Als sie aufwachte, lag sie in einem Bett. Das war seltsam, eigentlich hätte sie doch woanders liegen müssen. Aber wo nochmal? Ihr Kopf arbeitete direkt nach dem Aufwachen immer so schlecht.
Ach, verdammt. Sie setzte sich auf und sah sich um. Sie war in einem fremden Zimmer und Mondlicht kam durch die geschlossenen Gardinen. Es war viel zu spät!
Schnell sprang sie auf, wurde aber von einer kalten Hand auf ihrer Schulter zurückgehalten. Instinktiv zuckte sie zusammen.
"Du musst nicht aufstehen."
Sie fuhr herum. Da stand der verfluchte Vampir. Alucard. Was suchte er hier? Wo war sie? Warum berührte er sie nur schon wieder? Berührungen taten weh, sie waren unangenehm. Als hätte er ihre Gedanken gelesen - hatte er vermutlich auch -, ließ er sie los.
"Du hast heute frei. Heute gibt es keine gemeldeten Vampirangriffe. Nur einen Ghulüberfall, aber darum kümmern sich die Soldaten."
"Okay. Und ... wo bin ich hier?"
"Rumänien."
"Aha."
Stille.
"Warum bin ich hier?"
"Weil ich fand, du solltest mal etwas mehr sehen, als nur die eigenen vier Wände oder das Innere einer Gummizelle."
"Toll, dass du das entscheidest."
Der Vampir seufzte: "Um vom Anfang anzufangen: Integra fand es nicht so toll, dass ich dich zurück gelassen habe, deshalb sollte ich dich holen und, ich zitiere 'Etwas Zeit mit diesem Ding verbringen'. Damit derartige Vorfälle wie gestern seltener werden."
"'Derartige Vorfälle'?"
"Sie fand es nicht so toll, dass du mich angegriffen hast, geschweige denn was passieren könnte, wenn ein normaler Mensch dich berührt hätte."
"Ach, ich habe schon befürchtet, du meintest meinen kleinen Ausraster bei dem Vampir."
"Klein?" Er schüttelte den Kopf. "Das habe ich nicht gesagt, da sie nicht explizit danach gefragt hatte, aber wenn du nicht als Monster angesehen werden willst, solltest du dein Verhalten vielleicht etwas ändern."
"Und deshalb-"
"-darf ich jetzt auf dich aufpassen und dich erziehen bis du ein vernünftiger Partner bist", vervollständigte er den Satz.
"Das wird ja witzig." Sie hatte jetzt schon das Gefühl, sich übergeben zu müssen und duschen zu wollen.
"Da stimme ich dir zu. Kennst du noch die Regeln von gestern?"
"Ich soll alles tun, was du sagst. Ich soll ... keine Ahnung, sicherlich nicht so wichtig. Ansonsten ist es effektiver, bei Missionen getrennt vorzugehen und ich soll mich komplett verändern und dich nicht angreifen. Soweit richtig?"
Er nickte müde. "Glaubst du, daran kannst du dich halten?"
Schulterzucken. "Ist so wahrscheinlich, wie das Tom Jerry einen Friedensvertrag unterbreitet."
Das schien der Vampir nicht zu verstehen.
Die ersten Tage verliefen problemlos. Alucard brachte Kyra erst mal ein paar Manieren bei, bevor er sie mit in die Stadt nahm. Sie hatte sich tapfer geschlagen: Zwei Stunden unter Menschen und doch hatte sie noch niemanden geschlagen oder sich übergeben. Sie hatte sogar jemanden im Bücherladen aushelfen können, der sich zwischen zwei Werken nicht entscheiden konnte.
"Das war gut, Liebes."
"Danke. Schätze ich." Sie standen abseits der Burg, in der sie wohnten, und während Alucard etwas Rotwein trank (in etwa das vierte Glas diesen Abend), sah sie sich die Sterne an. "Wo bist du eigentlich geboren? Ich meine, es steht auf mehreren Seiten, dass du in Siebenbürgen geboren und teilweise aufgewachsen bist, aber irgendwie macht das wenig Sinn, da das Verhältnis zwischen Hunyadi und Vlad II nicht sonderlich gut war, oder? Und die Frau, die als deine Mutter erwähnt wird, war eine Schwester von Bogdan II aus dem Fürstentum Moldau. Also, was ist wahr?"
