In weniger als zwanzig Minuten waren wir beide fertig, wobei wir uns unser Frühstück gespart hatten und dieses wohl während der Fahrt zu uns nehmen würden. Unsere nächste Station, die wir angepeilt haben, ist ein Campingplatz in der Nähe von Mount Rushmore, zudem wir wohl den gesamten Tag brauchen werden.
Wenn ich es mittlerweile richtig abschätzen konnte anhand der Karte sollten wir gut 11 Stunde fahren und mit ein zwei Pausen zwischendurch vielleicht noch ein wenig mehr. Also sollten wir so gegen zehn Uhr heute Abend ankommen, wobei zu hoffen gilt, dass die Rezeption 24/7 geöffnet hat, was bei den meisten unserer letzten Plätze der Fall gewesen ist.
Aber da es ein Tag mitten in der Woche ist, sind die Straßen nicht besonders voll, da gerade jetzt niemand durch diese Pampa fährt, in der wir uns gerade befinden. Weit und breit nichts anderes als weite Flächen um uns herum und nicht ein Haus war in Sicht.
Würde ich hier alleine fahren, hätte ich es gruselig gefunden, doch mit Erik machte es mir nichts aus, eher im Gegenteil, es machte sogar Spaß durch die endlosen Weiten Amerikas zu fahren und einfach die Dinge auf sich zukommen zu lassen.
Einfach das Radio einschalten und in Ruhe fahren. Verdammt, ich werde das echt vermissen, wenn ich wieder zurück nach Hause komme. Alleine, dass niemand von einem erwartet, gleich eine Antwort von mir per WhatsApp zu bekommen, oder jeden Tag auf Social Media zu sein, weil einem langweilig ist und einem nichts Besseres einfällt.
Mit Erik hier, wurde mir nie langweilig, egal was wir machten, es war immer die Sache wert und allein dadurch, dass wir es zusammen machten, war die Sache schon dreimal so gut. Und das klang gerade ziemlich kitschig.
Aber egal wie kitschig meine Gedanken waren, wenn immer sie zu Erik schweifen, wenn unsere Blicke sich treffen und er mir ein Lächeln schenkt, dann war es das definitiv wert. Denn für sein Lächeln würde ich alles geben.
Es hatte mich wirklich erwischt und es gab auf Garantie kein Zurück mehr, doch das war mir egal, denn ich war glücklich damit, wie es sich gerade entwickelte. Erst recht, als Erik eine Hand vom Lenkrad löste und sie erst zunächst schüchtern, bald aber selbstbewusster mit meiner verschränkte und auf meinem Schoß liegen ließ und mir danach ein kleines Lächeln zuwarf, bevor er sich wieder auf die Straße konzentrierte.
*
Nach gut zwölf Stunden Fahrt hatten wir es dann letztendlich geschafft den Campingplatz zu erreichen und waren dementsprechend fertig mit der Welt. Doch das Zelt musste wie immer noch aufgebaut werden und Abendbrot und fertig machen gehörte nun mal auch mit dazu.
Aber da es nun mal nur notwendig war und nicht mehr viel Energie bei uns beiden vorhanden war, verlief all das eher schweigend und erst als wir im Zelt fertig saßen, fing mein Kopf wieder an zu arbeiten.
Wie sah es jetzt eigentlich zwischen uns beiden aus? Wollte er weiterhin getrennt schlafen, oder war körperliche Nähe etwas, das für ihn in Frage kam. Ich wusste es nicht genau und ich war mir auch nicht sicher, wie ich das Thema ansprechen wollte.
Denn wir hatten uns zwar gestanden, dass wir beide etwas füreinander empfinden, aber darüber hinaus wusste ich gar nichts. Wollte er denn überhaupt mehr als eine freundschaftliche Beziehung mit mir haben, oder käme das gar nicht in Frage.
Und wenn ja, wollte er etwas wie Freundschaft plus oder dann doch eine richtige Beziehung. Für mich war ganz klar letzteres was ich wollte, denn auch wenn ich immer wieder meine Zweifel an der ganzen Situation hatte, wusste ich, dass ich es mir niemals verzeihen würde, niemals versucht zu haben mit ihm einen Beziehung zu führen.
Ich hatte zwar unglaubliche Angst, dabei letzten Endes verletzt zu werden, aber es bringt sich nichts, davor schon unglücklich zu sein, da man seine Gefühle unterdrückt. Da wollte ich wohl lieber ein Risiko eingehen, denn ich wusste, dass ich mich sonst zukünftig an 'was wäre wenn' aufhängen.
Doch das alles war immer noch keine Lösung zu meinem jetzigen Problem im Anbetracht, dass ich nicht wusste, wie weit seine Gefühle reichten. Aber zumindest musste Erik einen ähnlichen Gedankengang gehabt haben, denn er setzte, nachdem er mich für kurze Zeit nachdenklich angeschaut hatte, zum Reden an.
