubstage im Häuschen verbracht haben«, erzählte Eveline und ging dicht neben mir. Mit den Händen in den Taschen ihres Mantels schob sie die Blätter des Weges spielerisch beiseite und schaute hoch zu den Baumkronen. »Es war eine wirklich schöne, unbeschwerte Kindheit und ich bin ihnen dankbar dafür.«

Ich vergrub die Hälfte meines Gesichtes in den Kragen meines Pullovers und wandte meinen Blick von Eveline. Ihre Erscheinung in dieser malerischen Umgebung erfüllte mich mit Wärme, obwohl die Temperatur an diesen Tag kühl war.

»Gibt es ... in deiner Welt auch so etwas wie Jahreszeiten? Bäume?«, fragte sie neugierig.

»Sicher gibt es bei mir Bäume, aber nicht solche wie bei dir. So verhält es sich auch mit den Jahreszeiten. Müsste ich sie mit den Begrifflichkeiten aus deiner Welt beschreiben, würde ich sagen, dass es bei uns nur Frühling und Sommer gibt.«

Love Crises with a Demonᵃᵗᵗᵃᶜᵏ ᵒᶰ ᵗᶤᵗᵃᶰWo Geschichten leben. Entdecke jetzt