Sein anfangs irritierter Blick wich Belustigung. "Ich wurde tatsächlich in Siebenbürgen geboren, Sighișoara genauer gesagt. Und ja, weder hatte mein Vater eine gute Beziehung zu dem Katholiken noch kam meine Mutter von dort. Allerdings wurde mein Vater erst ein paar Jahre nach meiner Geburt Woiwode und derzeit lebte er in Siebenbürgen im Exil, da sein Halbbruder, der derzeitige Woiwode, ihn gerne tot sehen wollte."
"Ach so. Wo warst du während deiner Zeit als Mensch lieber? In der Walachei, in Ungarn, bzw. Siebenbürgen, oder in Moldau?"
"In der Walachei. Auch jetzt noch. Es ist schließlich meine Heimat. Was ist mit dir? Sehnst du dich nach deinem Zuhause?"
Sie schüttelte den Kopf. "Ich bin froh, aus Deutschland weg zu sein. Dort hat es mir nicht sonderlich gefallen. Naja, ich bin auch auf der DDR-Seite geboren worden, könnte was damit zu tun haben, aber eigentlich glaube ich das nicht. Selbst nach der Wiedervereinigung hat es mir nicht in Berlin oder sonst wo gefallen."
"DDR?"
"Nichts vom zweiten Weltkrieg und den Folgen mitbekommen?"
"Doch. Schon. Durfte ein paar Nazi töten."
"Nazis sind scheiße. Ich frage mich immer noch, warum es immer noch
'Nazionalsozialismus' heißt. Sollte es nicht eher 'Asozialismus' heißen? Sonderlich sozial waren die ja auch nicht zu ihrer eigenen Nation."
Der Vampir zuckte mit den Schultern. "War halt der Name. Der Faschismus behielt ja auch seinen Namen."
"Ach, von dem weißt du?", fragte sie stichelnd, wofür sie einen bösen Blick erntete und sich eines besseren besann. "Die DDR war nach dem Krieg von der Sowjetunion besetzt und die BRD von den Amerikanern, Briten und Franzosen. Außerdem war auch noch Berlin geteilt. Unter allen vier Alliierten natürlich."
"Du kannst also Russisch?"
"немного" (Ein bisschen.)
"Хорошее произношение" (Gute Aussprache.) Er zog beeindruckt die Augenbrauen hoch. Bisher war ihm zwar aufgefallen, dass Kyra ohne jeden Akzent Englisch sprach, aber er hatte nicht gewusst, dass sie weitere Sprachen beherrschte. "Разве в школе у вас не было французского?" (Hattest du dann kein Französisch in der Schule?)
"Deux ans seulement. Et je n'étais pas très doué pour ça" (Lediglich zwei Jahre. Und sonderlich gut bin ich darin nicht gewesen.)
"Sagt sie in bester Grammatik", bemerkte Alucard. "Gibt es noch weitere Talente?"
"Ich ... naja, ich interessiere mich sehr für Geschichte und ansonsten lege ich sehr viel Wert darauf, Sprachen korrekt zu lernen. Eigentlich wollte ich noch weiter Französisch lernen, aber ich denke, jetzt sollte ich eher auf Rumänisch umschwenken."
Er nickte bedächtig. "Ich kann dir die Sprache beibringen. Wenn du möchtest."
Kyras Augen leuchteten auf. "Das wäre wunderbar!"
Ein kehliges Lachen. "Wenn dir das so viel Freude bereitet, kann ich dir noch jede Menge zeigen."
"Gerne. Aber ... Ich bin müde, können wir morgen anfangen?"
DU LIEST GERADE
A Hellsing Story
FanfictionIch habe mir endlich mal die Zeit genommen, dieses Kuddelmuddel lesbar zu gestalten. Die ersten Kapitel sind noch relativ nah an der ursprünglichen Geschichte, die späteren, die ich mit einem völlig anderen Bild des OCs geschrieben habe, sind immer...