„Wieso ist das alles nur so seltsam?", fragte er und sah mich ein wenig verwirrt an. „Keine Ahnung", antwortete ich und erwiderte seinen Blick, bis wir beide Lachen mussten.
„Wir sind doch sonst nicht so auf den Mund gefallen, oder?", meinte ich irgendwann zwischen zwei Lachern und sah nun in seine mittlerweile mit einem belustigten Unterton funkelnden Augen.
„Nein, aber sonst war es auch nicht so kompliziert", meinte Erik nun etwas ernster, aber immer noch mit einem breiten Grinsen auf seinem Gesicht. „Dann sollten wir es uns einfach nicht so kompliziert machen und einfach darüber reden, was wir wollen?", fragte ich nun doch ein wenig unsicher, da ich mir nicht sicher war, wie das Gespräch ausgehen wird.
„Da hast du wohl recht", meinte er nun mit einem Seufzen und schien zu überlegen, was er als nächstes sagen sollte. Was mir ähnlich ging. Doch nach einem kurzen Moment der Stille, setzte Erik wieder an.
„Du hast dich bestimmt schon gefragt, wieso ich dir nicht schon früher erzählt habe, dass ich bi bin, oder?", setzte er die Frage in den Raum, welche ich nur mit einem Schulterzucken beantwortete, da ich nicht wirklich eine Antwort hatte.
„Naja,", fuhr er fort, „ich habe, um ehrlich zu sein, schon seit der elften Klasse einen fetten Crush auf dich, welcher sich mit den Jahren nur vergrößert hat und ich hatte vielleicht nicht unbedingt ein Problem mit meiner Sexualität, aber dass ich Gefühle für dich hatte, beziehungsweise habe.
Ich weiß, das mag vielleicht dämlich klingen, aber ich dachte, solange du nichts davon weißt, ist dieser Teil von mir halt nicht existent und meine Gefühle würden dann schon irgendwann weggehen. Doch es hat, wie du ja weißt, alles nichts geholfen.
Aber nachdem wir hierhergekommen sind, hast du irgendwie immer mehr Anzeichen dafür gegeben, dass es dir so ähnlich gehen könnte, wie mir und damit hast du mich ordentlich verwirrt. Letztendlich war wohl der letzte Stoß zum coming out wohl der CSD, denn ich wollte wirklich unbedingt dahin und eine wirklich straighte Erklärung, ohne je vorher großes Interesse an der Community zu zeigen, gab es einfach nicht.
Also habe ich einfach gehofft, dass du mich zumindest akzeptierst, oder vielleicht auch mehr als das", endete er und sah mich ein wenig hoffnungsvoll, aber vor allem abwartend an, denn er wollte meinen Teil der Geschichte.
„Drei Jahre?", fragte ich als erstes, woraufhin er nickte. „Verdammt und ich Trottel habe es nie bemerkt. Ich habe auch nie daran gedacht, dass ich jemals nicht mit einem Mädchen zusammen sein werde, aber seitdem wir hier sind, hat sich meine Perspektive auf die Zukunft wohl doch ein wenig verändert.
Unser erster Kuss hat mich einfach dermaßen aus der Bahn geworfen und du warst so cool darüber, dass ich gedacht hatte, dass es dir halt einfach nichts bedeutet hätte und ich der einzige Idiot mit dem verdammten Kribbeln im Bauch war.
Aber, als du mir dann gesagt hast, dass du bi bist, ist die Hoffnung bei mir durch die Decke gegangen, denn auch wenn ich erst jetzt bemerkt habe, dass ich ganz eindeutig etwas für dich empfinde, habe ich das auch schon weitaus davor gemacht, auch wenn ich es nicht wirklich wahrhaben wollte."
Nachdem ich aufgehört hatte zu reden, herrschte kurze Zeit ein Stille, welche aber nicht wirklich unangenehm war, sondern einfach ein kurzer Moment, in dem wir beide einmal durchatmen können.
Dann takelte mich Erik um, in eine Umarmung hinein und um ehrlich zu sein war es genau das, was ich jetzt gerade brauchte, denn auch wenn noch ein paar Fragen zwischen uns offen waren, war ich mir zumindest sicher, dass unsere Gefühle auf derselben Ebene waren.
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Heyy,frohe Weihnachten :) Ich hoffe ihr hatte schon zwei schöne Tage und habt das bekommen, was ihr euch gewünscht habt.
Hier noch ein wenig mehr Fluff von Oliver und Erik, ich hoffe es hat euch gefallen. Wir lesen uns wohl erst im neuen Jahr wieder, also wünsche ich euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Bis dahin,
eure Lesekatze <3
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Wo die Straßen uns hinführen
Novela JuvenilZwei Freunde nach dem Abitur zusammen unterwegs, um die Weiten Amerikas mit einem Auto zu erkunden, doch was beide nicht wissen, sie werden noch viel mehr tun als nur neue Freundschaften knüpfen und die Städte, sowie die Natur entdecken. ---- Als Ol...